Die „Sintflut“ ist unleugbar eine „universale Überlieferung.“ „Eiszeiten“ waren zahlreich und ebenso die „Sintfluten“ aus verschiedenen Gründen. Stockwell und Croll zählen ungefähr ein halbes Dutzend Eiszeiten und darauffolgende Fluten auf, deren früheste von ihnen auf 850 000, und deren letzte auf 100 000 Jahre zurückversetzt wird. [21] Aber welches war unsere Flut? Sicherlich die erstere, diejenige, welche bis zum heutigen Tage in den Überlieferungen aller Völker vom entferntesten Altertume an aufgezeichnet bleibt; diejenige, welche schließlich die letzten Halbinseln der Atlantis hinwegschwemmte, beginnend mit Ruta und Daitya und endigend mit der verhältnismäßig kleinen von Plato erwähnten Insel. Dies zeigt sich in den Übereinstimmungen gewisser Einzelheiten, in allen Legenden. Sie war die letzte ihres gigantischen Charakters. Die kleine Flut, deren Spuren Baron Bunsen in Centralasien fand und welche er auf ungefähr 10 000 Jahre v. Chr. versetzt, hatte weder zu thun mit der halbuniversalen Flut oder Noahs Sintflut, - welche letztere eine rein mythische Wiedergabe alter Überlieferungen ist – noch selbst mit dem Untergange der letzen atlantischen Insel; oder zum mindesten hatte sie mit ihnen nur einen moralischen Zusammenhang.

Unsere fünfte Rasse – die nicht initiierten Teile derselben – hörte von vielen Sintfluten und verwechselte dieselben und weiß jetzt nur von einer. Diese eine veränderte den ganzen Anblick der Kugel mit ihrer Vertauschung und Verschiebung von Land und Meer.

Wir können damit die Überlieferung der Peruaner vergleichen:

Die Inkas, sieben an der Zahl, haben die Erde nach der Sintflut wieder bevölkert. [22]

Humboldt erwähnt die mexikanische Lesart derselben Legende, aber verwirrt einigermaßen die Einzelheiten der noch erhaltenen Legende über den amerikanischen Noah. Nichtsdestoweniger erwähnt der ausgezeichnete Naturforscher zweimal sieben Genossen und den „göttlichen Vogel“, welcher dem Bote der Azteken voranflog, und macht so fünfzehn auserwählte an Stelle der sieben und der vierzehn. Dies wurde wahrscheinlich unter irgend einer unwillkürlichen Erinnerung an Moses geschrieben, welcher fünfzehn Enkel des Noah erwähnt haben soll, welche mit ihrem Großvater entkamen. Dann wird wiederum Xisuthrus, der chaldäische Noah, gerettet und „lebendig“ in den Himmel erhoben – wie Enoch – mit den sieben Göttern, den Kabirim, oder den sieben göttlichen Titanen. Wiederum hat der chinesische Yao sieben Figuren, welche mit ihm segeln und welche er „beleben“ wird, wenn er landet und als „menschliche Samen“ gebrauchen. Osiris, wenn er in die Arche oder das Sonnenboot eintritt, nimmt sieben Strahlen mit sich u. s. w.
Sanchuniathon macht die Aletae oder Titanen (die Kabirim) zu Zeitgenossen des Agruerus, des großen phönizischen Gottes, - welchen Faber mit Noah zu identifizieren suchte; [23] ferner wird vermutet, daß der Name „Titan“ hergeleitet ist von Tit-Ain, - die „Quellen des chaotischen Abgrundes“ [24] (Tit-Theus, oder Tityus ist die „göttliche Flut“); und so ist gezeigt, daß alle Titanen, welche sieben sind, in Zusammenhang stehen mit der Flut und den sieben von Vaivasvata Manu geretteten Rishis. [25]
Diese Titanen sind die Söhne von Chronos, der Zeit, und Rhea, der Erde. Und da Agruerus, Saturn und Sydyk ein und dieselbe Persönlichkeit sind, und da es auch von den sieben Kabiren heißt, daß sie die Söhne von Sydyk oder Chronos-Saturn sind, sind die Kabiren und Titanen wesentlich gleich. Denn einmal hatte der fromme Faber Recht in seinen Schlußfolgerungen, wenn er schrieb:

Ich zweifle nicht, daß die sieben Titanen oder Kabiren auch dasselbe sind, wie die sieben Rishis der indischen Mythologie (?), von denen es heißt, daß sie in einem Boot entkommen sind, zusammen mit Menu, dem Haupte (?) der Familie. [26]

Aber er ist weniger glücklich in seinen Spekulationen, wenn er hinzufügt:

Die Hindûs haben in ihren wilden Legenden verschiedenartig die Geschichte der Noachiden verdreht (?!), doch es ist bemerkenswert, daß sie ehrfürchtig die Zahl sieben [27] anhingen: Daher bemerkt Capt. Wilford sehr scharfsinnig, daß „vielleicht die sieben Menus, die sieben Brahmâdicas, mitsamt den sieben Rishis, ein und dieselben sind, und nur sieben individuelle Personen ausmachen. [28] Die sieben Brahmâdicas waren prajâpatis, oder Herren der prajâs oder Kreaturen. Von ihnen wurde die Menschheit hervorgebracht, und sie sind wahrscheinlich dasselbe wie die sieben Menus . . . Diese sieben großen Vorfahren des Menschengeschlechts waren . . . zu dem Zwecke erschaffen, die Erde wieder mit Bewohnern zu erfüllen.“ [29] Die wechselseitige Ähnlichkeit der Kabiren, der Titanen, der Rishis, und der noachischen Familie, ist zu auffallend, um die Wirkung eines bloßen Zufalles zu sein.


[21] Stockwell, Smithsonian Contributions to Knowledge, XVIII; R. W. McFarland, American Journal of Science, III. XI. 456; und Crolls Climate and Time. Lemurien wurde nicht durch eine Flut ertränkt, sondern durch eine vulkanische Thätigkeit zerstört, und versank darnach.

[22] Coste I., IV. 19.

[23] Agruerus ist Chronos, oder Saturn, und das Vorbild des isrealitischen Jehovah. Als in Zusammenhang stehend mit Argha, dem Monde oder der Arche der Erlösung, ist Noah mythologisch eins mit Saturn. Aber dann kann sich dies nicht auf die irdische Flut beziehen. (Siehe Fabers Cabiri, I. 35, 43 und 45.)

[24] Ebenda, II, 240.

[25] Sanchuniathon sagt, daß die Titanen die Söhne Chronos waren, und sieben an der Zahl; und er nennt sie Feueranbeter, Aletae (Söhne des Agni?) und Sintflutler. Al-ait ist der Gott des Feuers.

[26] Ebenda, I. 130, Anm.

[27] Von welcher sieben, wie wir bemerken wollen, die Ârier und nicht die Semiten die Urheber waren, während die Juden die Zahl von den Chaldäern erhielten.

[28] Sieben individuelle Gottessöhne, oder Pitaras, Pitris; in diesem Falle auch die Söhne des Chronos oder Saturn (Kâla, „Zeit“) und Arkiten, gleich den Kabiren und Titanen, wie ihr Name - „Mondvorfahren“ - zeigt, denn der Mond ist die Arche, oder Argha, auf dem Wasserabgrunde des Raumes.

[29] Asiatic Researches, V. 246.