Um die Frage der „Urzeugung“ wieder aufzunehmen; das Leben hat - wie die Wissenschaft zeigt - nicht immer auf dieser irdischen Ebene geherrscht. Es gab eine Zeit, da selbst das Haeckelsche Moner - jenes einfache Protoplasmakügelchen - noch nicht auf dem Grunde der Meere erschienen war. Woher kam der Anstoß, welcher die Moleküle von Kohlenstoff, Stickstoff, Sauerstoff, u. s. w. veranlaßte, sich zum Urschleim des Oken zu gruppieren, zu jenem organischen „Schleim“, der jetzt Protoplasma getauft ist? Was waren die Vorbilder der Moneren? Sie konnten mindestens nicht auf Meteoriten von anderen bereits ausgestalteten Kugeln herabgefallen sein, ungeachtet Sir William Thomsons darauf hinzielender abenteuerlicher Theorie. Und selbst wenn sie so gefallen wären; wenn unsere Erde ihren Vorrat an Lebenskeimen von andern Planeten herhalten hätte; wer oder was hat sie auf jene Planeten gebracht? Hier sind wir wieder, wenn nicht die occulte Lehre angenommen wird, gezwungen, vor einem Wunder zu stehen - die Theorie eines persönlichen, anthropomorphischen Schöpfers anzunehmen, dessen Eigenschaften und Beschreibung, wie sie von den Monotheisten aufgestellt sind, ebenso sehr die Philosophie und Logik widersprechen, wie sie das Ideal einer unendlichen Universellen Gottheit herabsetzen, vor deren unfaßbarer hehrer Größe der höchste menschliche Intellekt sich nichtig fühlt. Daß doch der modernde Philosoph, während er sich eigenmächtig auf den höchsten Gipfel bisher erreichter menschlicher Intellektualität setzt, sich nicht geistig und intuitiv so weit hinter den Vorstellungen der alten Griechen zurückstehend zeigte, die selbst wieder in dieser Hinsicht auf einer viel niedrigeren Stufe standen, als die Philosophen des östlichen ârischen Altertums. Hylozoismus, wenn philosophisch verstanden, ist der höchste Aspekt des Pantheismus. Er ist das einzig mögliche Entrinnen aus dem blödsinnigen Atheismus, der auf törichter Materialität begründet ist, und aus den noch blödsinnigeren anthropomorphischen Vorstellungen der Monotheisten; zwischen welchen er auf seinem eigenen, gänzlich neutralen Boden steht. Der Hylozoismus fordert absolutes Göttiches Denken, welches die zahllosen thätigen, schaffenden Kräfte oder „Schöpfer“ durchdringen würde, welche Wesenheiten von jenem Göttlichen Gedanken bewegt sind und in, von und durch ihn ihr Dasein haben; der letztere hat nichtsdestoweniger nicht mehr persönlichen Anteil an ihnen und ihren Schöpfungen, als die Sonne hat an der Sonnenblume und ihren Samen, oder an der Vegetation im allgemeinen. Von solchen thätigen „Schöpfern“ weiß man, daß sie existieren, und man glaubt an sie, weil sie von dem inneren Menschen im Occultismus wahrgenommen und empfunden werden. So sagt der letztere, daß eine Absolute Gottheit, da sie unbedingt und ohne Beziehung sein muß, nicht gleichzeitig als ein thätiger, schöpferischer, einziger lebendiger Gott gedacht werden kann, ohne unmittelbare Herabwürdigung des Ideals. [61] Eine Gottheit, welche sich in Raum und Zeit offenbart - welche beiden einfach die Formen von TAT sind, welches das absolute ALL ist - kann nur ein Bruchteil des Ganzen sein. Und da jenes „All“ in seiner Unbedingtheit nicht geteilt werden kann, daher kann dieser empfundene Schöpfer (wir sagen Schöpfer in der Mehrzahl) im besten Falle nur der bloße Aspekt desselben sein. Um dieselbe Metapher zu gebrachen - ungeeignet zwar, die volle Idee auszudrücken, aber wohl passend für den gegenwärtigen Fall - so sind diese Schöpfer wie die zahlreichen Strahlen der Sonnenscheibe, welche unbewußt und unbekümmert um das Werk bleibt; indes ihre vermittelnden Werkzeuge, die Strahlen, in jedem Frühlinge - der manvantarischen Dämmerung der Erde -  die instrumentellen Mittel werden, die der Natur und ihrer diffenziierten Materie innewohnende, schlummernde Lebenskraft zu befruchten und zu erwecken. Dies wurde im Altertum so wohl verstanden, daß selbst der mäßig religiöse Aristoteles bemerkt, daß ein solches Werk der unmittelbaren Schöpfung für Gott ganz unschicklich wäre - [korrekter Abdruck siehe  Buch]. Plato und andere Philosophen lehrten dasselbe: Die Gottheit kann nicht selbst Hand an die Schöpfung legen - [korrekter Abdruck siehe  Buch]. Das nennt Cudworth „Hylozoismus“. Wie der alte Zeno nach Laertius gesagt haben soll:
Die Natur ist ein von sich selbst nach im Keime vorhandene Prinzipien bewegter Zustand; sie vervollkommnet und enthält jene verschiedenen Dinge, welche zu bestimmten Zeiten von ihr hervorgebrachte werden, und handelt in Übereinstimmung mit dem, von dem sie abgetrennt worden ist. [62]
Kehren wir zu unserem Gegenstande zurück und nehmen wir uns Zeit, darüber nachzudenken: In der That, wenn es ein Pflanzenleben während jener Periode gab, das in den damaligen giftigen Elementen seine Nahrung finden konnte; und wenn es sogar Tierleben gab, dessen dem Wasser angepaßte Organisation ungeachtet der vermuteten Seltenheit des Sauerstoffs sich entwickeln konnte, warum könnte da nicht auch menschliches Leben gewesen sein, in seiner beginnenden körperlichen Form, d. i. eine Rasse von Wesen, die jener geologischen Periode und ihren Umgebungen angepaßt waren? Außerdem gesteht die Wissenschaft, daß sie von der wirklichen Länge der geologischen Perioden nichts weiß.


[61] Die Vorstellung und Definition des Absoluten durch Kardinal Cusa kann nur dem westlichen Verstande genügen, der sich selbst unbewußt durch lange Jahrhunderte scholastischer und theologischer Sophistik eingekerkert und gänzlich entartet ist. Aber diese „neue Philosophie des Absoluten“, die von Sir William Hamilton auf Cusa zurückgeführt wird, würde niemals dem schärferen metaphysischen Verstand des irdischen Vedânisten genügen.

[62] Cudworths Intellectual System, I. 328.