Der König der Götter, oder Indra, sendet eine schöne Apsaras (Nymphe) mit Namen Pramlochâ, um Kandu zu verführen und seine Buße zu stören. Sie hat mit ihrer unheiligen Absicht Erfolg und „neunhundert und sieben Jahre, sechs Monate und drei Tage“ [34] in ihrer Gesellschaft zugebracht, erscheinen dem Weisen wie ein Tag. Sobald als dieser psychologische oder hypnotische Zustand endet, verflucht der Muni bitterlich das Geschöpf, welches ihn verführt und so seine Andachtsübungen gestört hat. „Hinweg, fort!“ ruft er, „nichtswürdiges Bündel von Blendwerken!“ Und Pramlochâ flieht entsetzt hinweg, indem sie den Schweiß von ihrem Körper abwischt mit den Blättern der Bäume, wie sie durch die Luft fährt.

Die Nymphe ging von Baum zu Baum, und wie sie mit den schattigen Schossen, welche ihre Gipfel krönten, ihre Glieder antrocknete, kam das Kind, welche sie von dem Rishi empfangen hatte, aus den Poren ihrer haut in Gestalt von Schweißtropen hervor. Die bäume nahmen die lebendigen Tautropfen auf; und die Winde sammelten sie zu einer Masse. „Diese“, sagte Soma (der Mond), „reifte ich mit meinen Strahlen; und allmählich nahm sie zu an Größe, bis die Ausdünstung, die auf den Baumwipfeln geruht hatte, zu dem lieblichen Mädchen mit Namen Mârishâ wurde. [35]

Nun steht Kandu für die erste Rasse. Er ist ein Sohn der Pitris, daher einer, der, „des Verstandes bar“ ist, eine Thatsache, die dadurch angedeutet wird, daß er nicht im stande ist, eine Periode von nahezu tausend Jahren von einem Tage zu unterscheiden; daher wird er also leicht hintergangen und verblendet dargestellt. Hier ist eine Abart der Allegorie in der Genesis von Adam, geboren als ein thönernes Bild, in welches „Gott der Herr“ den „Atem des Lebens“ einhaucht, aber nicht den des Verstandes und der Einsicht, welche erst entwickelt werden, nachdem er von der Frucht des Baumes der Erkenntnis gekostet hat; mit anderen Worten, als er die erste Entwicklung des Gemütes erlangte und sich das Manas eingepflanzte hatte, dessen terrestrischer Aspekt von der Erde irdisch ist, obwohl seine höchsten Fähigkeiten es mit dem Geiste und der Göttlichen Seele verknüpfen. Pramlochâ ist die indische Lilith des ârischen Adam; und Mârishâ, die aus dem Schweiße ihrer Poren geborene Tochter, ist die „Schweißgeborene“, und steht als ein Symbol für die Zweite Rasse der Menschheit.

Es ist nicht Indra, welcher in diesem Falle in den Purânen figuriert, sondern Kâmadeva, der Gott der Liebe und Begierde, welcher die Pramlochâ auf die Erde sendet. Logik sowohl, wie auch die Geheimlehren zeigen, daß dem so sein muß. Denn Kâma ist der König und Herr der Apsarasen, deren eine Pramlochâ ist; und wenn daher Kandu sie verfluchend ausruft: „Du hast das Werk vollbracht, daß Dir von dem Herrscher der Götter zugewiesen war: gehe!“ - so muß er unter jenem Herrscher Kâma verstehen und nicht Indra, welchem die Apsarasen nicht dienstbar sind. Denn Kâma ist wiederum im Rig Veda [36] die Personifikation jenes Gefühls, welches zur Schöpfung führt und antreibt. Er war die Erste Bewegung, welche das EINE, nach seiner Offenbarung aus dem rein Abstrakten Prinzip, anregte, zu erschaffen.

Verlangen erhob sich zuerst in Ihm, was der ursprüngliche Keim des Gemütes war; und was die Weisen, mit ihrem Intellekt suchend, als das Band entdeckt hatten, das Sein mit Nichtsein verbindet.

Ein Hymnus im Atharva Veda erhebt Kâma zu einem höchsten Gott und Schöpfer, und sagt:

Kâma wird als erster geboren. Ihm sind weder Götter noch Väter (Pitris) noch Menschen gleichgekommen.

Der Atharva Veda identifiziert ihn mit Agni, aber macht ihn höher als diesen Gott. Das Taittirîya Brâhmana macht ihn allegorisch zum Sohne des Dharma (moralisch religiöser Pflicht, Frömmigkeit und Gerechtigkeit) und der Shaddhâ (Glauben). Anderwärts ist Kâma geboren aus dem Herzen des Brahmâ; daher ist er Âtmanbhû, „Selbstexistierend“, und Aja, der „Ungeborene“. Sein Senden der Pramlochâ hat eine tiefe philosophische Bedeutung; von Indra gesendet - hat die Erzählung keine. Wie Erôs in der ersten griechischen Mythologie mit der Weltschöpfung im Zusammenhang stand und erst später der geschlechtliche Kupido wurde, so war Kâma in seinem ursprünglichen Charakter; der Harivamsha macht aus ihm einen Sohn der Lakshmî, welche Venus ist. Die Allegorie, wie gesagt, zeugt das psychische Element das physiologische entwickelnd, vor der Geburt des Daksha - des Vorfahren der wirklichen physischen Menschen - welcher dargestellt ist als geboren von Mârishâ und vor dessen Zeit die lebenden Wesen und Menschen hervorgebracht wurden „durch den Willen, durch Blick, durch Berühren, und „durch Yoga“, wie gezeigt werden wird.

Dies also ist die Allegorie über die Fortpflanzungsart der Zweiten oder der „Schweißgeborenen“. Dasselbe Prinzip für die Dritte Rasse in ihrer schließlichen Entwicklung.

Mârishâ, durch die Berührung des Soma, des Mondes, wird zum Weibe genommen von den Prachetasas, auch die Hervorbringung der „aus der Seele geborenen“ Söhne des Brahmâ, [37] welche mit ihr den Patriarchen Daksha erzeugen - auch ein Sohn des Brahmâ in einem frühern Kalpa oder Leben, fügen die Purânen erklärend hinzu, um irre zu führen, aber dabei die Wahrheit sprechend.

3. Die anfängliche Dritte Rasse wird sodann gebildet aus „Schweiß“tropfen, welche nach so mancher Umformung zu menschlichen Körpern heranwachsen. dies ist nicht schwierig vorzustellen oder zu verwirklichen, als das Wachstum des Fötus aus einem menschlichen Keim, und seine darauffolgende Entwicklung zu einem Kind und dann zu einem starken schweren Menschen. Aber die dritte Rasse ändert noch einmal ihre Fortpflanzungsart nach den Kommentaren. Es heißt, daß sie eine Gestaltungskraft emanierte, welche die Schweißtropfen in größere Tropfen verwandelte, welche wuchsen, sich ausdehnten und eiförmige Körper wurden - sehr große Eier. In diesen reifte der menschliche Fötus verschiedene Jahre lang. In den Purânen wird Mârishâ die Tochter des weisen Kandu, das Weib der Prachetasas und die Mutter des Daksha. Nun ist Daksha der Vater der ersten menschenartigen Vorfahren, geboren auf diese Art. Er wird weiter unten erwähnt. Die Entwicklung des Menschen, des Mikrokosmos, ist analog jener des Weltalls, des Makrokosmos. Diese Entwicklung steht zwischen der des letztern und der des Tieres, für welches der Mensch seinerseits Makrokosmos ist.


[34] Dies sind die exoterischen Zahlen, auf eine absichtlich verkehrte und verzerrte Art gegeben, in Wirklichkeit die Zahl der Dauer des Cyklus zwischen der ersten und zweiten Menschenrasse. Wenn auch alle Orientalisten das Gegenteil sagen, so ist doch kein Wort in irgend einem der Purânen, das nicht eine besondere esoterische Bedeutung hat.

[35] Vishnu Purâna, I. XV; Wilson, II. 5. Vergleiche auch Viviens Verführung des Merlin (bei Tennyson) - dieselbe Legende in irischer Überlieferung.

[36] X. 129.

[37] Der Text sagt: „Von Brahmâ, welcher zu meditieren fortfuhr, wurde eine aus dem Gemüte erzeugte Nachkommenschaft geboren, mit aus seiner körperliche Natur abgeleiteten Formen und Fähigkeiten, verkörperte Geister, hervorgebracht aus den Gliedern (Gâtra) des Dhîmat (der allweisen Gottheit).“ Alle diese Wesen waren die Wohnung der drei Qualitäten des Devasarga, oder der göttlichen Schöpfung, welcher, die die fünffältige Schöpfung, der Klarheit der Wahrnehmung entbehrend, ohne Reflexion, von stumpfer Natur ist. „Aber da sie sich nicht vermehrten, schuf Brahmâ andere aus der Seele geborene Söhne nach seinem Gleichnis,“ nämlich die Brahmarshis, oder die Prajâpatis, zehn und sieben an der Zahl. „Sanandana und die anderen Söhne des Vedhas (Brahmâ) wurden vorher erschaffen“, aber, wie anderwärts gezeigt, waren sie „ohne Begierde oder Leidenschaft, durchdrungen von heiliger Weisheit, dem Weltalle entfremdet und ohne Begierde nach Nachkommenschaft.“ (Vishnu Purâna, I. VII; Wilsons Übers., I. 100, 101.) Diese, Sanandana und andere Kumâras, sind dann die Götter, welche nachdem sie sich geweigert hatten, „Nachkommenschaft zu erzeugen“, gezwungen sind, sich in sinnlosen Menschen zu inkarnieren. Der Leser muß unvermeidliche Wiederholungen angesichts der großen Zahl von mitgeteilten Thatsachen entschuldigen.