Die wahre esoterische Anschauung über den „Satan“, die Meinung, die das gesamte philosophische Altertum über diesen Gegenstand hatte, ist bewundernswert in einem „Das Geheimnis des Satan“ betitelten Anhang zur zweiten Ausgabe von Dr. A. Kingsford´s Perfect Way vorgebracht. [21] Keine bessere und klarere Andeutung der Wahrheit konnte dem verständigen Leser geboten werden, und daher wird sie hier in einiger Ausführlichkeit citiert. 1. Und am
siebenten Tage (der siebenten Schöpfung der Inder) [22] ging aus von der Gegenwart Gottes ein mächtiger
Engel, voll Zorn und Zerstörung, und Gott verlieh ihm die Herrschaft
über die äußerste Sphäre.
[23] Denn, wie es im Hermes heißt: 20. Satan
ist der Thürhüter des Tempels des Königs; er steht in Solomons
Vorhalle; er hält die Schlüssel des Heiligtums; Diese bedeutsamen und majestätischen Verse hatten Bezug, bei den alten Ägyptern und anderen civilisierten Völker des Altertums, auf das schöpferische und zeugende Licht des Logos - Horus, Brahmâ, Ahura, Mazda u. s. w., als ursprüngliche Offenbarungen des ewig-ungeoffenbarten Prinzips, einerlei ob genannt Ain Suph, Parabrahman oder Zeruâna Akerne, oder Grenzenlose Zeit, Kâla - aber die Bedeutung ist jetzt in der Kabbalah erniedrigt worden. Der „Gesalbte“ - welcher die Geheimnisse und Mysterien des Hermes oder Budha der Weisheit hat, und dem allein die „Schlüssel des Heiligtums“, des Schoßes der Natur anvertraut sind, um sie zu befruchten und den ganzen Kosmos zu thätigem Leben und Dasein anzurufen - ist bei den Juden zum Jehova geworden, dem „Gotte der Zeugung“ auf dem Mondberge - Sinai, dem Berge des Mondes (Sin). Das „Heiligtum“ ist zum „Allerheiligsten“ geworden und das Geheimnis ist fürwahr anthropomorphisiert und „phalliciert“, und in die Materie hinabgezogen worden. Daraus ergab sich die Notwendigkeit, den „Drachen der Weisheit“ zur „Schlange“ der Genesis zu machen; die Notwendigkeit des bewußten Gottes, welcher einen Körper brauchte, zur Bekleidung seiner allzu subjektiven Göttlichkeit, den Satan. Aber die „unzähligen Inkarnationen des Geistes“ und „der unaufhörliche Puls und Strom des Verlangens“ [26] beziehen sich zum ersten auf unsere Lehre von den karmischen und cyklischen Wiedergeburten, zum zweiten - auf Erôs, nicht den späteren Gott der materiellen physiologischen Liebe, sondern auf das göttliche Verlangen in den Göttern sowohl, wie in der ganzen Natur, zu erschaffen und Wesen zu beleben. Dies konnten die Strahlen der einen „dunklen“, weil unsichtbaren und unfassbaren „Flamme“ nur erreichen, indem sie selbst in die Materie hinabstiegen. Daher fährt der Anhang fort: 12. Viele
Namen hatte Gott ihm (Satan) gegeben, Namen des Geheimnisses, verborgen
und schrecklich. Man vergleiche den letzten
Satz mit dem, was der Rabbi, welcher im Buche Al Chazari, dem Prinzen
die Kabbalah erklärt, sagt, und man wird finden, daß Gewicht und Maß und
Zahl im Sepher Jetzirah die Attribute der Sephiroth (der drei Sephrim,
oder Zahlen, Ziffern) sind, welche der ganzen zusammengefaßten Zahl von
10 gleichkommen; und daß die Sephiroth der kollektive Adam Kadmon, der
„Himmlische Mensch“ oder der Logos sind. Somit werden Satan und der Gesalbte
im alten Denken identificiert. 33. Satan ist der Diener Gottes, der Herr der sieben Wohnungen des Hades, der Engel der offenbaren Welten. Der sieben Lokas, oder Saptaloka,
der Erde bei den Indern; denn Hades, oder der Limbus der Täuschung, aus
dem die Theologie ein Grenzland der Hölle macht, ist einfach unsere
Kugel, die Erde, und somit wird Satan genannt: der „Engel der offenbaren
Welten.“ Der erste und „älteste der Götter“ in der Reihenfolge der mikrokosmischen (göttlichen) Entwicklung ist Saturn (Satan) [astronomisch] der siebente und letzte in der Reihenfolge der makrokosmischen Emanation, da er der Umkreis des Reiches ist, dessen Mittelpunkt Phoebus (das Licht der Weisheit, auch die Sonne) ist. Die Gnostiker hatten Recht, als sie den jüdischen Gott einen „Engel des Stoffes“ nannten, oder ihn, welcher (bewußtes) Leben dem Adam einblies, und dessen Planet der Saturn war. 34. Und Gott hat einen Gürtel um seine Lenden gethan (die Ringe des Saturn), und der Name des Gürtels ist Tod. In der Anthropologie ist
dieser „Gürtel“ der menschliche Körper mit seinen zwei niederen Prinzipien. 37. . . .
Auf Satan allein ruht die Schande der Zeugung. Daher: 55. Heilig und ehrwürdig ist der Sabbath Gottes: gesegnet und geheiligt ist der Name des Engels des Hades (Satan). Denn: 41. Die Herrlichkeit des Satan ist der Schatten des Herrn (Gottes in der geoffenbarten Welt): der Thron des Satan ist der Fußschemel des Adonai (der ganze Kosmos). Wenn daher die Kirche den
Satan verflucht, so verflucht sie den kosmischen Wiederschein Gottes;
sie thut Gott in Bann, der in der Materie oder im Gegenständlichen offenbar
geworden; sie schmäht Gott, oder die ewig unfaßbare Weisheit, die sich
selbst als Licht und Schatten, als Gutes und Böses in der Natur offenbart
- die einzige Weise, die dem beschränkten Verstande des Menschen faßbar
ist. [21] Anhang XV, pp. 369ff. [22] Als die erde mit ihrer Planetenkette und den Menschen erscheinen sollte. [23] Unsere Erde und die physische Bewußtseinsebene. [24] Als die reinen, himmlischen Wesen oder Dhyân Chohans, die großen Pitris der verschiedenen Klassen beauftragt waren - die einen, ihre Bilder oder Chhâyâs zu evolvieren und aus ihnen den physischen Menschen zu machen; die anderen, diesen zu beseelen und ihn so mit göttlicher Intelligenz und dem Verständnis für die Geheimnisse der Schöpfung zu begaben. [25] Die „Dynastien der Könige“, welche sich alle als „gesalbt“ betrachten, als von „Gottes Gnaden“ herrschend, während die in Wirklichkeit von Gnaden der Materie, der großen Täuschung, der Betrügering herrschen. [26] Ebenda, a. a. O. Vers 10. [27] Siehe die „Ursprünglichen Manus der Menschheit“. [28] Der „Himmlische Mensch“ - es wird gebeten, dieses Wort neuerdings zu beachten - ist der „Logos“ oder der „Sohn“ esoterisch. Sobald daher der Titel auf Christus angewendet war, welcher als Gott und als der wahre Gott selbst erklärt war, hatte die christliche Theologie keine Wahl. Um ihr Dogma von der persönlichen Dreieinigkeit zu stützen, mußte sie, wie sie es noch immer thut, verkünden, daß der christliche Logos der einzige wahre ist, und daß alle Logoi der anderen Religionen falsch und bloß das maskierte böse Prinzip, der Satan seien. Man sehe, wohin dies die westliche Theologie geführt hat. [29]
„Denn das Gemüt, eine Gottheit, die mit beiden Geschlechtern versehen
und Licht und Leben ist, brachte durch seine Worte ein anderes Gemüt
oder einen Arbeiter hervor; dieser, welcher Gott des Feuers und des
Geistes ist, bildete und formte sieben andere Lenker, welcher in ihren
Kreisen die Erscheinungswelt erhalten, und deren Anordnung Fatum oder
Geschick genannt wird“ (Abt. IX. cap. I, Ausg. 1579). |