Daher die Allegorie des Prometheus, der das göttliche Feuer stiehlt, um es den Menschen zu ermöglichen, bewußt auf dem Pfade geistiger Entwicklung fortzuschreiten, wodurch es das vollkommenste der Tiere auf Erden in einen möglichen Gott verwandelte und ihm die Freiheit gab, „das Himmelreich mit Gewalt zu erobern.“ Daher auch der Fluch, den Zeus gegen Prometheus ausspricht, und Jehovah-Ilda-baoth gegen seinen „aufrührerischen Sohn“, den Satan. Die kalten, reinen Schneeflächen des Kaukasusgebirges und die unaufhörlichen sengenden Feuer und Flammen einer unauslöschlichen Hölle, zwei Pole, doch dieselbe Idee, der doppelte Aspekt einer raffinierten Folter, ein „Feuererzeuger“ - das personificierte Emblem des [korrekter Abdruck siehe Buch] (Phôsphoros), des Astralfeuers und Lichtes in der Anima Mundi (das Element, von dem der deutsche materialistische Philosoph Moleschott sagt: „ohne Phosphor kein Gedanke“) - brennend in den gewaltigen Flammen seiner irdischen Leidenschaften; der Brand angefeuert durch seinen Gedanken, welcher jetzt ja zwischen gut und böse unterscheidet, und doch ein Sklave der Leidenschaften seines irdischen Adam ist; der den Geier des Zweifels und des vollen Bewußtseins an seinem Herzen nagen fühlt - fürwahr ein Prometheus, weil ein bewußtes, und daher ein verantwortliches Wesen. [41] Der Fluch des Lebens ist groß, und doch, mit Ausnahme einiger Hindû- und Sufî-Mystiker, wie wenige sind es, die alle Qualen des bewußten Lebens, alle Übel eines verantwortlichen Daseins, gegen die unbewußte Vollkommenheit eines passiven (objektiv) unkörperlichen Wesens, oder selbst gegen die universale statische Unthätigkeit, die in Brahmâ während seiner „Nacht“-Ruhe personificiert ist, vertauschen wollten.

Denn, um einen trefflichen Aufsatz eines Mannes [42] zu citieren, der der Verwechslung der Daseins- und Bewußtseinsebenen zum Opfer fiel:

Satan (oder Lucifer) repräsentiert die aktive, oder wie (Herr Jules) Baissac es nennt, die „centrifugale“ Energie des Weltalls (in einem kosmischen Sinne). Er ist Feuer, Licht, Leben, Kampf, Anstrengung, Gedanke, Bewußtsein, Fortschritt, Civilisation, Freiheit, Unabhängigkeit. Zu gleicher Zeit ist er Schmerz, welcher die Rückwirkung des Vergnügens des Handelns ist, und Tod - welcher die Revolution des Lebens ist - Satan, der in seiner eigenen Hölle brennt, die hervorgebracht ist durch die Heftigkeit seiner eigenen Triebkraft - die expansive Desintegration des Nebels, der sich zu neuen Welten verdichten soll. Und geschickt wird er immer und immer wieder durch die ewige Unthätigkeit der passiven Energie des Kosmos - das unerbittliche „Ich bin“ - gehindert, den Feuerstein, aus dem die Funken herausgeschlagen sind. Und geschickt . . . . werden er und seine Anhänger . . . . dem „Feuermeer“ übergeben - weil thatsächlich die Sonne (in einem nur in der kosmischen Allegorie), die Quelle des Lebens in unserem System, der Ort ist, wie sie gereinigt (in dem Sinne, daß sie dadurch desintegriert werden) und aufgeschüttelt werden, um sie für ein anderes Leben (die Auferstehung) wieder zu ordnen - jene Sonne, welche, als der Ursprung des aktiven Prinzips auf unserer Erde, zugleich die Heimat und die Quelle des weltlichen Satans ist . . . .

Weiter ist, als ob es die Richtigkeit von Baissac´s allgemeiner Theorie (in Le Diable et Satan) beweisen sollte, bekannt, daß Kälte eine „centripetale“ Wirkung hat. Unter dem Einfluß der Kälte zieht sich alles zusammen . . . . Unter ihr liegt das Leben im Winterschlafe, oder stirbt aus, der Gedanke gefriert, und das Feuer ist erloschen. Satan ist unsterblich in seinem eigenen Feuermeer - nur in dem „Nifelheim“ (der kalten Hölle der skandinavischen Edden) des „Ich bin“ kann er nicht existieren. Aber trotz alledem giebt es eine Art von unsterblichem Dasein im Nifelheim, und dieses Dasein muß schmerzlos und friedlich sein, weil es unbewußt und unthätig ist. In dem Reiche des Jehovah (wenn dieser Gott alles das wäre, was die Juden und Christen für ihn beanspruchen) giebt es kein Elend, keinen Krieg, kein Heiraten und kein zur Frau geben, kein Wechsel, kein individuelles Bewußtsein. [43] All dies ist absorbiert in dem Geiste des Allmächtigsten. Es ist mit Nachdruck ein Reich des Friedens und der treuen Unterwerfung, sowie jenes des „Erzrebellen“ ein solches des Krieges und der Revolution ist . . . . . Es (das erstere) ist thatsächlich das, was die Theosophie Nirvâna nennt. Aber dann lehrt die Theosophie, daß, nachdem die Trennung von der Urquelle einmal geschehen ist, die Wiedervereinigung, nur durch Willensanstrengung erlangt werden kann - die in dem Sinne dieses Aufsatzes ausgesprochen satanisch ist. [44]

Sie ist „satanisch“ vom Standpunkte des orthodoxen Romanismus, denn dem Vorbilde dessen, was mit der Zeit der christliche Teufel wurde - den strahlenden Erzengeln, den Dhyân Chohans, welche sich weigerten zu schaffen, weil sie wünschten, daß der Mensch sein eigener Schöpfer und ein unsterblicher Gott werde - ist es zu verdanken, daß die Menschen das Nirvâna und den Hafen des himmlischen göttlichen Friedens erreichen können.


[41] Die Geschichte vom Prometheus, Karma und dem menschlichen Bewußtsein findet sich in Teil II, Abteilung V.

[42] Von einem Engländer, den sein unsteter Genius getötet hat. Der Sohn eines protestantischen Geistlichen wurde er ein Mohamedaner, dann ein wütender Atheist; darauf trat er mit einem Meister, einem Guru, zusammen und wurde ein Mystiker; dann ein Theosophist, welcher zweifelte und verzweifelte - die weiße gegen schwarze Magie aufgab, wahnsinnig wurde und der römischen Kirche beitrat. Dann kehrte er wieder um, verfluchte sie, wurde ein Atheist, und starb, Menschheit, Wissen und Gott, an den zu glauben er aufgehört hatte, verfluchend. Mit allen esoterischen Daten versehen, um „seinen Krieg im Himmel“ zu schreiben, machte er einen halbpolitischen Artikel daraus, warf Malthus mit Satan, und Darwin mit dem Astrallicht durcheinander. Friede seiner - Schale. Er ist eine Warnung für Chelâs, welche fehlen. Sein vergessenes Grabmahl ist jetzt auf einem muhammedanischen Begräbnisplatz zu Joonaghur in Kathiawar in Indien zu sehen.

[43] Der Verfasser spricht von dem thätigen, streitenden, verdammenden Jehovah, als ob er ein anderer Name für Parabrahman wäre! Wir haben diesen Aufsatz citiert, um zu zeigen, wo er von den theosophischen Lehren abweicht; im anderen Falle würde er eines Tages gegen uns citiert werden, wie es mit allem im Theosophist veröffentlichten gewöhnlich geschieht.

[44] The Theosophist, Bd. III, p. 68.