Wie immer nun der Sturm auf die „Reihenfolge der Schöpfung“ in der Genesis sich gestalten möge – und ihre buchstäbliche Erzählung eignet sich sicherlich bewundernswürdig für Kritik [55] – so werden doch die indischen Purânen trotz ihrer allegorischen Übertreibungen in vollständigere Übereinstimmung mit der Naturwissenschaft befunden werden. Selbst das, was oberflächlich
betrachtet, als gänzlich unsinnig erscheint, die Allegorie von Brahmâ,
welcher die Gestalt eines Ebers annimmt, und die Erde aus dem Grunde des
Wassers zu befreien, findet eine vollkommen wissenschaftliche Erklärung
in den geheimen Kommentaren, da sie sich thatsächlich auf die vielen Erhebungen
und Senkungen bezieht, auf den beständigen Wechsel von Wasser und Land
von den frühesten bis zu den spätesten geologischen Perioden unserer Erde;
denn die Wissenschaft lehrt uns jetzt, daß neun Zehntel der geschichteten
Formationen der Erdkruste allmählich unter dem Wasser auf dem Meeresgrund
aufgebaut worden sind. Man glaubt, daß die alten Ârier von Naturgeschichte,
Geologie u. s. w. durchaus nichts gewußt haben. Von der jüdischen Rasse
behauptet selbst ihr strengster Kritiker, ein unnachgiebiger Gegner der
Bibel, daß sie das Verdienst habe, die Idee des Monotheismus „früher
erfaßt und fester behalten zu haben, als irgend eine der weniger philosophischen
und mehr unmoralischen Religionen (!!) der alten Welt.“ [56] Nur, während wir in der biblischen Esoterik physiologische
sexuelle Mysterien symbolisiert finden, und sehr wenig mehr, wozu sehr
wenig wirkliche Philosophie erforderlich ist – kann man in den Purânen
den höchst wissenschaftlichen und philosophischen „Schöpfungsmorgen“ finden,
welcher unparteiisch analysiert und aus seinen märchenartigen Allegorieen
in einfache Sprache übersetzt, zeigen würde, daß die moderne Zoologie,
Geologie, Astronomie und nahezu alle Zweige der modernen Kenntnis von
der alten Wissenschaft vorweggenommen und den alten Philosophen in ihren
allgemeinen Zügen, wenn nicht bis in solche Einzelheiten, wie gegenwärtig,
bekannt waren. [55] Herrn Gladstone´s unglücklicher Versuch, den Bericht der Genesis mit der Wissenschaft zu versöhnen (siehe seinen „Schöpfungsmorgen“ und „Vorrede zur Genesis“ in The Nineteenth Century, 1886) hat über ihn den von Herrn Huxley geschleuderten Jovischen Blitz gebracht. Der buchstäbliche Bericht rechtfertige keinen solchen Versuch; und seine vielfältige Ordnung oder Einteilung der belebten Schöpfung hat sich in den Stein verwandelt, der anstatt die Fliege auf der Stirne des schlafenden Freundes zu töten, den Mann selbst getötet hat. Herr Gladstone hat die Genesis für immer getötet. Aber dies beweist nicht, daß in der letzteren keine Esoterik ist. Die Thatsache, daß die Juden und alle Christen, die modernen sowohl wie die frühen Sekten, die Erzählung durch zweitausend Jahre buchstäblich genommen haben, beweist nur ihre Unwissenheit, und zeigt den großen Scharfsinn und die Geschicklichkeit in der Konstruktion seitens der initiierten Rabbiner, welche die zwei Berichte - den Elohistischen und Jehovistischen - esoterisch aufbauten und absichtlich die Bedeutung der unvokalisierten Glyphen oder Wortzeichen in dem Urtexte verwirrten. Die sechs Tage (Yom) der Schöpfung bedeutet sechs Perioden der Entwicklung, und der siebente Tag ist der des Höhepunktes, der Vollendung - nicht der Ruhe. Diese beziehnen sich auf die sieben Runden und die sieben Rassen mit einer bestimmten „Schöpfung“ in einer jeden derselben; obwohl der Gebrauch der Worte Boker „Dämmerung“ oder „Morgen“, und Ereb „Abenddämmerung“ - welche esoterisch dieselbe Bedeutung haben, wie Sandhyâ, „Zwielicht“, im Sanskrit – zum Vorwurfe der gröblichsten Unwissenheit in Bezug auf die Reihenfolge der Entwicklung geführt haben. [56] Modern Science and Thought, p. 337. |