Die Übersicht der Strophen in Band I zeigte, daß die Genesis [5] der Götter und Menschen in und von einem und demselben Punkt ihren Ursprung nimmt, welcher ist die Eine Universale, Unveränderliche, Ewige und Unbedingte EINHEIT. Wir haben gesehen, daß sie in ihrem ursprünglichen geoffenbarten Aspekt wurde: 1. in der Sphäre der Objektivität und Physik. URSPRÜNGLICHE SUBSTANZ und KRAFT - centripetale und centrifugale, positive und negative, männliche und weibliche, u. s. w.; 2. in der Welt der Metaphysik der GEIST DES WELTALLS, oder kosmische Ideenbildung, von einigen genannt LOGOS.

Dieser Logos ist die Spitze des pythagoräischen Dreiecks. Wenn das Dreieck vollständig ist, wird es zur Tetraktys, oder zum Dreieck im Viereck, und ist das duale Symbol des vierbuchstabigen Tetragammaton in dem geoffenbarten Kosmos, und seines wurzelhaften dreifachen Strahles in dem Unmanifestierten - seinem Noumenon.

Aber mehr metaphysisch ist die hier gegebene Klassifikation der Urdinge des Kosmos mehr eine solche der Bequemlichkeit als der unbedingten philosophischen Genauigkeit. Am Beginne eines großen Manvantara offenbart sich Parabrahman als Mûlaprakriti und sodann als Logos. Dieser Logos ist gleichbedeutend mit dem „Unbewussten Universalgemüt“ u. s. w. der westlichen Pantheisten. Er bildet die Grundlage der Subjekt-Seite des geoffenbarten Daseins, und ist die Quelle aller Offenbarungen individuellen Bewusstseins. Mûlaprakriti oder Ursprüngliche Kosmische Substanz ist die Unterlage der Objektiv-Seite der Dinge - die Grundlage aller gegenständlichen Entwicklung und Weltentstehung.

Kraft taucht also nicht mit der Ursprünglichen Substanz ais der Parabrahmischen Latenz auf. Sie ist die Umwandlung des überbewussten Gedankens des Logos in Energie, eingegossen sozusagen in die Vergegenständlichung des Letzteren aus der potentiellen Latenz in der Einen Wirklichkeit. Hieraus entspringen die wunderbaren Gesetze der Materie; hieraus der „erste Eindruck“, der vom Bischof Temple so nutzlos erörtert worden ist. Die Kraft ist somit nicht gleichzeitig mit der ersten Objektivierung von Mûlaprakriti. Da aber die letztere getrennt von ihr unbedingt und notwendigerweise träge ist - eine bloße Abstraktion - so ist es nichtsdestoweniger unnötig, ein allzu feines Spinnengewebe von Spitzfindigkeiten, betreffend die Ordnung der Aufeinanderfolge der kosmischen Urdinge auszuspinnen. Kraft folgt auf Mûlaprakriti; aber minus Kraft ist Mûlaprakriti für alle praktischen Absichten und Zwecke nichtexistierend. [6]

Der Himmlische Mensch oder Tetragrammaton, welcher der Protogonos ist, Tikkoun, der Erstgeborene aus der passiven Gottheit und die erste Offenbarung des Schattens dieser Gottheit, ist die universale Form und Idee, welche den Geoffenbarten Logos erzeugt, Adam Kadmon, oder das vierbuchstabige Symbol, in der Kabbalah, des Weltalls selbst, auch genannt der Zweite Logos. Der Zweite entspringt aus dem Ersten und entwickelt das Dritte Dreieck; [7] aus welchem letzteren (der niedern Schar der Engel) die Menschen hervorgebracht sind. Mit diesem dritten Aspekt werden wir uns gegenwärtig zu beschäftigen haben.

Der Leser muß sich vor Augen halten, daß ein großer Unterschied ist zwischen dem Logos und dem Demiurgos, denn der eine ist der Geist und der andere die Seele; oder wie Dr. Wildner es darstellt:

Dianoia und Logos sind gleichbedeutend, Nous ist höherstehend und in enger Verwandtschaft mit [korrekter Abdruck siehe Buch], der eine ist das höhere Erfassen, die andere das Begreifen - der eine ist noëtisch, die andere phrenisch.


[5] Nach Dr. A. Wilder´s gelehrter Definition ist Genesis, [korrekter Abdruck siehe Buch], nicht Schöpfung, sondern „ein Hervorkommen des Ewigen in den Kosmos und die Zeit“; „ein Kommen aus dem esse in das existere“, oder aus dem „Sein“ in das „Dasein“ - wie ein Theosoph sagen würde.

[6] Wegen einer näheren Erklärung der Ursprünge, wie sie die Esoterik der Bhagavad Gîtâ enthält, siehe die Bemerkung hierzu, veröffentlicht in The Theosophist für Februar, März und Juni 1887, Madras.

[7] Siehe den Sephirothischen Baum.