Doch muß Plato, sowie jeder andere initiierte Adept, von der Geschichte der dritten Rasse nach ihrem ,,Falle“ gewußt haben, obwohl er als ein zu Schweigen und. Geheimhaltung Verpflichteter sein Wissen niemals mit ebenso vielen Worten zeigte. Nichtsdestoweniger kann es jetzt, nach­dem man sich wenigstens mit der annähernden Zeitrechnung der östlichen Nationen vertraut gemacht hat - die vollständig auf den frühen ârischen Berechnungen beruhte und denselben folgte - leichter werden, die unermeßlichen Zeitperioden zu verstehen, welche seit der Trennung der Geschlechter vergangen sein müssen, nicht zu erwähnen die erste und selbst die zweite Wurzelrasse. Da diese über der Fassungskraft der im westlichen Denken geübten Gemüter bleiben müssen, so hat man es für nutzlos befunden, im einzelnen von der ersten und zweiten, und selbst von der dritten Rasse in ihrem Anfangszustande zu sprechen. [78] Erst wenn die letztere ihre volle menschliche Periode erreicht hat, kann ein Anfang gemacht werden, ohne daß sich der uninitiierte Leser hoffnungslos verwirrt findet.

Die dritte Rasse fiel - und schuf nicht mehr; sie erzeugte ihre Nachkommenschaft. Da sie zur Zeit der Trennung noch gemütlos war, so erzeugte sie obendrein eine abnormale Nachkommenschaft. bis daß ihre physiologische Natur ihre Instinkte in die richtige Richtung gebracht hatte. Gleich den ,,Herrgöttern“ der Bibel, hatten die „Söhne der Weisheit“, die Dhyân Chohans, sie gewarnt, die von der Natur verbotene Frucht unberührt zu lassen; aber die Warnung erwies sich als wertlos. Die Menschen begriffen die Ungeeignetheit - wir dürfen nicht sagen Sünde - von dem, was sie gethan hatten, erst als es zu spät war; nachdem sich die englischen Monaden aus höheren Sphären in ihnen inkarniert und sie mit Verstand begabt hatten. Bis zu jenem Tage waren sie einfach physisch geblieben, wie die von ihnen erzeugten Tiere. Denn was ist der Unterschied? Die Lehre sagt, daß der einzige Unterschied zwischen beseelten und unbeseelten Gegenständen auf Erden, zwischen einer tierischen und menschlichen Gestalt der ist, daß in den einen die verschiedenen ,,Feuer“ verborgen, und in den anderen thätig sind. Die Lebensfeuer sind in allen Dingen und kein Atom entbehrt derselben. Aber kein Tier hat die drei höheren ,,Prinzipien“ in sich erweckt; sie sind einfach möglich, verborgen, und somit nicht-existierend. Und so wären die tierischen Gestalten der Menschen bis zum heutigen Tage geblieben, wären sie so belassen geblieben, wie sie aus den Körpern ihrer Erzeuger hervorkamen, deren Schatten sie waren, um zu wachsen, entfaltet lediglich von den Mächten und Kräften, die dem Stoffe innewohnen.

Aber, wie es im Pymander heißt:

Dies ist ein Geheimnis, das bis zum heutigen Tage versiegelt und verhüllt war. Da die Natur [79] mit dem Menschen [80] sich vermischte, brachte sie ein erstaunliches Wunder hervor; die harmonische Vermischung der Wesenheit der Sieben (Pitris oder Lenker) und ihrer eigenen; von Feuer und Geist und Natur (dem Noumenon der Materie); welche (sich vermischend) sofort sieben Menschen von entgegengesetzten Geschlechtern (negativ und positiv) hervorbrachten, entsprechend den Wesenheiten der sieben Lenker. [81]

Also spricht Hermes, der dreimal große Initiierte, [82] die ,,Macht des göttlichen Gedankens“. Der heilige Paulus, ein anderer Initiierter nannte unsere Welt ,,den rätselhaften Spiegel der reinen Wahrheit“, und der heilige Gregor von Nazianz bestätigte Hermes, indem er behauptete:

Die sichtbaren Dinge sind bloß der Schatten und Abriß der Dinge, die wir nicht sehen können.

Es ist eine ewige Kombination, und die Bilder wiederholen sich von der höheren Sprosse der Leiter des Daseins hinab zur niederen. Der ,,Fall der Engel“ und der ,,Krieg im Himmel“ wiederholen sich auf einer jeden Ebene, indem der niedrigere ,,Spiegel“ das Bild des höheren ,,Spiegels“ entstellt, und ein jeder es auf seine eigene Art wiederholt. So sind die christlichen Dogmen nur Rückerinnerungen der Paradigmen des Plato, welcher von diesen Dingen mit Vorsicht sprach, wie es jeder Initiierte thun würde. Aber es ist alles so, wie es in diesen wenigen Sätzen aus dem Desatir ausgedrückt ist:

Alles was auf Erden ist, sagt der Herr (Ormazd), ist der Schatten von etwas, was in den höheren Sphären ist. Dieser leuchtende Gegenstand (Licht, Feuer, u. s. w.) ist der Schatten von jenem, welcher noch leuchtender ist als er selbst, und so fort, bis er mich erreicht, der ich das Licht der Lichter bin.

In den kabbalistischen Büchern, insbesondere im Zohar, ist der Gedanke, daß jedes gegenständliche Ding auf Erden oder in diesem Weltall der ,,Schatten“ (Dyuknah) des ewigen Lichtes oder Gottheit ist, sehr hervortretend.

Die dritte Rasse war im hervorragenden Maße zuerst der helle ,,Schatten“ der Götter, welche die Überlieferung nach dem allegorischen Kriege im Himmel auf die Erde verbannt. Dieser wurde auf Erden noch allegorischer, denn er war der Krieg zwischen Geist und Stoff. Dieser Krieg wird dauern, bis der innere oder göttliche Mensch sein äußeres irdisches Selbst seiner eigenen geistigen Natur anpaßt. Bis dahin werden die dunklen und wilden Leidenschaften jenes Selbst in ewiger Fehde mit seinem Meister, dem Göttlichen Menschen liegen. Aber das Tier wird eines Tages gezähmt werden, weil seine Natur verändert werden wird, und Harmonie wird aufs neue herrschen zwischen den beiden, wie vor dem ,,Falle“, als selbst der sterbliche Mensch von den Elementen ,,geschaffen“ wurde und nicht geboren wurde.


[78] In jenem wundervollen Buche von Donnelly, Atlantis, die vorsintflutliche Welt, verkündet der Verfasser, wo er die ârischen Kolonien aus der Atlantis und die Künste und Wissenschaften - das Vermächtnis unserer vierten Rasse - bespricht, mit Mut, daß: ,,Die Wurzeln der heutigen Einrichtungen bis ins Miocänzeitalter zurückreichen.“ Dies ist ein außerordentliches Zugeständnis, insofern es von einem modernen Gelehrten gemacht wird; aber die Gesittung reicht noch weiter zurück, als bis zu den miocänen Atlantiern. Der Mensch der Sekundärzeit wird entdeckt werden, und mit ihm seine lang vergessene Civilisation.

[79] Die Natur ist der natürliche Körper, der Schatten der Vorfahren.

[80] Der Mensch ist der ,,himmlische Mensch“, wie bereits festgestellt.

[81] Divine Pymander, I. 16.

[82] Der Pymander unserer Museen und Bibliotheken ist ein Auszug aus einem der Bücher des Thoth, durch einen alexandrinischen Platoniker. Im dritten Jahrhundert wurde er von einem jüdischen Kabbalisten nach alten hebräischen und phönizischen Handschriften umgearbeitet, und die Genesis des Enoch genannt. Aber selbst seine entstellten Überreste zeigen, wie nahe sein Text mit der archaischen Lehre übereinstimmt, wie sie sich in der Schöpfung der sieben Schöpfer und der sieben ursprünglichen Menschen zeigt. Was den Enoch, Thoth oder Hermes, Orpheus und Kadmus anbelangt, so sind dies alles Gattungsnamen, Zweige und Sprossen der sieben ursprünglichen Weisen - inkarnierte Dhyân Chohans oder Devas in illusiven, nicht sterblichen Körpern - welche der Menschheit alles lehrte, was sie wußte, und deren früheste Schiller die Namen ihrer Meister annahmen. Dieser Gebrauch ging von der vierten auf die fünfte Rasse über. Daher die Gleichheit der Überlieferungen über Hermes - von dem die Ägyptologen seiner fünf zählen - Enoch, u. s. w.; sie sind alle die Erfinder der Buchstaben; keiner von ihnen stirbt; sie leben noch und sind die ersten Initiatoren in die Mysterien, und sind deren Begründer. Erst sehr spät verschwand die Genesis des Enoch aus dem Besitzstande der Kabbalisten. Wilhelm Postel sah sie. Sie war ganz sicherlich in großem Maße eine Umschrift der Bücher des Hermes, und viel früher als die Bücher des Moses, wie Éliphas Lévy seinen Lesern sagt.