Von einem festen Erfassen dieser Lehre hängt das richtige Verständnis der esoterischen Anthropogenesis ab. Es giebt einen Leitfaden für die Streitfrage über den Ursprung des Bösen; und zeigt, wie der Mensch selbst der Trenner des Einen in verschiedene entgegengesetzte Aspekte ist. Der Leser wird daher nicht überrascht sein, wenn so viel Raum einem Versuche gewidmet wird, diesen schwierigen und dunklen Gegenstand - so oft er sich darbietet - zu erklären. Ziemlich viel muß notwendigerweise über seinen symbologischen Aspekt gesagt werden; weil auf diese Art dem denkenden Schüler Winke für seine eigenen Untersuchungen gegeben werden, und so mehr Licht geboten werden kann, als es möglich wäre in den technischen Ausdrücken einer mehr formalen, philosophischen Darlegung zu übermitteln. Die sogenannten ,,gefallenen Engel“ sind die Menschheit selbst. Der Dämon von Stolz, Lust, Aufruhr und Haß hatte kein Dasein vor dem Erscheinen des physischen bewußten Menschen. Der Mensch ist es, welcher den Feind erzeugt und genährt hat, und ihm erlaubte, sich in seinem Herzen zu entwickeln; er ist es wiederum, welcher den in ihm wohnenden Gott besudelt hat, indem er den reinen Geist mit dem unreinen Dämon des Stoffes verkettete. Und wenn der kabbalistische Ausspruch ,,Demon est Deus inversus“ seine metaphysische und theoretische Bestätigung in der dualen geoffenbarten Natur findet, so findet sich seine praktische Anwendung nichtsdestoweniger in der Menschheit allein. Somit ist es jetzt selbstverständlich geworden, daß, wenn man, wie wir es thun, als feststehend annimmt, (a) das Auftreten des Menschen vor den andern Säugetieren, und selbst vor den Zeitaltern der großen Reptilien; (b) periodische Fluten und Eiszeiten infolge der karmischen Störung der Achse; und hauptsächlich (c) die Herkunft des Menschen von einem höheren Wesen, oder was der Materialismus ein ,, übernatürliches“ Wiesen nennen würde, obwohl es bloß über-menschlich ist - unsere Lehren sehr wenig Aussichten auf ein unparteiisches Gehör haben. Man füge die Behauptung hinzu, daß ein Teil der Menschheit in der dritten Rasse - alle jene Monaden von Menschen, ,welche den höchsten Punkt von Verdienst und Karma in dem vorhergehenden Manvantara erreicht hatten - ihre psychischen und rationalen Naturen göttlichen Wesen verdankten, die in ihren fünften Prinzipien ,,hypostasierten“ und die Geheimlehre muß nicht nur in den Augen des Materialismus, sondern selbst in denen des dogmatischen Christentums ihre gesellschaftliche Stellung verlieren. Denn, sobald das letztere gelernt haben wird, daß diese Engel wesensgleich sind mit seinen ,,gefallenen“ Geistern, wird der esoterische Lehrsatz für höchst schrecklich ketzerisch und verderblich erklärt werden. [107] Der göttliche Mensch wohnte in dem tierischen, und daher, als die physiologische Trennung in dem natürlichen Verlaufe der Entwicklung stattfand - als auch „die ganze tierische Schöpfung entfesselt wurde“ und die Männchen zu den Weibchen angezogen wurden - fiel diese Rasse; nicht weil sie von der Frucht der Erkenntnis gegessen hatte und gut von böse unterscheiden konnte, sondern weil sie es nicht besser wußte. Angetrieben von dem geschlechtslosen schöpferischen Instinkt hatten die frühen Unterrassen eine Zwischenrasse entwickelt, in welcher, wie es in den Strophen angedeutet ist, die höheren Dhyâan Chohans sich inkarniert hatten. [108] ,,Wenn wir die Ausdehnung des Weltalls ermittelt haben (und alles, was darinnen ist, kennen gelernt haben), dann werden wir unsere Rasse vermehren“, antworten die Söhne von Wille und Yoga ihren Brüdern von derselben Rasse, welche sie einladen, das gleiche zu thun, wie sie selbst. Das bedeutet, das die großen Adepten und initiierten Asketen ,,sich vermehren“ werden, d. i. neuerdings aus der Seele geborene unbefleckte Söhne hervorbringen werden - in der siebenten Wurzelrasse. So heißt es im Vishnu und Brahma Purâna, im Mahâbhârata [109] und im Harivamsha. In einem Teile des Pushkara Mâhâtmya wird obendrein die Trennung der Geschlechter durch Daksha charakterisiert, welcher, wie er sieht, daß seine aus dem Willen geborene Nachkommenschaft, ,,die Söhne des passiven Yoga“ nicht Menschen schaffen wollen, „sich zur Hälfte in ein Weib verwandelt mit welchem er Töchter erzeugt,“ die zukünftigen Weiber der dritten hassen, welche die Riesen der Atlantis, die sogenannte vierte Rasse erzeugten. Im Vishnu Purâna heißt es einfach, daß Daksha, der Vater der Menschheit, geschlechtlichen Verkehr als das Mittel zur Bevölkerung der Welt einführte. [110] Zum Glück für das Menschengeschlecht war die ,,Erwählte Rasse“ bereits zum Träger der Inkarnation der höchsten Dhyânîs (intellektuell und geistig) geworden, bevor die Menschheit ganz materiell geworden war. Als die letzten Unterrassen - mit Ausnahme einiger der niedrigsten - der dritten Rasse mit dem großen lemurischen Kontinent zugrundegegangen waren, hatten die ,,Samen der Dreieinigkeit der Weisheit“ bereits das Geheimnis der Unsterblichkeit auf Erden erlangt, jene Gabe, welche derselben Großen Persönlichkeit gestattet, nach Belieben aus einem abgetragenem Körper in einen anderen überzugehen. [107] Vielleicht mit einem Seitenblicke auf diese Erniedrigung der höchsten und reinsten Geister, welche die dazwischenliegenden Ebenen des niederen Bewußtseins, ,,die sieben Feuerkreise“ des Pymander durchbrachen, sind dem heiligen Jakobus die Worte in den Mund gelegt: „Denn das ist nicht die Weisheit (sophia), die von oben herab kommt, sondern irdisch, sinnlich und teuflisch;“ nun ist diese Sophia das Manas, die ,,menschliche Seele“, während die geistige Weisheit oder Seele Buddhi, welche, als dem Absoluten so nahe, an sich bloß latentes Bewußtsein ist, und von Manas bezüglich einer Offenbarung unter ihrer eigenen Ebene abhängt. [108] Dies ist die ,,unsterbliche Rasse“, wie sie in der Esoterik genannt wird, und exoterisch die fruchtlose Generation der ersten Nachkommenschaft des Daksha, welcher den Nârada, den göttlichen Rishi, weil er die Haryashvas und die Shabalâshvas (die Söhne des Daksha) davon abgebracht hatte, ihre Art fortzupflanzen, mit den Worten verflucht: ,,Werde geboren in dem Schoße; es soll kein Ruheplatz sein für dich in allen diesen Regionen.“ Worauf Nârada, der Repräsentant jener Rasse fruchtloser Asketen, wie es heißt, sobald er in einem Körper stirbt, sofort in einem anderen wiedergeboren wird. [109] Âdi Parvan, p. 113. [110] Vishnu Purâna, Wilsons Übers., II. 12. |