Obendrein wurde der Mensch in verschiedenen Systemen als der Dritte Logos betrachtet. Die esoterische Bedeutung des Wortes Logos - Sprache oder Wort, Verbum - ist die Wiedergabe des verborgenen Gedankens in gegenständlichen Ausdrucke, wie in einem Lichtbild. Der Logos ist der Spiegel, welcher das GÖTTLICHE GEMÜT zurückwirft, und das Weltall ist der Spiegel des Logos, obwohl der letztere das Sein des Weltalls ist. Wie des Logos Alles in dem Weltalle des Plerôma wiederspiegelt, so spiegelt der Mensch in sich alles wieder, was er in seinem Weltalle, der Erde, sieht und findet. Das sind die drei Häupter der Kabbala - „unum intra alterum, et alterum super alterum“. [8] „Jedes Weltall (Welt oder Planet) hat seinen eigenen Logos“ sagt die Lehre. Die Sonne wurde von den Ägyptern immer als das „Auge des Osiris“ genannt, und war selbst der Logos, der Ersterzeugte, oder das der Welt offenbar gemachte Licht, „welches ist das Gemüt und der göttliche Verstand des Verborgenen.“ Nur durch den siebenfältigen Strahl dieses Lichtes erhalten wir Kenntnis von dem Logos durch den Demiurg. indem wir den letzteren als den „Schöpfer“ unseres Planeten und von allem, was zu diesem gehört, betrachten, und den ersteren als die führende Kraft dieses „Schöpfers“ - gut und böse zur selben Zeit, der Ursprung des Guten und der Ursprung des Bösen. Dieser „Schöpfer“ ist werde gut noch böse an sich, sondern seine differentiierten Aspekte in der Natur lassen ihn den einen oder den anderen Charakter annehmen. mit den unsichtbaren und unbekannten Universen, die durch den Raum verstreut sind, hatte keiner der Sonnengötter irgend etwas zu thun. Die Idee ist sehr klar ausgedrückt in den Büchern des Hermes, und in jeder alten Volkssage. Sie wird gewöhnlich durch den Drachen und die Schlange versinnbildlicht - den die Magie der rechten und die der linken Hand. In dem epischen Gedichte von Finnland, der Kalewala [9] wird der Ursprung der Schlange des Bösen gegeben: sie ist geboren aus dem Speichel der Syöjätär, und mit einer lebendigen Seele begabt von dem bösen Prinzipe, Hiisi. ein Streit wird beschrieben zwischen den zweien, dem „bösen Dinge“, der Schlange oder dem Zauberer, und Ahti, dem Drachen oder weisen Magier Lemminkäinen. Der letztere ist einer von den sieben Söhnen der Ilmatar, der jungfräulichen „Lüftetochter“, ihr, „die vom Himmel in das Meer sich niederließ“ vor der Schöpfung, d. i. der in der Materie des sinnliches Lebens umgewandelte Geist.
Es liegt eine Welt von Bedeutung und occultem Gedanken in den folgenden wenigen Zeilen, wunderbar wiedergegeben von Dr. J. M. Crawford in Cincinnati.

Der Held Lemminkäinen:

Hauet zu mit Macht des Zaubers
Und zerbricht den Zaun in Stücke,
Haut in Splitter sieben Stangen,
Schlägt den Schlangenwall in Trümmer.
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Wenig kümmert sich das Untier,
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Stürzet mit dem gift´gen Rachen
Auf das Haupt des Lemminkäinen.
Doch der Held, sich rasch besinnend,
Spricht des Wissens Meisterworte,
Die aus fernen Zeiten stammen,
Die die Mutter ihn gelehret.

(d) In China werden die Menschen des Fohi, oder des „Himmlischen Menschen“, die zwölf Tien-Hoang genannt, die zwölf Hierachieen von Dhyânis oder Engeln, mit menschlichen Antlitzen und Drachenkörpern; der Drache steht für göttliche Weisheit oder Geist; [10] und sie erschaffen Menschen, indem sie sich selbst in sieben Figuren von Lehm (Erde und Wasser) inkarnieren, die in der Gestalt dieser Tien-Hoang angefertigt sind - eine dritte Allegorie. [11] Die zwölf Asen der skandinavischen Edden thun das Gleiche. In dem geheimen Katechismus der Drusen von Syrien - eine Legende, die Wort für Wort von den ältesten Stämmen nahe und um den Euphrat wiederholt wird - wurden die Menschen von den „Söhnen Gottes“ geschaffen, welche zur Erde niederstiegen, und nachdem sie sieben Mandragoras gesammelt hatten, die Wurzeln beseelten, die sodann zu Menschen wurden. [12]
Alle diese Allegorien deuten auf einen und denselben Ursprung - auf die doppelte und dreifache Natur des Menschen; doppelt als männlich und weiblich; dreifach, weil er aus einer geistigen und psychischen Wesenheit innen, und einem materiellen Gewebe außen besteht.


[8] Zohar, Idra Suta, Abschnitt VII.

[9] J. B. Alden; New-York 1888; II. 432, 434. (Vgl. die deutsche Übersetzung von A. Schiefner, Helsingfors 1852, S. 167 und 168. Der Übers.)

[10] Es ist zum wiederholtem Male festgestellt worden, daß die Schlange ein Symbol der Weisheit und occulten Erkenntnis ist. „Die Schlange ist seit frühesten Zeiten, von denen wir irgendwelche historische Nachricht haben, mit dem Gotte der Weisheit in Verbindung gebracht worden,“ schreibt C. Staniland Wake. „Dieses Tier war das besondere Sinnbild von Thot oder Taut . . . und von allen jenen Göttern, wie Hermes (?) und Seth, die mit ihm in Verbindung gebracht werden können- Dies ist auch wahr von dem dritten Gliede der ursprünglichen chaldäischen Dreiheit, Hea oder Hoa.“ Nach Sir Henry Rawlinson, „beziehen sich die wichtigsten Beinamen dieses Gottes auf ‚seine Funktionen als der Quelle der Erkenntnis und Wissenschaft.’ Nicht nur ist er ‚der intelligente Fisch’, sondern sein Name kann gelesen werden in den beiden Bedeutungen von ‚Leben’ und von einer ‚Schlange’ [einem initiierten Adepten], und er kann betrachtet werden als ‚gebildet von der großen Schlange, welche einen so hervorragenden Platz unter den Göttersymbolen einnimmt auf den schwarzen Steinen, welche die babylonischen Wohlthaten aufzählen’.“ (The Great Pyramid, p. 75). Aeskulap, Serapis, Pluto, Esmun und Kneph, sind alles Gottheiten mit den Attributen der Schlange, sagt Dupuis. Sie sind alle Heiler, Verleiher von geistige und körperlicher Gesundheit, und Erleuchtung. Die aus einer Aspis gebildete Krone, die Thermuthis, gehört der Isis zu, der Göttin des Lebens und Heilens. Die Upanishaden haben eine Abhandlung über die Wissenschaft der Schlangen - mit anderen Worten, die Wissenschaft der occulten Erkenntnis; und die Nâgas des exoterischen Buddhismus sind nicht „die fabelhaften Geschöpfe, von der Natur von Schlange . . . höherstehend als der Mensch, und als die Beschützer des Gesetzes des Buddha betrachtet“, wie Schlagintweit glaubt, sondern wirkliche lebendige Menschen, einige höherstehend als die Menschen kraft ihrer occulten Erkenntnis, und die Schützer von Buddhas Gesetz, insofern sie seine metaphysischen Lehrsätze richtig erklären, andere moralisch tieferstehend, weil sie „schwarze Magier“ sind. Daher wird mit Recht erklärt, daß Gautama Buddha „wie es heißt, ihnen ein mehr philosophisches Religionssystem gelehrt hat, als den Menschen, welche nichts genügend vorgeschritten waren, um ihn zur Zeit seines Erscheinens zu verstehen.“ (Ebenda, p. 72)

[11] Vgl. die Symbols of the Bonzes.

[12] Die Mandragora sind die Dudaim der Bibel, der Rahel und Lea. Die Wurzeln der Pflanze sind fleischig, haarig, und gegabelt, und stellten roh die Glieder, den Rumpf und sogar den Kopf eines Menschen dar. Ihre magischen und geheimnisvollen Eigenschaften sind seit den allerältesten Zeiten in Fabel und Spiel verkündet worden. Von Rahel und Lea, welche Hexerei damit trieben, bis herab zu Shakespeare, welcher von „kreischen“ spricht -

„Alraunen gleich, die aus der Erd´ gerissen,
Den Menschen, der sie hört, in Wahnsinn jagen.“

- war die Mandragora die magische Pflanze im wahrsten Sinne des Wortes.
Die Wurzeln sind ohne irgend welchem merkbaren Stengel, und große Blätter wachsen aus dem Kopfe der Wurzel wie ein riesiger Haarschopf. Sie zeigen wenig Ähnlichkeit mit einem Menschen, soweit sie in Spanien, Italien, Kleinasien oder Syrien gefunden wurden, aber auf der Insel Kreta, und in Karamanien nahe der Stadt Adan haben sie eine wunderbar menschliche Gestalt, und sind als Amulette sehr hoch geschätzt. Sie werden auch getragen von Frauen als ein Zauber gegen Unfruchtbarkeit, und zu anderen Zwecken. Sie sind besonders wirksam in „schwarzer Magie“.