Es wird jetzt verständlich, warum das dritte Auge nach dem physischen Falle jener, welche wir Lemurier zu nennen übereingekommen sind, allmählich in eine einfache Drüse verwandelt wurde.
Es ist eine seltsame Thatsache, daß bei den menschlichen Wesen die Gehirnhemisphären und die Seitenventrikel sich besonders entwickelt haben,. während die Sehhügel, die Vierhügel und die Streifenkörper in anderen Säugetiergehirnen als die hervorragendsten Teile entwickelt sind. Ferner wird behauptet, daß der Intellekt eines Menschen bis zu einem gewissen Grade nach der Entwicklung der centralen Windungen und des vorderen Teiles der Gehirnhemisphären abgeschätzt werden kann. Es würde als ein natürlicher Folgesatz dazu erscheinen, daß, wenn die Entwicklung der Zirbeldrüse als ein Kennzeichen der astralen Fähigkeiten und geistigen Triebe irgend eines Menschen betrachtet werden kann, eine entsprechende Entwicklung jenes Teils des Cranium oder eine Zunahme der Größe der Zirbeldrüse auf Kosten des hinteren Teiles der Gehirnhemisphären statthaben wird. Dies ist eine seltsame Spekulation und würde in dem vorliegenden Falle eine Bestätigung erhalten. Wir würden unten und hinten das Kleinhirn sehen, welches für den Sitz aller tierischen Triebe des menschlichen Wesens gehalten worden ist, und welches von der Wissenschaft für das große Centrum aller physiologisch koordinierten Bewegungen des Körpers, wie gehen, essen u. s. w., erklärt wird; vorne den vorderen Teil des Gehirns, die Gehirnhemisphären, den Teil, welcher insbesondere mit der Entwicklung der intellektuellen Kräfte im Menschen verknüpft ist; und in der Mitte, sie beide und insbesondere die tierischen Funktionen beherrschend, die entwickelte Zirbeldrüse, in Zusammenhang mit dem höher entwickelten oder geistigen Menschen.
Es muß daran erinnert werden, daß dies nur physische Entsprechungen sind; geradeso wie das gewöhnliche menschliche Gehirn das Aufzeichnungsorgan des Gedächtnisses, aber nicht das Gedächtnis selbst ist.
Dies ist also das Organ, welches so vielen Legenden und Überlieferungen ihren Ursprung gegeben hat, unter anderm auch jenen von Menschen mit einem Haupte, aber zwei Gesichtern. Diese Legenden sind in verschiedenen chinesischen Werken zu finden, abgesehen davon, daß sie in den chaldäischen Bruchstücken erwähnt sind. Außer in dem bereits angeführten Werke, dem Shan Hai King, kompiliert von Kung Chia nach Skulpturen auf neun Urnen, die von dem Kaiser Yü 2255 v. Chr. gemacht wurden, sind sie in einem anderen Werke, genannt die Bambusbücher, zu finden und in einem dritten, ´Rh Ya, dessen Verfasser ,,nach der Überlieferung von Chow Kung, Oheim von Wu Wang, erstem Kaiser der Chow Dynastie, 1122 v Chr., initiiert wurde“. Die Bambusbücher enthalten die alten Annalen von China, gefunden 279 n. Chr., bei Eröffnung des Grabes des Königs Seang von Wei, welcher 295 v. Chr. starb. [161] Diese Werke erwähnen beide Menschen mit zwei Gesichtern auf einem Haupte - eines vorne und eines hinten.
Was nun Schüler des Occultismus wissen sollten, ist, daß das dritte Auge unauflöslich mit Karma verbunden ist. Der Lehrsatz ist so geheimnisvoll, daß nur sehr wenige von ihm gehört haben.
Das ,,Shivaauge“ verkümmerte nicht gänzlich vor dem Schluße der vierten Rasse. Als die Geistigkeit und alle göttlichen Kräfte und Eigenschaften des Devamenschen der dritten Rasse zu Handlangerinnen der neu erweckten physiologischen und psychischen Leidenschaften des physischen Menschen gemacht worden waren, anstatt des umgekehrten, verlor das Auge seine Kräfte. Aber also war das Gesetz der Entwicklung, und es war in strenger Genauigkeit genommen kein Fall. Die Sünde lag nicht im Gebrauche jener neu entwickelten Kräfte, sondern im Mißbrauche derselben; darin, daß aus dem Tabernakel, das einen Gott zu enthalten bestimmt war, der Tempel jeglicher geistiger Lasterhaftigkeit gemacht wurde. Und wenn wir sagen ,,Sünde“, so ist dies nur dazu, damit jeder unsere Absicht verstehe, denn Karma [162] wäre der richtigere, in diesem Falle zu benützende Ausdruck; ferner wird der Leser welcher sich durch den Gebrauch des Ausdruckes ,,geistiger“ an Stelle von ,,physischer“ Lasterhaftigkeit verwirrt fühlen sollte, an die Thatsache erinnert, daß es keine physische Lasterhaftigkeit geben kann. Der Körper ist bloß das unverantwortliche Organ, das Werkzeug des psychischen, wenn nicht des geistigen Menschen. Und im Falle der Atlantier war es gerade das geistige Wesen, welches sündigte, indem in jenen Tagen das geistige Element noch das ,,Meister“-Prinzip im Menschen war. Somit geschah es in jenen Tagen, daß das schwerste Karma der fünften Rasse von unseren Monaden geschaffen wurde.
Da dieser Satz sich wieder als verwirrend erweisen kann, so ist es besser, daß er zum Nutzen jener, welche mit den theosophischen Lehren unbekannt sind, erklärt werde.


[161] Gould‘s Mythical Monster., p. 22.

[162] Karma ist ein Wort von vielen Bedeutungen und hat einen besonderen Ausdruck für nahezu einen jeden seiner Aspekte. Als ein Synonym von Sünde bedeutet es die Vollbringung irgend einer Handlung zur Erlangung eines Gegenstandes weltlichen, daher selbstsüchtigen Begehrens, was nicht anders als für irgend jemand anderen nachteilig sein kann. Karma ist Handlung, die Ursache; und Karma ist wiederum das ,,Gesetz der ethischen Ursächlichkeit“; die Wirkung einer selbstsüchtig gethanen Handlung angesichts des großen Gesetzes der Harmonie, welche vorn Altruismus abhängt.