Fragen mit Bezug auf Karma und Wiedergeburten werden beständig aufgeworfen, und große Verwirrung scheint über den Gegenstand zu bestehen. Jene, welche im christlichen Glauben geboren und aufgezogen sind, und in dem Gedanken geübt wurden, daß von Gott eine neue Seele für jedes neugeborene Kind erschaffen wird, sind unter den verwirrtesten. Sie fragen, ob die Anzahl der Monaden, die sich auf Erden inkarnieren, begrenzt ist; worauf ihnen bejahend geantwortet wird. Denn wie unberechenbar auch nach unserer Vorstellung die Zahl der inkarnierenden Monaden ist, so muß doch eine Grenze sein. Dies ist so. selbst wenn wir die Thatsache in Rechnung ziehen, daß immer seit der zweiten Rasse, als ihre bezüglichen sieben Gruppen nut Körpern versehen wurden, für jede Zeitsekunde in den bereits vergangenen Aeonen mehrere Geburten und Todesfälle zugestanden werden. Es wurde gesagt, daß Karma-Nemesis, deren Sklavin die Natur ist, alles auf die harmonischeste Art anordnet; und daß daher das frische Einströmen oder die Ankunft neuer Monaden aufhörte, sobald die Menschheit ihre volle physische Entwicklung erreicht hatte. Seit dem Mittelpunkte der Atlantier haben sich keim frischen Monaden inkarniert. Erinnern wir uns daran, daß, ausgenommen im Falle von jungen Kindern und von Individuen, deren Leben durch irgend einen Zufall gewaltsam abgeschnitten worden sind, keine geistige Wesenheit sich reinkarnieren kann, bevor eine Periode von vielen Jahrhunderten vergangen ist, und solche Lücken allein müssen zeigen, daß die Anzahl der Monaden notwendigerweise endlich und begrenzt ist. Ferner muß den anderen Tieren eine vernünftige Zeit für ihren Entwicklungsfortschritt gegeben sein. Daher die Behauptung, daß
viele von uns jetzt die Wirkungen der schlimmen karmischen Ursachen abarbeiten,
die von uns in atlantischen Körpern hervorgebracht wurden. Das Gesetz
des Karma ist unentwirrbar verwoben mit jenem der Reinkarnation. Nur das
Wissen von den beständigen Wiedergeburten einer und derselben Individualität
durch den ganzen Lebenscyklus; die Überzeugung, daß dieselben Monaden
- unter welchen viele Dhyân Chohans oder die ,,Götter“ selber sind - den
,,Kreislauf der Notwendigkeit“ zu durchlaufen haben, durch eine solche
Wiedergeburt belohnt oder bestraft für die in dem früheren Leben erduldeten
Leiden oder begangenen Verbrechen; daß eben jene Monaden, welche in die
leeren sinnlosen Schalen oder Astralfiguren der ersten Rasse, die von
den Pitris emaniert waren, eintraten, dieselben sind, welche jetzt unter
uns sind - ja vielleicht wir selber; nur diese Lehre, sagen wir, kann
uns das geheimnisvolle Problem von Gut und Böse erklären und den Menschen
mit der schrecklichen scheinbaren Ungerechtigkeit des Lebens aussöhnen.
Nichts außer eine solche Gewißheit kann unsern empörten Gerechtigkeitssinn
beruhigen. Denn, wenn jemand unbekannt mit der edlen Lehre um sich blickt
und die Ungleichheiten von Geburt und Vermögen, von Intellekt und Fähigkeiten
beobachtet; wenn einer Ehre erwiesen sieht an Narren und Bösewichte, auf
die das Glück seine Gaben durch den bloßen Vorrang der Geburt aufgehäuft
hat, und ihren nächsten Nachbarn mit allem seinen Verstand und edlen Tugenden
der in jeder Beziehung viel mehr verdient - aus Not oder aus Mangel an
Sympathie zugrundegehen; wenn jemand alles dieses sieht und sich abwenden
muß, unvermögend das unverdiente Leiden zu lindern, wenn seine Ohren klingen
und sein Herz blutet von den Schmerzensschreien um ihn her - dann bewahrt
ihn allein jenes gesegnete Wissen vom Karma davor, Leben und Menschen,
sowie ihren vermuteten Schöpfer zu verfluchen. [163]
[163] Gegner der Karmalehre sollten sieh an die Thatsache erinnern, daß ein Versuch, den Pessimisten auf Grund anderer Daten zu erwiedern, unbedingt nicht in Frage kommt. Ein festes Erfassen der Grundzüge des karmischen Gesetzes zerschlägt die ganze Grundlage des großartigen Baues, der von den Schülern des Schopenhauer und v. Hartmann aufgerichtet wurde. [164] Die Lehre und Theologie der Kalvinisten. ,,Der Plan Gottes von Ewigkeit hinsichtlich aller Ereignisse“ - welcher zum Fatalismus wird und den freien Willen, oder jeden Versuch, ihn zum Guten auszuüben, ertötet ,,Er ist die Vorherbestimmung oder Zuteilung der Menschen für immerwährende Seligkeit oder immerwährendes Elend.“ (Katechismus) Eine edle und ermutigende Lehre das! |