„Schrecklich sind die Götter, wenn sie sich offenbaren“ - jene Götter, welche die Menschen Drachen nennen. Und Aelianus, der in seinem De Natura Animalium von diesen Schlangensymbolen handelt, macht gewisse Bemerkungen, welche zeigen, daß er die Natur dieser ältesten der Symbole wohl verstand. So erklärt er mit Bezug auf den obigen homerischen Vers höchst treffend:

Denn der Drache, während er heilig und zu verehren ist, hat in sich etwas von noch göttlicherer Natur, worüber in Unkenntnis zu bleiben (für andere?) besser ist. [8]

Das ,,Drachen“symbol hat eine siebenfältige Bedeutung, und von diesen sieben Bedeutungen mögen die höchste und die niedrigste gegeben werden. Die höchste ist wesensgleich mit dem „Selbstgeborenen“, dem Logos, dem indischen Aja. Bei den christlichen Gnostikern, welche die Naassener oder Schlangenverehrer genannt wurden, war er die zweite Person der Dreieinigkeit, der Sohn. Sein Symbol war das Sternbild des Drachen. [9] Seine sieben ,,Sterne“ sind die sieben Sterne, welche in der Hand des ,,Alpha und Omega“ in der Offenbarung gehalten werden. In seiner irdischesten Bedeutung wurde der Ausdruck ,,Drache“ auf die ,,weisen“ Menschen angewendet.
Dieser Teil der religiösen Symbolik des Altertums ist sehr verwickelt und geheimnisvoll und mag für den Profanen unverständlich bleiben. In unserer jetzigen Zeit beleidigt er derart das christliche Ohr, daß er ungeachtet unserer gerühmten Civilisation schwerlich dem entgehen kann, als eine unmittelbare Bedrohung des beliebtesten christlichen Dogmas betrachtet zu werden. Ein solcher Gegenstand erforderte, um ihm gerecht zu werden, die Feder und den Genius eines Milton, dessen dichterische Erfindung jetzt in der Kirche als ein geoffenbartes Dogma Wurzel gefaßt hat.
Nahm die Allegorie von dem Drachen und seinem angenommenen Besieger im Himmel ihren Ursprung mit St. Johannes in seiner Offenbarung? Mit Nachdruck antworten wir - Nein. Der Drache St. Johannes‘ ist Neptun, das Symbol der atlantischen Magie.
Damit wir diese Verneinung beweisen können, wird der Leser ersucht, die Symbolik der Schlange oder des Drachen unter ihren verschiedenen Aspekten zu prüfen.


[8] a. a. O., XI. XVII.

[9] Wie H. Lizeray in seiner Trinité Chrétienne Devoilée gezeigt hat, übermittelt der Drache, welcher zwischen den unveränderlichen Vater (den Pol, einen festen Punkt) und die veränderliche Materie gesetzt ist, der letzteren die Einflüsse, welche er von dem ersteren empfängt; daher sein Name - das Verbum.