Während somit in Samothrake und in den ältesten ägyptischen Tempeln die Kabiren die großen kosmischen Götter waren - die sieben und die neunundvierzig heiligen Feuer - wurden in den griechischen Tempelstätten ihre Gebräuche zumeist phallisch, und daher für die Profanen unanständig. In dem letzteren Falle waren sie drei und vier, oder sieben das männliche und weibliche Prinzip - die crux ansata. Diese Teilung zeigt, warum einige klassische Schriftsteller dafürhielten, daß sie bloß ihrer drei waren, während andere vier nannten. Und diese waren Axieros (in seinem weiblichen Aspekt Demeter); Axiokersa (Persephone); [28] Axiokersos (Pluto oder Hades) und Kadmos oder Kasmilos (Hermes - nicht der von Herodot [29] ) erwähnte ithyphallische Hermes, sondern ,,jener der heiligen Legende“, was nur während der samothrakischen Mysterien erklärt wurde.) Diese Identifikation, welche nach den Scholiasten des Apollonius Rhodius [30] einer Indiskretion des Mnaseas zuzuschreiben ist, ist in Wirklichkeit überhaupt keine Identifikation, da Namen allein nicht viel enthüllen. [31] Andere wieder haben behauptet, und waren in ihrer Art gleichfalls im Recht, daß es nur zwei Kabiren gab. Diese waren esoterisch die beiden Dioskuren Kastor und Pollux und exoterisch Jupiter und Bacchus. Diese beiden personifizierten geodätisch die irdischen Pole; den terrestrischen Pol, und den Pol der Himmel astronomisch; und auch den physischen und den geistigen Menschen. Die Geschichte von Semele und Jupiter und die Geburt des Bacchus, Bimater, mit allen dieselben begleitenden Umständen braucht nur esoterisch gelesen zu werden, um die Allegorie zu verstehen. Die Rollen, welche in dem Ereignisse von Feuer, Wasser, Erde u. s. w., in den vielen Versionen gespielt werden, werden zeigen, wie so der ,,Vater der Götter“ und der ,,fröhliche Gott des Weines“ auch die beiden irdischen Pole personifizieren mußten. Das tellurische, metallische, magnetische, elektrische und das feurige Element sind alle ebenso viele Anspielungen und Bezugnahmen auf den kosmischen und astronomischen Charakter der Fluttragödie. In der Astronomie sind die Pole in der That das „himmlische Maß;“ und das gleiche sind die Cabiri-Dioscuri, wie gezeigt werden wird, und die Caribi-Titani, welchen Diodor die ,,Erfindung des Feuers“ [32] zuschreibt, und die Kunst, Eisen zu bearbeiten. Ferner zeigt Pausanius, [33] daß die ursprüngliche kabirische Gottheit Prometheus war.

Aber die Thatsache, dass astronomisch die Titan-Kabirim auch die Hervorbringer und Regler der Jahreszeiten waren, und kosmisch die großen vulkanischen Energien - die Götter, welche allen Metallen und irdischen Werken vorstanden - verhindert sie nicht in ihren, ursprünglichen göttlichen Charakteren die wohlthätigen Wesenheiten zu sein, welche, in Prometheus symbolisiert, der Welt das Licht brachten und die Menschheit mit Verstand und Vernunft begabten. Sie sind vorzugsweise in jeder Theogonie - insbesondere in der indischen - die heiligen göttlichen Feuer, drei, sieben oder neunundvierzig, je nachdem die Allegorie es erfordert. Selbst ihre Namen beweisen das, denn sie sind die Agni-putra oder Söhne des Feuers in Indien, und die Genien des Feuers unter zahlreichen Namen in Griechenland und anderwärts. Welcker, Maury, und jetzt Decharme zeigen, daß der Name kabeiros „der durch Feuer mächtige“ bedeutet, von dem griechischen [korrekter Abdruck siehe Buch] „ brennen“.  Das semitische Wort kabirim enthält die Idee ,,die kraftvollen, die mächtigen und die großen“, entsprechend den griechischen [korrekter Abdruck siehe Buch], aber dies sind spätere Beinamen. Diese Götter wurden allgemein verehrt und ihr Ursprung ist in der Nacht der Zeit verloren. Ob sie aber in Phrygien, Phönizien, der Troas, Thracien, Ägypten, auf Lemnos oder Sizilien verehrt wurden, ihr Kult war immer verbunden mit Feuer, ihre Tempel waren stets an den vulkanischesten Örtlichkeiten erbaut, und in dem exoterischen Dienste gehörten sie zu den Chthonischen Gottheiten, und daher hat das Christentum aus ihnen höllische Götter gemacht.
Sie sind fürwahr „die großen, wohlthätigen und mächtigen Götter“, wie Cassius Hermone sie nennt. [34] Zu Theben hatten Kore und Demeter, die Kabirim, ein Heiligtum, [35] und zu Memphis hatten die Kabiren einen Tempel so heilig, daß niemandem mit Ausnahme der Priester gestattet war, in seinen heiligen Bezirk einzutreten. [36] Aber wir dürfen nicht gleichzeitig die Thatsache aus den Augen verlieren, daß der Titel Kabiren generisch war; daß die Kabiren, die mächtigen Götter sowohl wie die Sterblichen von beiden Geschlechtern waren, und auch irdisch, himmlisch und kosmisch; daß, während in ihrer späteren Eigenschaft als Beherrscher der gestirnlichen und irdischen Kräfte ein rein geologisches Phänomen - wie es jetzt betrachtet wird - in den Personen jener Herrscher symbolisiert wurde, sie auch im Anbeginne der Zeiten die Beherrscher der Menschheit waren, als sie als Könige der ,,göttlichen Dynastien“ inkarniert den ersten Anstoß zur Civilisation gaben, und das Gemüt, mit dem sie die Menschen begabt hatten, auf die Erfindung und Vervollkommnung aller Künste und Wissenschaften hinwendeten. Somit ist gesagt, daß die Kabiren als die Wohlthäter der Menschen erschienen sind, und als solche lebten sie durch Zeitalter im Gedächtnisse der Nationen. Diesen Kabiren oder Titanen wird die Erfindung der Buchstaben zugeschrieben (der Deva-nâgarî oder des Alphabetes und der Sprache der Götter), der Gesetze und Gesetzgebung, der Baukunst, sowie auch der verschiedenen Arten der sogenannten Magie, und der medizinischen Verwendung der Pflanzen. Hermes, Orpheus, Kadmos, Asklepios, alle jene Halbgötter und Heroen, denen die Offenbarung der Wissenschaften an die Menschen zugeschrieben wird, und in welchen Bryant, Faber, Bischof Cumberland und so viele andere christliche Schriftsteller - zu zelotisch für einfache Wahrheit - die Nachwelt nur heidnische Kopien eines einzigen Vorbildes mit Namen Noah zu sehen zwingen möchten - alle sind generische Namen.
Die Kabiren sind es, denen zugeschrieben wird, die große Gabe des Ackerbaus geoffenbart zu haben, indem sie Korn oder Weizen hervorbrachten. Was Isis-Osiris, die einst lebende Kabiria, in Ägypten that, das soll Ceres in Sizilien gethan haben; sie alle gehören einer einzigen Klasse an.


[28] Die Theorie des Mackey, des selbstgemachten Adepten von Norwich, in seiner Mythological Astronomy, ist eine sonderbare Idee - aber eine, die vielleicht nicht so weit von der Wahrheit entfernt ist. Er sagt, daß die Kabiren mit Namen Axieros und Axiokersa (a) ihre Namen herleiteten von kab oder cab, ein „Maß“, und von urim, die „Himmel“ - daß die Kabirim somit „ein Maß der Himmel“ sind; und (b) daß ihre unterschiedenen Namen, die das Zeugungsprinzip in sich schließen, sich auf die Geschlechter bezogen. Denn, das Wort Geschlecht (Sex) lautete früher ax, was . . . zu unserer Zeit in sex übergegangen ist. (Und er bezieht sich auf die Encyclopedia Londiniensis, unter dem Worte ,Aspiration‘.) Wenn wir nun dem Axieros den aspirierten Laut geben, so würde er Sax oder Sexieros werden; und der andere Pol wäre Sexiokersa. Die zwei Pole würden sodann die Erzeuger der anderen Naturkräfte - sie würden die Eltern der anderen Kräfte sein; daher die mächtigsten Götter.“ (a. a. O., p. 39.)

[29] II. 51

[30] I. 9-17.

[31] Decharme, Mythologie de la Grèce Antique, p. 270.

[32] Das Wort guebra kommt von Cabiri (Gabiri), und bedeutet die persischen alten Feuerverehrer, oder Parsen. Die Kabiren wurden Gabiren und blieben dann als eine Benennung der Zoroastrier in Persien. (Siehe Hyde‘s De Religione Persarum, e. 291.)

[33] I. IX. 751.

[34] Siehe Macrob., Sat., I. III. c. 4 p. 376.

[35] Pausan., IX. 22; 5.

[36] Herodot, III. 37.