DER URSPRUNG DES SATANISCHEN MYTHOS.

Loten wir diese Schöpfung der kirchenväterlichen Phantasie noch tiefer und suchen wir ihr Vorbild bei den Heiden. Der Ursprung des neuen satanischen Mythos ist leicht zu verfolgen. Die Überlieferung von dem Drachen und der Sonne findet in jedem Teile der Welt, sowohl in ihren civilisierten, wie in ihren halbwilden Gegenden seinen Widerhall. Sie entstand in dem Geflüster über geheime Initiationen unter den Profanen, und wurde ehedem allgemein eingeführt durch die früher universale Religion der Sonnenverehrung. Es gab eine Zeit, da die vier Teile der Welt mit Tempeln bedeckt waren, die der Sonne und dem Drachen geweiht waren; aber der Kultus ist jetzt zumeist in China und in buddhistischen Ländern erhalten,

wobei Bel und der Drache rege1mäßig gepaart erscheinen, und der Priester der ophitischen Religion ebenso regelmäßig den Namen seines Gottes annimmt. [85]

Unter den Religionen der Vergangenheit müssen wir in Ägypten nach seinem westlichen Ursprung suchen. Die Ophiten übernahmen ihre Riten von Hermes Trismegistus, und die heliolatrische Verehrung mit ihren Sonnengöttern kam in das Land der Pharaonen aus Indien. In den Göttern von Stonehenge erkennen wir die Gottheiten von Delphi und Babylon wieder, und in jenen des letzteren die Devas der vedischen Nationen. Bel und der Drache, Apollo und Python, Krishna und Kâliya, Osiris und Typhon sind alle eins unter vielen Namen - deren letzte Michael und der rote Drache sind und St. Georg und sein Drache. Da Michael ,,einer wie Gott“ ist, oder sein ,,Doppelgänger“ für irdische Zwecke, und einer der Elohim ist, der kämpfenden Engel, so ist er somit einfach eine Permutation des Jehovah. Was immer das kosmische oder astronomische Ereignis gewesen sein mag, das zuerst die Allegorie von ,,Krieg im Himmel“ entstehen ließ, sein irdischer Ursprung muß in den Initiationstempeln und archaischen Krypten gesucht werden; und der Beweis dafür ist der, daß wir finden, daß (a) die Priester die Namen der Götter annahmen, denen sie dienten; (b) die ,,Drachen“ durch das ganze Altertum als die Symbole der Unsterblichkeit und Weisheit, der geheimen Erkenntnis und der Ewigkeit galten und (c) die Hierophanten von Ägypten, von Babylon und Indien sich gewöhnlich als die ,,Söhne des Drachen“ und ,,Schlangen“ bezeichneten, und so die Lehren der Geheimlehre bestätigten.

Es gab zahlreiche Katakomben in Ägypten und Chaldäa, von denen einige von sehr weiter Erstreckung sind. Die berühmtesten derselben waren die unterirdischen Krypten von Theben und Memphis. Die ersteren, beginnend an der westlichen Seite des Nil, erstrecken sich gegen die libysche Wüste, und waren als die Schlangenkatakomben oder Gänge bekannt. Dort wurden die heiligen Mysterien des Kyklos Anankês, des ,,unvermeidlichen Cyklus“, allgemein bekannt als der ,,Kreis der Notwendigkeit“, abgehalten; das unerbittliche Los, daß einer jeden Seele nach dem körperlichen Tode auferlegt war, nachdem sie in dem Gebiete der Amenti abgeurteilt worden war.


[85] Archeology, XXV, 220, London.