3. Die Wiederholung dieser archaischen Überlieferung findet sich im Kapitel XII der Offenbarung St. Johannis, und kommt ohne den geringsten Zweifel von den babylonischen Legenden, wiewohl die babylonische Geschichte ihrerseits ihren Ursprung in den Allegorien der Ârier hatte. Das von dem verstorbenen George Smith gelesene Bruchstück genügt, um die Quelle dieses Kapitels der Apokalypse aufzudecken. Hier ist es in der Wiedergabe des hervorragenden Assyriologen:

Unser . . . Bruchstück bezieht sich auf die Schöpfung der Menschheit, genannt Adam, wie (der Mensch) in der Bibel. Er ist vollkommen erschaffen, . . . aber später vereinigt er sich mit dem Drachen der Tiefe, dem Tiere Tiamat, dem Geiste des Chaos, und vergeht sich gegen seinen Gott, der ihn verflucht, und auf sein Haupt alle Übel und Mühsale der Menschheit herabruft. [100]
Auf dies folgt ein Kampf zwischen dem Drachen und den Kräften des Bösen oder Chaos auf der einen Seite und den Göttern auf der anderen.
Die Götter haben für sie geschmiedete Waffen [101] und Merodach (der Erzengel Michael in der Offenbarung) unternimmt es, die himmlische Schar gegen den Drachen zu führen. Der Krieg, der mit Geist beschrieben wird, endet natürlich mit dem Siege der Prinzipien der Guten. [102]

Dieser Krieg der Götter mit den Mächten der Tiefe bezieht sich auch in seiner letzten und irdischen Anwendung auf den Kampf zwischen den ârischen Adepten der entstehenden fünften Rasse und den Zauberern der Atlantis, den Dämonen der Tiefe, den von Wasser umgebenen Inselbewohnern, die in der Flut verschwanden.
Die Symbole des ,,Drachen“ und des ,,Streits im Himmel“ haben, wie bereits festgestellt, mehr als eine Bedeutung; religiöse, astronomische und geologische Ereignisse sind in der einen gemeinsamen Allegorie eingeschlossen. Aber sie hatten auch eine kosmologische Bedeutung. In Indien wiederholt sich die Drachengeschichte in einer ihrer Formen in den Kämpfen des Indra mit Vritra. In den Veden wird dieser Ahi-Vritra als der Dämon der Trockenheit, des schrecklichen heissen Windes bezeichnet. Indra wird als beständig im Kriege mit ihm liegend dargestellt; und mit Hilfe seines Donners und Blitzes zwingt der Gott den Ahi -Vritra‘ im Regen auf die Erde herabzuströmen, und erschlägt ihn sodann. Daher wird Indra der Vritra-han oder der ,,Töter des Vritra“ genannt, so wie Michael der Besieger und ,,Töter des Drachen“ genannt wird. Beide diese ,,Feinde“ sind dann der in die Tiefen der Erde geworfene Drache, in diesem einen Sinne.

Die Avestaischen Amshaspands sind eine Schar mit einem Führer gleich St. Michael über ihnen und scheinen mit den himmlischen Legionen identisch zu sein, nach dem Berichte im Vendîdâd zu urteilen. So wird in Fargard XIX dem Zarathushtra von Ahura Mazda aufgetragen, ,,die Amesha Spentas anzurufen, welche über die sieben Karshvares [103] der Erde herrschen“ [104] ; welche Karshvares in ihren sieben Anwendungen sich gleichermaßen auf die sieben Sphären unserer Planetenkette, auf die sieben Planeten, die sieben Himmel u. s. w. beziehen, je nachdem der Sinn auf eine physische, überweltliche oder einfach irdische Welt angewendet ist. Im selben Fargard wendet sich Zarathushtra in seiner Anrufung gegen Angra Mainyu und seine Schar an sie mit folgenden Worten: ,,Ich rufe an die sieben hellen Sravah mit ihren Söhnen und ihren Herden.“ [105] Die „Sravah“ - ein Wort, das die Orientalisten als eines ,,von ungekannter Bedeutung“ aufgegeben haben - bedeutet dieselben Amshaspands, aber in ihrer höchsten occulten Bedeutung. Die Sravah sind die Noumenoi der phänomenalen Amshaspands, die Seelen oder Geister jener geoffenbarten Kräfte; und ,,ihre Söhne und ihre Herden“ beziehen sich auf die Planetenengel und auf ihre siderischen Herden von Sternen und Konstellationen. ,,Amshaspand“ ist der bloß in irdischen Verbindungen und Angelegenheiten gebrauchte exoterische Ausdruck. Zarathushtra spricht Ahura Mazda beständig an als den ,,Schöpfer der materiellen Welt“. Ormazd ist der Vater unserer Erde (Spenta Ârmaiti), welche, wenn personifiziert, bezeichnet wird als ,,die schöne Tochter des Ahura Mazda“ [106] welcher auch der Schöpfer des Baumes (der occulten und geistigen Erkenntnis und Weisheit) ist, von dem das mystische und geheimnisvolle Baresma gewonnen wird. Aber der occulte Name des hellen Gottes wurde niemals außerhalb des Tempels ausgesprochen.


 

[100] Kein „Gott“ - heiße er nun Bel oder Jehovah - der sein (angebliches) eigenes Werk verflucht, weil er es unvollkommen gemacht hat, kann die Eine Unendliche Absolute Weisheit sein.

[101] In der indischen Allegorie des Târakâmaya, des Krieges zwischen den Göttern und den Asuras, an deren Spitze Soma (der Mond, der König der Pflanzen) stand, ist es Vishvakarmâ, der Handwerker der Götter, welcher, wie Vulkan (Tubal-Cain), ihnen ihre Waffen schmiedet.

[102] Chaldean Account of Genesis, p. 304. Wir haben anderwärts gesagt, daß das ,,Weib in Kindernöten“ der Offenbarung Aima war, die Große Mutter, oder Binah, die dritte Sephira, ,,deren Name Jehovah ist“; und daß der ,Drache“, welcher ihr hervorkommendes Kind (das Weltall) zu verschlingen sticht, der Drache der Absoluten Weisheit ist - jener Weisheit, welche die Nichtgetrenntheit des Weltalls und alles in ihm enthaltenen von dem Absoluten ALL erkennend in ihm nichts Besseres sieht als die große Täuschung Mahâmâyâ, somit die Ursache des Elends und Leidens.

[103] Die ,,sieben Karshvares der Erde“ - die sieben Sphären unserer Planetenkette, die sieben Welten, die auch im Rig Veda erwähnt sind, werden anderwärts ausführlich besprochen. Es giebt sechs Râjamsi (Welten) über Prithivî, der Erde, oder „dieser“ (idâm), im Gegensatze zu dem, welches ist jenes (die sechs Kugeln auf den drei anderen Ebenen). (Siehe Rig Veda, I. 34; III. 56; VII. 10411 und V. 60, 6.)

[104] Darmesteter‘s Übers., „Sacred books of the East“, Bd. IV. p. 207.

[105] Ebenda, p. 217.

[106] Ebenda, p. 208.