Nun standen und stehen noch die Orientalisten hier vor dem Rätsel der Sphinx, dessen irrtümliche Lösung für immer ihre Autorität - wenn nicht ihre Personen - in den Augen eines jeden indischen Gelehrten vernichten wird, sei er nun ein Initiierter oder nicht. Denn es giebt keinen Satz in den Purânen - auf deren widerspruchsvolle, Einzelheiten Wilford seine Spekulationen begründete - der nicht verschiedene Bedeutungen hat, und nicht sowohl auf die physische, als auch auf die metaphysische Welt sich bezieht. Wenn die alten Inder die Erdoberfläche geographisch in sieben Zonen, Klimate, Dvîpas, und allegorisch in sieben Hüllen und sieben Himmel einteilten, so bezog sich das Maß von sieben nicht in beiden Fällen auf dieselben Örtlichkeiten. Nun ist der Nordpol, das Land des ,,Meru“, die siebente Abteilung, da er dem siebenten Prinzip (oder metaphysisch dem vierten) der occulten Berechnung entspricht. Er repräsentiert die Region von Âtma, der reinen Seele und Geistigkeit. Daher wird Pushkara als die siebente Zone oder Dvîpa gezeigt, das den Kshîra Ozean, oder das Milchmeer (die immer gefrorene weiße Region) im Vishnu und anderen Purânen umgiebt. [166] Und Pushkara mit seinen zwei Varshas liegt unmittelbar am Fuße des Meru. Denn es heißt:

Die zwei Länder nördlich und südlich des Meru sind wie ein Bogen geformt, . . . (und) eine Hälfte der Erdoberfläche liegt südlich vom Meru und die andere Hälfte nördlich vom Meru - jenseits dessen die Hälfte von Pushkara ist.

Geographisch ist also Pushkara Amerika, das nördliche- und südliche; und allegorisch ist es die Verlängerung von Jambu-dvîpa, [167] in dessen Mitte der Meru steht, denn es ist das Land, das von Wesen bewohnt ist, die zehntausend Jahre leben, die frei sind von Krankheit oder Mangel; wo es weder Tugend noch Laster giebt, weder Kaste noch Gesetze, weil diese Menschen ,,von derselben Natur wie die Götter“ sind. [168] Wilford ist geneigt, Meru im Berge Atlas zu sehen, und verlegt dorthin auch den Lokâloka. Nun wird Meru, der, wie uns gesagt wird, der Svar-loka ist, der Aufenthalt des Brahmâ, des Vishnu, und der Olymp der indischen exoterischen Religionen, geographisch beschrieben als ,,durch die Mitte der Erdkugel hindurchgehend und auf beiden Seiten hervortretend“. [169] An seinem oberen Punkte sind die Götter. am niederen oder am Südpole ist der Aufenthalt der Dämonen (die Höllen). Wie kann also Meru der Berg Atlas sein? Abgesehen davon kann Târadaitya, ein Dämon, nicht in die siebente Zone versetzt werden, wenn die letztere mit der weißen Insel identifiziert wird, welche Sveta-dvîpa ist, aus Gründen, die oben in einer Fußnote gegeben sind.
Wilford klagt die modernen Brahmanen an, ,,sie (die Inseln und Länder) durcheinandergeworfen zu haben“; aber er selbst hat sie noch mehr durcheinandergeworfen. Weil das Brahmânda und das Vâyu Purâna den alten Kontinent in sieben Dvîpas teilen, welche von einem weiten Ozean umgeben sein sollen, hinter welchem die Gebiete und Berge von Atala liegen, so glaubt er:
Höchst wahrscheinlich hatten die Griechen von da ihre Vorstellung von der berühmten Atlantis her, welche, da sie, nachdem sie einmal entdekt worden, nicht mehr gefunden werden konnte, nach ihrer Anschauung durch irgend eine natürliche Umwälzung zerstört worden war. [170]
Da wir gewisse Schwierigkeiten darin finden, zu glauben, daß die ägyptischen Priester, Plato und sogar Homer alle ihre Vorstellungen von Atlantis auf Atala begründet haben - eine niedere Region, die am Südpol gelegen war - so ziehen wir es vor, uns an die in den heiligen Büchern gegebenen Behauptungen zu halten. Wir glauben an die sieben Kontinente, von denen vier bereits ihre Zeit gelebt haben, der fünfte noch besteht. und zwei in der Zukunft erscheinen sollen. Wir glauben, daß in jeder von diesen nicht streng genommen ein Kontinent im modernen Sinne des Wortes ist, sondern daß sich ein jeder Name, von Jambu bis herab auf Pushkara [171] , auf die geographischen Namen bezieht, die gegeben sind (I) den trockenen Ländern, welche die Oberfläche der ganzen Erde während der Periode einer Wurzelrasse im allgemeinen bedecken; (II) dem, was von diesen nach einem geologischen Rassenpralaya übrigblieb, wie z. B. Jambu; und (III) jenen Örtlichkeiten, welche nach zukünftigen Umwälzungen in die Bildung neuer universaler Kontinente, Halbinseln oder Dvîpas eintreten werden [172] - indem ein jeder Kontinent in einem Sinne ein größeres oder kleineres Gebiet trockenen Landes ist, das von Wasser umgeben ist Was immer für ein ,,Durcheinander“ die Namengebung derselben somit für den Profanen darstellen mag, für den, der den Schlüssel hat, ist thatsächlich keines vorhanden.


[166] a. a. O., ebenda, p. 201.

[167] Jeder Name in den Purânen muß zum mindesten unter zwei Aspekten, geographisch und metaphysisch, untersucht werden, in seiner allegorischen Anwendung; z.B. muß Nîla, der (blaue) Berg, welcher einer der Grenzen gegen Norden des Meru ist, wiederum geographisch in einer Bergkette in Orissa gesucht werden, und auch wieder in einem Berge, der von den übrigen ganz verschieden ist, in Westafrika. Jambu-dvîpa ist Vishnus Bereich - die Welt, die in den Purânen auf unsere Erdkugel beschränkt ist, die Region, welche den Meru allein enthält, und anderseits wird er so eingeteilt, daß er Bharata-varsha (Indien) enthält, seine beste Abteilung, und die schönste, wie Parâshara sagt. Das Gleiche gilt von Pushkara und allen andern.

[168] Ebenda, p. 202.

[169] Sûrya Siddhânta, Whitneys Übers., v. 5.

[170] Asiatic Researches, III. 300.

[171] Jambu, Plaksha, Shâlmali, Kusha, Krauncha, Shâka und Pushkara

[172] So wie z. B. Shâka und Pushkara, welche noch nicht existieren, aber in die solche Länder eintreten werden, wie einige Teile von Amerika, von Afrika und Centralasien mit der Gobiregion. Halten wir uns vor Augen, daß Upadvîpas ,,Wurzel“-Inseln, oder das trockene Land im allgemeinen bedeuten.