Das ist Philosophie. Es ist anders, wenn wir den Rabbi in Al-Chazari sagen finden:

Unter s´ph-r ist zu verstehen - Berechnung und Wägen der geschaffenen Körper. Denn die Berechnung, mit Hilfe derer ein Körper in Harmonie oder Symmetrie konstruiert, durch welche er in der Konstruktion recht angeordnet und auf dem Gegenstande, wie er geplant ist, entsprechend gemacht werden muß, besteht schließlich aus Zahl, Ausdehnung, Maße, Gewicht; - koordiniertes Verhältnis von Bewegungen, sodann Harmonie der Musik, müssen ganz und gar aus Zahl, das ist s´ph-r, bestehen. . . .  Unter Sippor (s´phor) sind zu verstehen die Worte von Alhim (206-1 von 31415 zu eins), wozu sich der Plan dem Rahmen oder der Form der Konstruktion vereint oder anpaßt; zum Beispiel - es wurde gesagt, „es werde Licht.“ Das Werk geschah, indem die Worte gesprochen  wurden, das ist, indem die Zahlen des Werkes hervorkamen. [51]

Das heißt das Geistige ohne Skrupel vermaterialisieren. Aber die Kabbalah war nicht immer den anthropo-monotheistischen Begriffen so wohl angepaßt. Vergleiche dies mit irgend einem der sechs Schulen von Indien. Zum Beispiel in Kapilas Sânkhya Philosophie bleibt, wenn nicht allegorisch gesprochen Purusha auf die Schultern von Prakriti steigt, die letztere unvernünftig, während der erstere ohne sie unthätig bleibt. Daher muß die Natur (im Menschen) ein Zusammengesetztes aus Geist und Stoff werden, bevor er zu dem wird, was er ist; und der im Stoffe verborgene Geist muß stufenweise zu Leben und Bewußtsein erweckt werden. Die Monade hat durch ihre mineralische, pflanzliche und tierische Form hindurchzugehen, bevor das Licht des Logos im tierischen Menschen erweckt wird. Deshalb kann bis dahin der letztere nicht als „Mensch“ bezeichnet werden, sondern ist als eine in immer welchselnde Formen eingekerkerte Monade zu betrachten. Entwicklung, nicht Schöpfung mit Hilfe von Worten wird in den Philosophieen des Ostens, selbst in ihren exoterischen Aufzeichnungen, anerkannt. Ex oriente lux. Sogar der Name des ersten Menschen in der mosaischen Bibel hatte seinen Ursprung in Indien, trotz Professor Max Müllers Verneinung. Die Juden erhielten ihren Adam von Chaldäa; und Adam-Adami ist ein zusammengesetztes Wort und daher ein mannigfaltiges Symbol, und beweist die occulten Dogmen.

Es ist dies kein Ort für philologische Untersuchungen. Aber der Leser möge daran erinnert sein, daß die Worte Ad und Adi im Sanskrit der „erste“ bedeuten; im Aramäischen „ein“ (Ad-ad, der „einzige“); im Assyrischen „Vater“, woher Ak-ad oder „Vater-Schöpfer“. [52] Und sobald einmal die Behauptung als richtig befunden wird, wird es ziemlich schwer, Adam auf die mosaische Bibel allein zu beschränken und darin einfach einen jüdischen Namen zu sehen.
Es besteht eine häufige Verwirrung in den Attributen und Genealogieen der Götter in ihren Theogonieen, dem Alpha und dem Omega der Aufzeichnungen dieser symbolischen Wissenschaft, wie sie der Welt von den halbinitiierten brâhmanischen und biblischen Schriftstellern gegeben sind. Doch konnte eine solche Verwirrung nicht durch die frühesten Nationen, die Abkömmlinge und Schüler der göttlichen Unterweiser angerichtet worden sein; denn sowohl Attribute wie Genealogieen waren untrennbar verknüpft mit kosmogonischen Symbolen, indem die „Götter“ das Leben und das lebengebende „Seelenprinzip“ der verschiedenen Regionen des Weltalls sind. Nirgends und bei keinem Volke wurde der Spekulation gestattet, über diese geoffenbarten Götter hinaus zu schweifen. Die schrankenlose und unendliche Einheit bliebt für jede Nation ein jungfräulicher verbotener Boden, unbetreten von den Gedanken des Menschen, unberührt von fruchtloser Spekulation. Die einzige Bezugnahme auf sie lag in der einfachen Vorstellung von ihrer diastolischen und systolischen Eigenschaft, von ihrer periodischen Ausdehnung oder Erweiterung, und Zusammenziehung. In dem Weltalle mit allen seinen unzähligen Myriaden von Systemen und Welten, die in Ewigkeit verschwinden und wiedererscheinen, mußten die anthropomorphisierten Kräfte oder Götter, ihre Seelen, mit ihren Körpern aus dem Sehkreise verschwinden. Wie unser Katechismus sagt:

Der Atem, welcher zurückführt in den ewigen Busen, der sie ausatmet und einatmet.“

Die ideale Natur, der abstrakte Raum, in welchem alles im Weltalle Befindliche geheimnisvoll und unsichtbar erzeugt wird, ist dieselbe weibliche Seite der zeugenden Kraft in der Natur, in der vedischen, sowie in jeder anderen Kosmogonie. Aditi ist Sephira, und die Sophia der Gnostiker, und Isis, die jungfräuliche Mutter des Horus. In jeder Kosmogonie steht hinter der „schöpferischen“ Gottheit, und höher als diese, eine Höhere Gottheit, ein Planer, ein Baumeister, von dem der Schöpfer bloß der ausführende Agent ist. Und noch höher, darüber und rundumher, innen und außen, ist das Unerkennbare und das Unbekannte, die Quelle und Ursache aller dieser Emanationen.


[51] Ebenda, p. 14.

[52] Die Bezeichnung Ak-ad (oder Akkadier) gehört derselben Klasse an wie Ad-m, Ha-va (Eva), Aeden (Eden); Ak-Ad bedeutet „Sohn des Ad“, wie die Söhne des Ad im alten Arabien. Ad-ad, der „einzige“ und der „erste“ war der Ad-on oder „Herr“ von Syrien und Gatte der Ad-ar-gat oder Aster´t, der asyrischen Göttin. Und Gan-Aeden (Eden) oder Ganudia war Babylonien und Mesopotamien. Im Assyrischen bedeutete Ak Schöpfer, wobei der Buchstabe k guttural kh (ah) ausgesprochen wurde. Nach Swedenborgs Mysticismus war Adam nicht ein Mensch, sondern eine Kirche (?) ursprünglichen Lichtes. In den Veden ist Aditi das ursprüngliche Licht, der Âkâsha der Erscheinungswelt.