„Wer wird auf des Herrn Berg (die hohe Stätte) gehen?“ fragte der heilige König David, „und wer wird stehen an der Stätte seiner Kadushu ([korrekter Abdruck siehe Buch])?“ [3] Kadesh kann in einem Sinne bedeuten: „weihen“, „heiligen“, „für heilig erklären“, und selbst „initiieren“ oder „absondern“; aber es bedeutet auch den Dienst lasciver Riten - die Venusverehrung - und die richtige Auslegung des Wortes Kadesh ist ungeschminkt wiedergegeben im Deuteronomium, XXIII, 17; Hosea, IV, 14; und Genesis, XXXVIII, 15-22. Die „heiligen“ Kadeshim der Bibel waren den Pflichten ihres Amtes nach dasselbe, wie die Nautch-Mädchen der späteren indischen Pagoden. Die hebräischen Kadeshim, oder Gallli, lebten „an dem Hause des Herrn, darinnen die Weiber wirkten Häuser zum Hain,“ oder für die Büste der Venus-Astarte. [4]

Der von David rund um die Bundeslade geführte Tanz war der „Kreistanz“, der von den Amazonen für die Mysterien vorgeschrieben sein soll. Dergestalt war der Tanz der Töchter Silos, [5] und das Hinken der Propheten des Baal. [6] Er war einfach ein Merkmal des sabäischen Dienstes, denn er bedeutete die Bewegung der Planeten rund um die Sonne. Daß der Tanz eine bacchische Raserei war, ist augenscheinlich. Sistren wurden bei der Gelegenheit gebraucht, und der Spott der Michal und die Antwort des Königs sind sehr bezeichnend. [7]

Die Arche, in der die Keime aller lebendigen Dinge, die zur Wiederbevölkerung der Erde notwendig sind, aufbewahrt sind, repräsentiert das Überleben des Lebens, und die Obergewalt des Geistes über die Materie, durch den Widerstreit der sich gegenüberstehenden Kräfte der Natur. In der astrotheosophischen Karte des westlichen Ritus entspricht die Arche dem Nabel, und ist auf die linke Seite versetzt, die Seite des Weibes (des Mondes), wovon ein Symbol der linke Pfeiler von Solomon`s Tempel - Boaz - ist. Der Nabel ist (durch die Placenta) mit dem Aufnahmeort verbunden, in welchem die Embryonen der Rasse befruchtet werden. Die Arche ist die heilige Argha der Hindûs, und so kann die Beziehung, in welcher sie zu Noahs Arche steht, leicht gefolgert werden, wenn wir erfahren, daß die Argha ein längliches Gefäß war, das von den Hohenpriestern als ein Opferkelch in dem Dienste der Isis, Astarte, und Venus-Aphrodite benützt wurde, welche alle Göttinnen der Fortpflanzungskräfte  der Natur oder der Materie waren - und daher symbolisch die Arche, welche die Keime aller lebenden Dinge enthält, darstellte. [8]

Im Irrtum ist jener, der die kabbalistischen Werke von heute und die Auslegungen des Zohar durch die Rabbiner für die echte kabbalistische Lehre des Altertums hält! [9] Denn heutzutage in keinem höheren Maße als zur Zeit des Friedrich von Schelling enthält die Europa und Amerika zugängliche Kabbalah von viel mehr als

Ruinen und Bruchstücke, stark entstellte Überreste noch von jenem ursprünglichen System, welches der Schlüssel zu allen religiösen Systemen ist. [10]

Das älteste System und die chaldäische Kabbalah waren identisch. Die spätesten Wiedergaben des Zohar sind jene der Synagoge in den frühen Jahrhunderten - d.i. die dogmatische und unnachgiebige Thorah (oder Gesetz).

Die „Königskammer“ in der Cheopspyramide ist somit ein ägyptisches „Allerheiligstes“. Zur Zeit der Initiationsmysterien mußte der Kandidat, welcher den Sonnengott darstellte, in den Sarkopharg hinabsteigen und den Energie verleihenden Strahl darstellen, welcher in den fruchtbaren Schoß der Natur eintritt. Am folgenden Morgen aus demselben wieder hervorgehend versinnbildlichte er die Auferstehung des Lebens nach der Veränderung, welche Tod genannt wird. In den Großen Mysterien dauerte sein sinnbildlicher „Tod“ zwei Tage, worauf er sich mit der Sonne am dritten Morgen erhob, nach einer letzten Nacht der grausamsten Prüfungen. Während der Suchende die Sonne darstellte - das alles belebende Gestirn, das jeden Morgen „wieder aufersteht“ , bloß um allen Leben zu verleihen - war der Sarkophag symbolisch für das weibliche Prinzip. Dies in Ägypten; seine Form und Gestalt änderte sich mit jedem Lande, nur daß es ein Gefäß blieb, eine symbolische „navis“ oder bootförmiger Träger, und symbolisch ein „Enthalter“ der Keime oder des Keimes des Lebens. In Indien ist es die „goldene“ Kuh, durch welche der Anwärter auf das Brahmanentum hindurchzugehen hat, wenn er ein Brâhmane zu sein und ein Dvi-ja, ein „zum zweiten Male Geborener“ zu werden begehrt. Die mondsichelförmige Argah der Griechen war das Sinnbild der Himmelskönigin - der Diana oder des Mondes. Sie war die Große  Mutter aller Existenzen, so wie die Sonne der Vater war. Sowohl vor, als auch nach ihrer Umwandlung des Jehovah in einen männlichen Gott verehrten die Juden die Astoreth, was Jesaja zu der Erklärung veranlaßte: „Meine Seele ist feind euren Neumonden und Jahrzeiten“, [11] mit welcher Bemerkung er offenbar ungerecht war. Astoreth und die Festlichkeiten des Neumondes (der zunehmenden Argha) hatten als eine Form öffentlichen Dienstes keine schlechtere Bedeutung, als der verborgene Sinn des Mondes im allgemeinen, welcher kabbalistisch unmittelbar mit Jehovah verknüpft und ihm geweiht war, wie wohl bekannt ist; mit dem einzigen Unterschiede jedoch, daß der eine der weibliche und der andere der männliche Aspekt des Mondes und des Sternes Venus war.

Die Sonne (der Vater), der Mond (die Mutter) und Merkur-Thoth (der Sohn) waren die älteste Dreieinigkeit der Ägypter, die sie in Osiris, Isis und Thoth (Hermes) personifizierten. In dem gnostischen Evangelium Pistis Sophia sind die  sieben großen Götter, welche in zwei Dreiheiten und den höchsten Gott (die Sonne) eingeteilt werden, die niederen dreifachen Kräfte ([korrekter Abdruck siehe Buch]), deren Kräfte beziehungsweise in Mars, Merkur und Venus residieren; und die höhere Dreiheit - die drei „unsichtbaren Götter“, welche in Mond, Jupiter und Saturn wohnen. [12]


[3] Psalter, XXIV. 3.

[4] II. Könige, XXIII, 7; siehe Dunlap, Sôd; The Mysteries of Adoni, p. 41

[5] Richter, XXI. 21, 23 und mehrfach.

[6] I. Könige, XVIII. 26.

[7] Isis Entschleiert, II. 49.

[8] Ebenda, II. 444

[9] Der Verfasser der Qabbalah macht verschiedene Versuche,das hohe Alter des Zohar überzeugend zu beweisen. So führt er den Nachweis, daß Moses de Leon nicht der Verfasser oder der Fälscher der zoharischen Werke im dreizehnten Jahrhunderte gewesen sein kann, wie er beschuldigt wird, da Ibn Gebirol dieselbe philosophische Lehre 225 Jahre vor der Zeit des Moses de Leon herausgab. Kein wahrer Kabbalist oder Gelehrter wird jemals die Thatsache leugnen. Es ist sicher, daß Ibn Gebriol seine Lehren auf die ältesten kabbalistischen Quellen begründete, nämlich auf das chaldäische Buch der Zahlen, sowie auf einige nicht mehr existierende Midrashim, dieselben ohne Zweifel, wie die von Moses de Leon benützten. Aber gerade der Unterschied zwischen beiden Arten, die gleichen esoterischen Gegenstände zu behandeln, deutet - während es zwar das außerordentliche Alter des esoterischen Systems beweist - auf eine ausgesprochene  Färbung talmudistischer und christlicher Sektiererei in der Kompilation und den Glossaren des zoharischen Systems durch Rabbi Moses. Ibn Gebirol citierte niemals aus den Schriften, um seine Lehren zu bekräftigen (Myer`s Qabbalah, p. 7). Hingegen macht Moses de Leon den Zohar zu dem, was er bis zum heutigen Tage geblieben ist, zu „einem laufenden Kommentar zu den Fünf Büchern oder Pentateuch“ (ebenda), mit ein paar späteren Zusätzen, die von christlichen Händen gemacht wurden. Der eine folgt der archaischen esoterischen Philosophie, der andere nur jenem Teile, der den von Estra wiederhergestellten verlorenen Büchern des Moses angepaßt war. Während somit das System, oder der Stamm, auf den der erste urprüngliche Zohar aufgepfropft war, von unermeßlichem Alter ist, sind viele von den (späteren) zoharischen Schößlingen stark gefärbt durch die besonderen Ansichten, die vertreten wurden von christlichen (syrischen und chaldäischen) Gnostikern, den Freunden und Mitarbeitern des Moses de Leon, welcher, wie von Munk gezeigt wurde, ihre Auslegungen annahm.

[10] Siehe Franck`s Kabbala, Vorrede

[11] I. 14.

[12] Siehe Schwartze, a.a.O., pp. 359, 361ff.