3. DA SPRACH DER HERR DES STRAHLENDEN ANGESICHTES: „ICH WERDE DIR EIN FEUER SENDEN, WENN DEIN WERK BEGONNEN IST. ERHEBE DEINE STIMME ZU ANDEREN LOKAS; WENDE DICH AN DEINEN VATER, DEN HERRN DES LOTUS [55] , (a) UM SEINE SÖHNE . . . . . DEIN VOLK SOLLE UNTER DER HERRSCHAFT DER VÄTER [56] SEIN. DEINE MENSCHEN WERDEN STERBLICHE SEIN. DIE MENSCHEN DES HERRN DER WEISHEIT [57] , NICHT DIE SÖHNE DES SOMA [58] , SIND UNSTERBLICH. LASS AB VON DEINEN KLAGEN (b). DEINE SIEBEN HÄUTE SIND NOCH AUF DIR . . . DU BIST NICHT BEFREIT. DEINE MENSCHEN SIND NICHT BEFREIT (c).

(a) Kumuda-Pati ist der Mond, der Vorfahr der Erde, in seiner Region der Soma-loka. Obwohl die Pitris oder Väter Söhne der Götter sind, anderwärts Söhne des Brahmâ oder selbst der Rishis, sind sie allgemein bekannt als die Mondvorfahren.
(b) Pitri-Pati ist der Herr oder König der Pitris. Yama, der Gott des Todes und der Richter der Sterblichen. Die Menschen des Budha, des Merkur, sind metaphorisch „unsterblich“ durch ihre Weisheit. So ist der gemeinsame Glaube jener, welche jedem Sterne oder Planeten die Bewohntheit zuschreiben - und es giebt Männer der Wissenschaft, Herrn Flammarion unter anderen, welche lebhaft daran glauben, auf Grund logischer sowohl astronomischer Daten. Da der Mond ein niedriger stehender Körper ist - sogar der Erde gegenüber, geschweige von anderen Planeten, so können die von seinen Söhnen - den Mondmenschen oder Mondvorfahren - aus seiner Schale oder seinem Körper hervorgebrachte irdische Menschen nicht unsterblich sein. Sie können nicht hoffen, wirkliche, selbstbewußte und intelligente Menschen zu werden, wenn sie nicht sozusagen „fertiggestellt werden“ von den anderen Schöpfern. So ist in der purânischen Legende der Sohn des Mondes (des Soma) Budha (Merkur), der Intelligente und der Weise, weil er der Sproß ist von Soma, dem Regenten des sichtbaren Mondes, nicht von Indu, dem physischen Monde. Somit ist Merkur der ältere Bruder der Erde, metaphysisch - ihr Stiefbruder, sozusagen. Der Sproß des Geistes - während sie (die Erde) der Sproß des Körpers ist. Diese Allegorien haben eine tiefere und wissenschaftlichere Bedeutung - astronomisch und geologisch - als unsere modernen Physiker zuzugestehen Willens sind. Der ganze Cyklus des ersten „Streites im Himmel“, des Târakâ-maya, ist ebenso voll an philosophischen, wie an kosmogonischen und astronomischen Wahrheiten. Man kann darin die Lebensbeschreibung aller Planeten  in der Geschichte ihrer Götter und Beherrscher verfolgen. Ushanas (Shukra, oder Venus), der Busenfreund des Soma und der Feind des Brihaspati (Jupiter), des „Unterweisers der Götter“, dessen Weib Târâ oder Tarakâ entführt worden war von dem Monde, von Soma - „welcher mit ihr den Budha erzeugte“ - nahm auch thätigen Anteil in diesem Kriege gegen die „Götter“ und wurde sofort zu einer dämonischen (Asura) Gottheit degradiert, und das blieb er bis zum heutigen Tage. [59]
Hier bezieht sich das Wort „Menschen“ auf die himmlischen Menschen, oder auf das, was man in Indien die Pitaras oder Pitris nennt, die Väter, die Vorfahren der Menschen. Dies beseitigt nicht die angesichts der modernen Hypothesen bestehende scheinbare Schwierigkeit der Lehre, welche zeigt, daß diese Vorfahren oder Ahnen die ersten menschlichen Adama aus ihren Seiten als astrale Schatten erschaffen. und obwohl es eine Verbesserung ist gegenüber der Rippe Adams, so werden doch noch geologische und klimatische Schwierigkeiten vorgebracht werden. So jedoch ist die Lehre des Occultismus.
(c) Der Organismus des Menschen war in einer jeden Rasse seinen Umgebungen angepaßt. Die erste Wurzelrasse war ebenso ätherisch, wie die unsere materiell ist. Die Nachkommenschaft der sieben Schöpfer, welche die sieben ursprünglichen Adame evolvierten [60] , bedurfte sicherlich keiner gereinigten Gase zum Atmen und Leben. Daher behauptet der Occultist, wie sehr auch die Unmöglichkeit dieser Lehre von den Verehrern der modernen Wissenschaft mit Nachdruck vertreten werden mag, das sich der Fall, wie dargestellt, Aeonen von Jahren, sogar vor der Entwicklung des Lemuriers, des ersten körperlichen Menschen, welche vor 18 000 000 Jahren stattfand, zugetragen hat.
Die archaischen Schriften lehren, daß am Beginne eines jeden lokalen Kalpas, oder Runde, die Erde wiedergeboren wird, und die vorläufige Entwicklung wird in einem der Bücher des Dzyan und den Kommentaren dazu wie folgt beschrieben:

„Wie der menschliche Jîva (Monade), wenn er in einen neuen Schoß eintritt, mit einem neuen Körper wiederbedeckt wird, so auch der Jîva der Erde; er bekommt mit jeder Runde eine vollkommenere und festere Bedeckung, nachdem er aufs neue aus dem Schoße des Raumes in die Gegenständlichkeit aufgetaucht ist.“

Dieser Vorgang ist natürlich von den Wehen der neuen Geburt, oder von geologischen Umwälzungen begleitet.
Die einzige Bezugnahme hierauf ist enthalten in einem Verse des Bandes vom Buche des Dzyan, wo derselbe sagt:

4. NACH GROSSEN WEHEN WARF SIE [61] IHRE ALTEN DREI AB UND ZOG IHRE NEUEN SIEBEN HÄUTE AN; UND STAND DA IN IHRER ERSTEN:

Dies bezieht sich auf das Wachstum der Erde, indem in der Strophe, welche von der ersten Runde handelt, im Kommentar gesagt wird:

„Nachdem die wendellose (Avikâra) unveränderliche Natur (Wesenheit, Sadaikarûpa) erwacht war und sich in (einen zustand von) Kausalität (Avyakta) verwandelt (differentiiert) hatte, und aus einer Ursache (Kârana) zu ihrer eigenen abgesonderten Wirkung (Vyakta) geworden war, wurde sie aus einer unsichtbaren zu einer sichtbaren. Das Kleinste der Kleinen (das atomitischeste der Atome; oder anîyasâm anîyâsâm) wurde zum Einen und den Vielen (Ekânekarûpa); und indem es das Weltall hervorbrachte, brachte es auch hervor den vierten Loka (unsere Erde) in dem Blumengewinde der sieben Lotusse. Das Achyuta wurde dann zum Chyuta.“ [62]

Es heißt von der Erde, daß sie „ihre alten drei“ Häute abwarf, weil sich dies auf die drei vorhergehenden Runden bezieht, durch welche sie bereits hindurchgegangen ist; die gegenwärtige ist die Vierte Runde unter den sieben. Beim Beginne einer jeden neuen Runde, nach einer Periode der Verdunkelung, wirft die Erde - so wie es auch die anderen sechs „Erden“ thun - ihre alten Häute ab, oder man vermutet, daß sie dieselben abwirft, so wie es die Schlange thut; daher wird sie in dem Aitareya-Brâhmana die Sarpa-Râjnî, die „Königin der Schlangen“ genannt, und, „die Mutter von allem, was sich bewegt.“ Die „sieben Häute“, in deren erster sie jetzt steht, beziehen sich auf die sieben geologischen Veränderungen, welche die Entwicklung der sieben Wurzelrassen der Menschheit begleiten und mit ihr korrespondieren.
Strophe II, welche von dieser Runde spricht, beginnt mit einigen Worten, welche in betreff des Alters unserer Erde Aufschluß geben. Die Chronologie wird an entsprechender Stelle gegeben werden. In dem der ersten Strophe beigegebenen Kommentare werden zwei Persönlichkeiten erwähnt, Nârada und Asuramaya, insbesondere der letztere. Alle Berechnungen werden dieser archaischen Celebrität zugeschrieben; und das folgende wird den Lesern mit einigen dieser Zahlen oberflächlich bekannt machen.


[55] Kumuda-Pati.

[56] Pitri-Pati.

[57]Budha, Merkur.

[58] Des Mondes.

[59] Ushanas-Shukra, oder Venus, ist unser natürlicher Lucifer, der Morgenstern. Der Sinnreichtum dieser Allegorie in ihren mannigfaltigen Bedeutungen ist in der That groß. So ist Brihaspati (der Planet Jupiter), oder Brahmanaspati im Rig Veda eine Gottheit, welche das Symbol und das Vorbild der exoterischen oder ritualistischen Verehrung ist. Er ist der Priester, Opferer, Bittflehende, und das Mittel, durch welches die Gebete der Sterblichen die Götter erreichen. Er ist der Purohita (Hauspriester oder Hotkaplan) des indischen Olymps und der geistliche Guru der Götter. Soma ist der Mysteriengott und steht der mystischen und occulten Natur im Menschen und im Weltalle vor. Târâ, das Weib des Priesters, welche den Verehrenden symbolisiert, zieht die esoterischen Wahrheiten ihrer bloßen Schale, der Exoterik vor; daher wird sie als von Soma fortgetragen dargestellt. Nun ist Soma der heilige Saft des Namens, welcher mystische Visionen und Tranceoffenbarungen verleiht, eine Vereinigung, deren Resultat Budha (Weisheit), Merkur, Hermes u. s. w. ist; kurz gesagt jene Wissenschaft, welche von den Brihaspatis der Theologie bis zum heutigen Tage als teuflisch und satanisch ausgeschrieen wird. Was Wunder, wenn wir finden, daß bei der Ausbreitung des Kreises dieser Allegorie die christliche Theologie sich des Streites der indischen Götter eifrig annimmt, und den Ushanas (Lucifer), welcher dem Soma gegen jene alte Personification ritualistischer Verehrung (Brahmanaspati, den Herrn der Brâhmanen, jetzt zu Jupiter-Jehovah geworden) zu Hilfe kam, als Satan., als den „Feind Gottes“ betrachtet!

[60] Wie anderwärts gezeigt, ist es nur der Himmlische Mensch, Adam-Kadmon, des ersten Kapitels der Genesis, welcher „Gott zum Bilde und Gleichnis“ gemacht wird. Von dem Adam des zweiten Kapitels heißt es nicht, daß er nach diesem Bilde oder nach dem Gleichnisse gemacht sei, bevor er nicht von der verbotenen Frucht gegessen hatte. Der erstere Adam ist die sephirothische Schar; der zweite Adam ist die gemütlose erste menschliche Wurzelrasse; der dritte Adam ist die Rasse, welche sich spaltete, deren Augen geöffnet sind.

[61] Die Erde.

[62] Achyuta ist ein nahezu unübersetzbarer Ausdruck. Er bedeutet das, was dem Falle oder dem Wandel zum Schlechteren nicht unterworfen ist: das Nichtfallende; und ist der Gegensatz zu Chyuta, dem Gefallenen. Die Dhyânîs, welche sich in den menschlichen Formen der dritten Wurzelrasse inkarnieren und diese mit Intellekt (Manas) begaben, werden die Chyuta genannt, weil sie in die Zeugung fallen.