Der beste Beweis, den man christlichen Theologen dafür bieten kann, daß die esoterischen Sätze in der Bibel – in beiden Testamenten – die Behauptung derselben Idee sind, wie sie in unsern archaischen Lehren ist, nämlich daß der „Fall der Engel“ sich einfach auf die Inkarnation von Engeln bezog, „welche die Sieben Kreise durchbrochen hatten“ - findet sich im Zohar. Nun ist die Kabbalah des Simeon Ben Jochai die Seele und Wesenheit der allegorischen Erzählung, sowie die spätere Christliche Kabbalah der „dunkle verhüllte“ mosaische Pentateuch ist. Und sie sagt (in den Agrippa-Handschriften):
Die Weisheit der Kabbalah beruht auf der Wissenschaft vom Gleichgewichte und der Harmonie.
Die Kräfte, welche sich offenbaren, ohne zuerst ins Gleichgewicht gesetzt zu sein, vergehen im Raume („ins Gleichgewicht gesetzt“ bedeutet differenziert).
So vergingen die ersten Könige (die göttlichen Dynastien) der alten Welt, die selbsthervorgebrachten Fürsten der Riesen. Sie fielen wie wurzellose Bäume, und wurden nicht mehr gesehen; denn sie waren der Schatten des Schattens (nämlich die Chhâyâ der schattenhaften Pitris). [32]
Aber jene, die nach ihnen kamen, die Sternschnuppen gleich herabschießend in die Schatten eingeschlossen wurden - herrschten bis zum heutigen Tage (Dhyânîs, welche, indem sie sich in jenen „leeren Schatten“ inkarnierten, die Ära der Menschheit inaugurierten).

Jeder Satz in den alten Kosmogonien entfaltet für den, welcher zwischen den Zeilen lesen kann, die Gleichheit der Ideen, wenn auch unter verschiedenen Gewändern.
Die erste in der Esoterischen Philosophie gelehrte Lehre ist die, daß die Unerkennbare Ursache nicht die Entwicklung hervortreibt, weder bewußt noch unbewußt, sondern bloß periodisch verschiedene Aspekte Ihrer Selbst der Wahrnehmung endlicher Gemüter darbietet. Nun ist das Kollektive Gemüt - das Universale - das zusammengesetzt ist aus verschiedenen und zahllosen Schaaren schöpferischer Kräfte, zwar unendlich in der geoffenbarten Zeit, aber immer noch endlich im Gegensatze zu dem Ungeborenen, Unvergänglichen Raume in seinem höchsten wesentlichen Aspekt. Das, was endlich ist, kann nicht vollkommen sein. Daher giebt es niedere Wesen unter jenen Scharen, aber es hat niemals irgend welche Teufel oder „ungehorsame Engel“ gegeben, aus dem einfachen Grunde, weil sie alle vom Gesetze beherrscht sind. Die Asuras (nenne sie mit welch anderen Namen du willst) die sie inkarnierten, folgten darin einem ebenso unerbitterlichen Gesetze, wie irgend sonst eines ist. Sie hatten sich früher geoffenbart als die Pitris, und wie die Zeit (im Raume) in Cyklen fortschreitet, war an sie die Reihe gekommen - daher die zahlreichen Allegorien. Der Name „Asura“ wurde zuerst von den Brâhmanen unterschiedslosen jenen gegeben, die sich ihren Mummereien und Opfern widersetzten, wie es der große Asura mit Namen Asurendra that. Auf jene Zeitalter muß wahrscheinlich der Ursprung der Idee von dem Dämon als einem Widersacher und Gegner zurückgeführt werden.
Die hebräischen Elohim, die in den Übersetzungen „Gott“ genannt werden, welche das „Licht“ erschaffen, sind wesensgleich mit den ârischen Asuras. Sie werden auch bezeichnet als die „Söhne der Finsternis“, im philosophischen und logischen Gegensatze zum Unveränderlichen und Ewigen Licht. Die frühesten Zoroastrier glaubten nicht, daß das Böse oder die Finsternis mit dem Guten oder dem Lichte gleichewig sei, und sie geben dieselbe Auslegung. Ahriman ist der geoffenbarte Schatten des Ahura Mazda (Asura Mazda), welcher selbst hervorging aus Zeruâna Âkerne, dem „schrankenlosen (Kreise der) Zeit“, oder der Unbekannten Ursache. Sie sagen von der letzteren:
Ihre Herrlichkeit ist zu erhaben, ihr Licht zu glänzend, als daß es entweder ein menschlicher Intellekt oder ein sterbliches Auge erfassen oder sehen könnte.
Ihre ursprüngliche Ausstrahlung ist Ewiges Licht, welches, nachdem es vorher in der Finsternis verborgen gewesen war, berufen wurde, sich zu offenbaren, und so wurde Ormazd, der „König des Lebens“ gebildet. Er ist der „Erstgeborene“ in der schrankenlosen Zeit, aber gleich seinem eigenen Vorbilde (oder vorherexistierenden geistigen Idee) hat er seit aller Ewigkeit in der Finsternis gelebt. Die sechs Amshaspands - sieben mit ihm selbst, dem Führer von allen - die ursprünglichen geistigen Engel und Menschen, sind kollektiv sein Logos. Die zoroastrischen Amshaspands schaffen die Welt auch in sechs Tagen oder Perioden, und ruhen am siebenten; aber in der esoterischen Philosophie ist jene siebente die erste Periode oder „Tag“, die sogenannte Erste Schöpfung in der ârischen Kosmogonie. Es ist jener vermittelnde Aeon, welcher der Prolog der Schöpfung ist, und welcher in dem Grenzlande zwischen der Ungeschaffenen Ewigen Ursächlichkeit und den hervorgebrachten endlichen Wirkungen steht; ein Zustand entstehender Thätigkeit und Kraft als der erste Aspekt der Ewigen Unveränderlichen Ruhe. In der Genesis, auf die keine metaphysische Kraft verwendet worden ist, sondern bloß eine außerordentliche Schlauheit und Findigkeit, die esoterische Wahrheit zu verschleiern, beginnt die Schöpfung beim dritten Stadium der Offenbarung. „Gott“ oder die Elohim sind die „Sieben Herrscher“ des Pymander. Sie sind wesensgleich mit allen anderen Schöpfern.


[32] Dies bezieht sich auf die „Könige von Edom“.