In den exoterischen Werken jedoch können die Episode von dem Târakakrieg, und einige esoterische Kommentare vielleicht einen Schlüssel darbieten. In jedem Purâna ist das Ereignis mit mehr oder weniger Abänderungen beschrieben, die seinen allegorischen Charakter zeigen.

In der Mythologie der frühesten vedischen Ârier, sowie in den späteren purânischen Erzählungen wird Erwähnung gemacht von Budha dem „Weisen“, einem „in der geheimen Weisheit unterrichteten“, welcher der Planet Merkur in seiner Euhemerisation ist. Das Hindû Classical Dictionary schreibt dem Budha die Autorschaft eines Hymnus im Rig Veda zu. Daher kann er durchaus nicht „eine spätere Erdichtung der Brâhmanen“ sein, sondern er ist in der That eine sehr alte Personifikation.

Durch die Untersuchung seiner Genealogie oder vielmehr Theogonie werden die folgenden Thatsachen enthüllt. Mythisch ist er der Sohn der Târâ, des Weibes des Brihaspati, des „goldfarbigen“, und des Soma, des (männlichen) Mondes, welcher Paris-gleich diese neue Helena des indischen Sternenreiches ihrem Gatten entführt. Dies verursacht einen großen Kampf und Krieg im Svarga (Himmel). Der Zwischenfall führt eine Schlacht zwischen den Göttern und den Asuras herbei. König Soma findet Bundesgenossen in Ushanas (Venus), dem Führer der Dânavas; und die Götter sind geleitet von Indra und Rudra, welche für Brishaspati Stellung nehmen. Der letztere wird unterstützt von Shankara (Shiva), welcher, da er Angiras, den Vater des Brihaspati, zu seinem Guru gehabt hatte, den Sohn desselben begünstigt. Indra ist hier das indische Vorbild des Michael, des Archistrategus und Besiegers der Engel des „Drachen“ - da einer seiner Namen Jishnu, „Führer der himmlischen Schar“ ist. Beide kämpfen, wie irgend welche Titanen gegen andere Titanen in Abwehr rachsüchtiger Götter gethan haben, die eine Partei in Abwehr des Jupiter Tonans (in Indien ist Brihaspati der Planet Jupiter, was ein merkwürdiges Zusammentreffen ist); die andere in Unterstützung des immer-donnernden Rudra. Während dieses Krieges wird Indra von seiner Leibwache, den Sturmgöttern (Maruts) verlassen. Die Geschichte ist sehr bedeutsam in einigen ihrer Einzelheiten.

Untersuchen wir einige von diesen, und trachten wir ihre Bedeutung zu entdecken.

Der vorstehende Genius, oder „Regent“ des Planeten Jupiter ist Brihaspati, der beleidigte Gatte. Er ist der Unterweiser oder geistige Guru der Götter, welche die Repräsentanten der Fortpflanzungskräfte sind. Im Rig Veda heißt er Brahmanaspati, der Name „einer Gottheit, in der die Wirkung des Angebeteten auf die Götter personifiziert ist.“ Daher repräsentiert Brahmanaspati sozusagen die Materialisation der „göttlichen Gnade“ durch Ritual und Zeremonien, oder die exoterische Anbetung.

Târâ, [62] sein Weib, ist andererseits die Personifikation der Kräfte eines in die Gupta Vidyâ (geheime Wissenschaft) Initiierten, wie gezeigt werden wird.

Soma ist astronomisch der Mond. Aber in mystischer Ausdrucksweise ist er auch der Name des heiligen Getränkes, das von den Brâhmanen und den Initiierten während iher Mysterien und Opfergebräuche getrunken wurde. Die Somapflanze ist die asclepias acida, welche einen Saft giebt, aus dem jenes mystische Getränk, der Somatrank gemacht wird. Nur die Abkömmlinge der Rishis, die Agnihotris oder Feuerpriester der großen Mysterien kannten alle seine Kräfte. Aber die wirkliche Eigenschaft des wahren Soma war (und ist), aus dem Initiierten einen „neuen Menschen“ zu machen, nachdem er „wiedergeboren“ ist, nämlich sobald er anfängt, in seinem Astralkörper zu leben; [63] denn, da seine geistige Natur die körperliche überwindet, würde er sie bald zersprengen und selbst diese vergeistigte Form verlassen. [64]

Der Soma wurde in alter Zeit dem nichtinitiierten Brâhmanen - dem einfachen Grihasta oder Priester des exoterischen Rituals - niemals gereicht. Somit repräsentierte Brihaspati, obwohl er der „Guru der Götter“ war, doch die Toten-Buchstaben-Form der Verehrung. Târâ, sein Weib, ist das Symbol von einem, der, obwohl mit dogmatischer Verehrung eng verbunden, doch sich nach wahrer Weisheit sehnt, und dargestellt wird als von König Soma, dem Geber jener Weisheit, in seine Mysterien initiiert. Somit lässt die Allegorie den Soma sie entführen. Das Ergebnis davon ist die Geburt des Budha, der esoterischen Weisheit - des Merkur oder Hermes in Griechenland und Ägypten. Dieser wird als „so schön“ dargestellt, daß selbst der Gatte, obwohl er ganz gut weiß, daß Budha nicht der Sprößling seiner Toten-Buchstaben-Verehrung ist - den „Neugeborenen“ als seinen Sohn in Anspruch nimmt, als die Frucht seiner ritualistischen und bedeutungslosen Formen. [65] Dies ist in kurzem eine von den Bedeutungen der Allegorie.


[62] Siehe Dowson`s Hindû Classical Dictionarywegen weiterer Belehrung über das Obige.

[63] Siehe Five Years of Theosophy, Artikel: „Das Lebenselixier“.

[64] Der Teilhaber am Soma findet sich zugleich mit seinem äußeren Körper verknüpft, und doch entfernt davon in seiner geistigen Form. Befreit von dem ersteren schwingt er sich für die betreffende Zeit in die ätherischen höheren Regionen auf, indem er dem Wesen nach „wie einer der Götter“ wird, und doch in seinem physischen Gehirn das Gedächnis dessen aufbewahrt, was er sieht und lernt. Klar gesprochen, ist Soma die Frucht des Baumes der Erkenntnis, Adam und Eva oder Yah-ve verboten von den eifersüchtigen Elohim, „damit der Mensch nicht  werde als unser einer“.

[65] Wir sehen dasselbe in den modernen exoterischen Religionen.