Der Kampf im Himmel bezieht sich auf mehrere Ereignisse dieser Art auf verschiedenartigen und verschiedenen Daseinsebenen. Der erste ist eine rein astronomische und kosmische Thatsache, die der Kosmogenie angehört. Herr John Bentley dachte, daß bei den Indern der Streit im Himmel bloß eine Zahl war, die sich auf ihre Berechnungen von Zeitperioden bezog. [66]
Dieser diente als ein Vorbild, glaubt er, für die westlichen Nationen, um darauf ihren Titanenkampf aufzubauen. Der Verfasser hat nicht ganz unrecht, aber auch nicht ganz recht. Wenn auch das siderische Vorbild sich in der That auf eine vormanvantarische Periode bezieht, und gänzlich auf der Kenntnis beruht, welche die ârischen Initiierten von dem ganzen Programme und Fortschritte der Weltentstehung zu haben behaupten, [67] so ist doch der Titanenkampf bloß ein legendenhaftes und vergöttertes Abbild des wirklichen Kampfes, welcher auf den himâlayaschen Kailâsa (Himmel) anstatt in den Tiefen des kosmischen interplanetarischen Raumes stattfand. Es ist der Bericht von dem schrecklichen Streite zwischen den „Söhnen Gottes“ und den „Söhnen des Schattens“ der vierten und der fünften Rasse. Auf diesen beiden Ereignissen, die durch Legenden verschmolzen waren, welche dem exoterischen Bericht über den von den Asuras gegen die Götter geführten Krieg entnommen waren, wurde jede spätere nationale Überlieferung über den Gegenstand aufgebaut.
Esoterisch sind die Asuras, die in der Folgezeit in böse Geister und niedere Götter umgewandelt wurden, welche ewig im Kampfe mit den großen Gottheiten liegen - die Götter der geheimen Weisheit. In den ältesten Teilen des Rig Veda sind sie die Geistigen und die Göttlichen, indem der Ausdruck Asura auf den Höchsten Geist angewendet wurde, und dasselbe war, wie der große Ahura der Zoroastrier. [68] Es gab eine Zeit, da die Götter Indra, Agni, und Varuna selber zu den Asuras gehörten.

Im Taittirîya Brâhmana wurde der Atem (Asu) des Brahmâ-Prajâpati lebendig, und aus jenem Atem schuf er die Asuras. Später, nach dem Kampfe, werden die Asuras die Feinde der Götter genannt, daher - „A-suras“, indem das anlautende a ein negatives Präfix ist - oder „Nicht-Götter“; während die „Götter“ als „Suras“ bezeichnet werden. Dies verknüpft nun die Asuras und ihre weiterhin aufgezählten „Scharen“ mit den „Gefallenen Engeln“ der christlichen Kirchen, einer Hierarchie geistiger Wesen, die sich in jedem Pantheon alter und selbst moderner Nationen findet - von dem zoroastrischen herab bis zu jenem des Chinesen. Sie sind die Söhne des ursprünglichen schöpferischen Atems am Beginne eines jeden neuen Mahâ Kalpa oder Manvantara, von demselben Range wie die Engel, welche „getreu“ geblieben waren. Diese waren die Bundesgenossen des Soma (des Vaters der esoterischen Weisheit) gegen Brihaspati (welcher den ritualistischen oder zeremoniellen Dienst repräsentiert). Offenbar wurden sie in Raum und Zeit zu feindlichen Kräften oder Dämonen von den Zeremonialisten erniedrigt, wegen ihres Widerstandes gegen Heuchelei, Scheindienst und Buchstabenform.

Was ist nun der wirkliche Charakter aller jener, die mit ihnen zusammen kämpften? Sie sind:

1. Ushanas, oder die „Schar“ des Planeten Venus, der jetzt im römischen Katholizismus Luzifer geworden ist, der Genius des „Morgensterns“, [69] der Tsaba oder die Heerschar des „Satan“.

2. Die Daityas und Dânavas sind die Titanen, die Dämonen und Riesen, welche wir in der Bibel [70] finden – die Nachkommenschaft der „Kinder Gottes“ und der „Töchter der Menschen“. Ihr Gattungsnahme zeigt ihren angeblichen Charakter, und enthüllt gleichzeitig den geheimen animus der Brâhmanen; denn sie sind die Kratu-dvishas - die „Feinde der Opfer“ oder exoterischen Täuschungen. Sie sind die „Scharen“, welche gegen Brihaspati kämpften, den Repräsentierten der exoterischen volkstümlichen und nationalen Religionen; und gegen Indra - den Gott des sichtbaren Himmels, des Firmaments, welcher im frühen Veda der höchste Gott des kosmischen Himmels ist, der geeigneten Wohnung für einen außerkosmischen und persönlichen Gott, den höchsten, zu dem sich exoterische Verehrung jemals aufschwingen kann.


[66] Historical View of the Hindû Astronomy.  In einem Citate aus dem Werke, das sich auf „Argabhatta“ (? Âryabhatta) bezieht, von dem es heißt, daß er eine nahe Annäherung an das wahre Verhältnis zwischen den verschiedenen Werten für die Berechnung des Wertes von [korrekter Abdruck siehe Buch] gegeben habe, wiederholt der Verfasser von The Source of Measures eine seltsame Behauptung. “Herr Bentley,” heißt es, “war sehr vertraut mit dem astronomischen und mathematischen Wissen der Inder . . . . Diese seine Behauptung kann also für authentisch genommen werden. Derselbe bemerkenswerte Zug, der bei so vielen östlichen und alten Nationen vorkommt, das emsige Verbergen der Geheimnisse dieser Art von Wissenschaft ist ein ausgesprochener bei den Hindûs. Was hinausgegeben wurde, um öffentlich gelehrt, und der allgemeinen Beachtung ausgesetzt zu werden, war bloß die Annäherung an eine exaktere, aber verborgene Wissenschaft. Und gerade diese Formulierung des Herrn Betley wird die Behauptung in seltsamer Weise durch ein Beispiel erläutern; und wird, wenn es erklärt ist, zeigen, daß sie (die indische exoterische Astronomie und Wissenschaft) abgeleitet war aus einem System, das mehr exakt war als das europäische, welchem Herr Bentley selbst natürlich mehr vertraute, als weit voran gegenüber der indischen Wissenschaft jeder Zeit und jeder Generation“ (pp. 86, 87) .
Das ist Herrn Bentleys Mißgeschick, und nimmt dem Ruhme der alten indischen Astronomen nichts weg, die alle Initiierten waren.

[67] Die Geheimlehre lehrt, daß jedes Ereignis von universaler Wichtigkeit, wie geologische Umwälzung am Ende einer Rasse und am Beginn einer neuen, was jedes Mal eine große Veränderung in der Menschheit, geistig, moralisch und physisch herbeiruft - vorhergedacht und verabredet ist sozusagen, in den siderischen Regionen unseres Planetensystems. Die Astrologie ist gänzlich auf diesen mystischen und engen Zusammenhang zwischen den Himmelskörpern und der Menschheit aufgebaut; und sie ist eines der großen Geheimnisse der Initiation und der occulten Mysterien.

[68] Siehe Darmesteter´s Vendîdâd, Einleitung, p. LVIII.

[69] Siehe Jesaja, XIV. 12.

[70] Genesis, VI.