Ja, in der That; es ist das größte der Ideale,
dieses immerlebende Symbol - ja Apotheose - der Selbstaufopferung um der
intellektuellen Unabhängigkeit der Menschheit willen; diese immer thätige
Energie, die gegen die statische Trägheit protestiert - gegen das Prinzip,
welchem Selbstbehauptung ein Verbrechen, und Gedanke und das Licht der
Erkenntnis verhaßt sind. Wie Éliphas mit unvergleichlicher Gerechtigkeit
und Ironie sagt:
Dieser angebliche
Held der dunklen Ewigkeiten, der verleumderischer Weise der Häßlichkeit
beschuldigt wird, wird mit Hörnern und Klauen geschmückt, die viel besser
auf seinen unversöhnlichen Quäler passen würden. [4]
Er ist es, der schließlich
in eine Schlange - den Roten Drachen - verwandelt wurde. Aber Éliphas
Lévis war noch zu dienstbar seinen römisch-katholischen Autoritäten -
man kann hinzufügen, zu jesuitisch - um zu gestehen, daß dieser Teufel
die Menschheit war, und niemals irgend welches Dasein auf Erden außerhalb
jener Menschheit gehabt hat. [5]
Darin ist die christliche Theologie, obwohl sie sklavisch in die Fußstapfen
des Heidentums tritt, nur getreu ihrer eigenen altehrwürdigen Politik
gewesen. Sie mußte sich isolieren, und ihre Autorität behaupten. Daher
konnte sie nichts besseres thun, als jede heidnische Gottheit in einen
Teufel zu verkehren. Jeder helle Sonnengott des Altertums - eine glorreiche
Gottheit bei Tage, und ihr eigner Gegner und Widersacher bei Nacht, genannt
der Drache der Weisheit, weil man annahm, daß sie die Keime von Nacht
und Tag enthalte - ist jetzt in den gegensätzlichen Schatten Gottes verwandelt
worden, und ist zum Satan, auf die bloße und ununterstützte Autorität
des despotischen menschlichen Dogmas hin, geworden. Darnach sind alle
Hervorbringer von Licht und Schatten, alle die Sonnen- und die Mondgötter
verflucht worden, und so wurden der eine, aus den vielen ausgewählte Gott,
und der Satan, beide anthropomorphisiert. Aber die Theologie scheint die
menschliche Fähigkeit, alles, was künstlich ihrer Verehrung aufgezwungen
worden ist, zu unterscheiden und schließlich zu analysieren, aus dem Auge
verloren zu haben. Die Geschichte zeigt bei jeder Rasse und jedem Stamme,
insbesondere bei den semitischen Völkern, den natürlichen Trieb, ihre
eigene Stammesgottheit über alle anderen bis zur Oberherrschaft über die
Götter zu erheben, und beweist, daß der Gott der Israeliten ein solcher
Stammesgott war, und nicht mehr, wenn es auch der christlichen
Kirche, die der Führung des „auserwählten“ Volkes folgt, beliebt, die
Verehrung jener einen besonderen Gottheit zu erzwingen und alle anderen
in Bann zu thun. Einerlei ob das ursprünglich ein bewußter oder unbewußter
Mißgriff war, auf jeden Fall war es einer. Jehovah ist im Altertume
immer ein Gott „unter“ anderen „Göttern“ gewesen.
[6] Der Herr erscheint dem Abraham, und während er sagt: „ich
bin der allmächtige Gott,“ fügt er doch hinzu, „ich will aufrichten
meinen Bund . . . also daß ich ein Gott für dich (Abraham) sei;“
und für seinen Samen nach ihm
[7] - aber nicht für die ârischen Europäer.
Aber dann sollte die erhabene und ideale Gestallt des Jesus von Nazareth
gegen einen dunklen Hintergrund hervorgehoben werden, um durch den Gegensatz
an Glanz zu gewinnen; und einen dunkleren konnte die Kirche schwerlich
erfinden. Da ihr die Symbologie des Alten Testamentes fehlte,
da sie über die wirkliche Bedeutung des Namen Jehovah - des rabbinischen
geheimen Ersatzes für den Unausgesprochenen und Unaussprechbaren Namen
- in Unkenntnis war, nahm die Kirche den schlauersonnenen Schatten fälschlich
für die Wirklichkeit, das anthropomorphisierte Zeugungssymbol für
die eine Zweitlose Realität, die immer Unerkennbare Ursache des Alls.
In logischer Folge hatte die Kirche zu Zwecken der Dualität einen anthropomorphischen
Teufel zu erfinden, der, wie sie lehrt, von Gott selbst erschaffen ist.
Satan ist jetzt zu einem vom Jehovah-Frankenstein verfertigten Ungetüm
geworden - seines Vaters Fluch und ein Dorn in der göttlichen Seite, ein
Ungetüm, ein lächerlicherer Popanz, als irgend ein irdischer Frankenstein
einen solchen hätte verfertigen können.
[5] Welcher Teufel könnte
im Besitze von mehr Schlauheit, List und Grausamkeit sein, als der Whitechapel
Mörder, „Jack der Aufschlitzer“ von 1888, dessen beispiellose, blutdürstige
und eisige Verruchtheit ihn dahinführte, kalten Blutes sieben unglückliche
und im übrigen unschuldige Frauen zu ermorden und zu verstümmeln!
Man braucht bloß die Tagesblätter zu lesen, um in jenen Weib und Kind
prügelnden, betrunkenen Tiermenschen (Gatten und Vätern!), von denen
ein kleiner Prozentsatz täglich vor die Gerichte gebracht wird,
die vollständigen Verkörperungen der Teufel der christlichen Hölle zu
finden!
|