ABTEILUNG VI. PROMETHEUS, DER TITAN. SEIN URSPRUNG IM ALTEN INDIEN. In unseren modernen Zeit besteht nicht der geringste Zweifel in den Ansichten der besten europäischen Symbologen daran, daß der Name Prometheus die größte und geheimnisvollste Bedeutung im Altertume besaß. Bei der Erzählung der Geschichte des Deukalion, welchen die Böotier als den Vorfahren der Menschengeschlechter betrachteten, und welcher nach der bedeutsamen Sage der Sohn des Prometheus war, bemerkt der Verfasser der Mythologie de la Grèce Antique: Somit ist Prometheus etwas mehr als das Urbild der Menschheit; er ist ihr Erzeuger. Auf dieselbe Art, wie wir den Hephaistos das erste Weib (Pandora) formen und sie mit Leben begaben sahen, so knetet Prometheus den feuchten Lehm, aus welchem er den Körper des ersten Menschen bildet, welchen er mit dem Seelenfunken begaben will. [1] Nach der Flut des Deukalion hatte Zeus, wie sie sagten, dem Prometheus und der Athene aufgetragen, ein neues Menschengeschlecht aus dem von den Wassern der Sintflut zurückgelassenen Schlamme hervorzurufen, [2] und zur Zeit des Pausanias wurde der Schlamm, den der Heros zu diesem Zweck verwendet hatte, noch immer in Phôkis gezeigt. [3] Auf verschiedenen archaischen Bildsäulen sehen wir noch den Prometheus einen menschlichen Körper formen, entweder allein oder mit Athenens Hilfe. [4] Derselbe Verfasser erinnert uns an eine andere gleichermaßen geheimnisvolle Persönlichkeit, wenn sie auch weniger allgemein bekannt ist als Prometheus, deren Legende bemerkenswerte Analogien mit jener des Titanen darbietet. Der Name dieses zweiten Ahnen und Erzeugers ist Phoroneus, der Held eines alten Gedichtes, das unglücklicherweise nicht mehr erhalten ist, der Phoroneiden. Seine Sage war in Argolis lokalisiert, wo eine beständige Flamme auf seinem Altare unterhalten wurde, zur Erinnerung daran, daß er der Herabbringer des Feuers auf die Erde gewesen war. [5] Ein Wohlthäter der Menschen, gleich Prometheus, hatte er sie zu Teilhabern einer jenen Wonne auf Erden gemacht. Plato [6] und Klemens von Alexandrien [7] sagen, daß Phoroneus der erste Mensch war, oder der „Vater der Sterblichen“. Seine Abstammungsgeschichte, die ihm den Fluß Inachos als seinen Vater zuteilt, erinnert uns als jene des Prometheus, welche jene Titanen zum Sohne des Okeanide Klymene macht. Aber die Mutter des Phoroneus war die Nymphe Melia; eine bedeutungsvolle Abkunft, die ihn vom Prometheus unterscheidet. [8] [1] Apollodorus, I. 7, 1. [2] Ovid, Metam., I. 81. Etym. M., v. ([korrekter Abdruck siehe Buch]) [3] Pausanias, X. 4, 4. [4] a. a. O., p. 264. [5] Pausanias, II. 19, 5; vgl. 20, 3. [6] Timäus, p. 22. [7] Strom., I. p. 380. [8] Decharme, ebenda, p. 265. |