Wie der „Gefesselte Prometheus“
des Aischylos uns sagt, litt die Rasse, welche Jupiter so eifrig „ausrotten
wollt, und eine neue schaffen“ (v. 241), geistiges, nicht körperliches
Elend. Die erste Gabe, die Prometheus den Sterblichen brachte, war, wie
er dem Chor sagt, sie zu hindern, „den Tod vorherzusehen (v. 256);
er „ward der Menschheit Retter, daß sie zerschmettert nicht zum Hades
sank“ (v. 244); und dann erst, „außerdem“, gab er ihnen das Feuer (v.
260). Dies zeigt klar den auf jeden Fall doppelten Charakter des prometheischen
Mythos, wenn schon die Orientalisten nicht das im Occultismus gelehrte
Vorhandensein von sieben Schlüsseln annehmen wollen. Dies bezieht
sich auf die erste Eröffnung der geistigen Wahrnehmungen des Menschen,
nicht auf sein erstes Sehen oder „Entdecken“ des Feuers. Denn das Feuer
wurde niemals entdeckt, sondern bestand auf der Erde seit ihrem
Anbeginn. Es existierte in der seismischen Thätigkeit der frühen Zeitalter,
da vulkanische Ausbrüche in jenen Perioden ebenso häufig und beständig
waren, wie jetzt in England der Nebel. Und, wenn uns gesagt wird, daß
die Menschen so spät auf Erden erschienen, daß fast alle Vulkane bereits
erloschen waren, und daß geologische Störungen einem gefestigteren Zustande
der Dinge Platz gemacht hatten, antworten wir: Lasst eine neue Menschenrasse
- einerlei ob aus dem Engel oder dem Gorilla entwickelt - jetzt auf irgend
einem unbewohnten Flecke der erdkugel erscheinen, mit Ausnahme vielleicht
der Saharah, und mit einer Wahrscheinlichkeit von Tausend zu Eins, würde
sie nicht ein oder zwei Jahre alt werden vor der „Entdeckung des Feuers“,
indem ein Blitz das Gras oder irgend etwas anderes in Flammen setzt. Diese
Annahme, daß der ursprüngliche Mensch durch Zeitalter auf Erden lebte,
bevor er mit dem Feuer bekannt wurde, ist eine der peinlichst unlogischen
von allen. Aber der alte Aischylos war ein Initiierter, und wußte wohl,
was er verkündete. [18] Es sagt folgendes: Dieses Verfahren, sowie es ausführlich in den vedischen Sûtren beschrieben ist, besteht darin, rasch einen Stab in einer in der Mitte eines Stückes Holz gemachten Höhlung herumzudrehen. Die Reibung entwickelt bedeutende Hitze und setzt schließlich die in Berührung stehenden Holzteilchen in Flammen. Die Bewegung des Stabes ist keine beständige Drehung, sondern eine Reihe von Bewegungen in entgegengesetzten Richtungen mit Hilfe einer Schnur, die an dem Stab in seiner Mitte angebracht ist; der Ausführende hält in jeder Hand je eines der Enden und zieht sie abwechselnd . . . Der ganze Vorgang wird im Sanskrit mit dem Zeitworte manthâmi, mathnâni bezeichnet, welches „reiben, hin und her bewegen, schütteln und durch Reiben erhalten“ bedeutet, und insbesondere auf drehende Reibung angewendet wird, wie durch das daraus abgeleitete Wort mandala bewiesen ist, welches einen Kreis bedeutet. . . . Die Holzstücke, welche zur Hervorbringung des Feuers dienen, haben ein jedes seinen Namen im Sanskrit. Der Stab, welcher sich dreht, heißt pramantha; die Scheibe, welche ihn aufnimmt, heißt arani, und aranî: „die beiden Aranis“ bezeichnen die Gesamtheit des Instrumentes. [20] Es erübrigt zu sehen, was die Brâhmanen dazu sagen werden. Aber selbst angenommen, daß Prometheus in einem der Aspekte seines Mythos als der Hervorbringer des Feuers mittels des Pramantha, oder als ein beseelter und göttlicher Prahmatha angesehen wurde - würde das in sich schließen, daß die Symbolik keine andere als die phallische Bedeutung hatte, die ihr von modernen Symbologen beigelegt wird? Decharme scheint auf jeden Fall einen richtigen Schimmer Wahrheit gehabt zu haben; denn unbewußterweise bestätigt er alles, was die occulten Wissenschaften im Bezug auf die Mânasa Devas lehren, welche den Menschen mit dem Bewußtsein seiner unsterblichen Seele begabt haben - mit jenem Bewußtsein, welches den Menschen daran hindert, „den Tod vorherzusehen“, und ihn wissen läßt, daß er unsterblich ist. [21] „Wie kam Prometheus in den Besitz des (göttlichen) Funkes?“ fragt er. Da das Feuer seine Wohnung im Himmel hatte, so muß er dahin gegangen sein, um es aufzusuchen, bevor er es zu den Menschen hinabbringen konnte, und, um den Göttern sich nahen zu können, muß er selbst ein Gott gewesen sein. [22] [18] Der moderne Versuch einiger Griechischgelehrter (als armselige und falsche Gelehrte würden sie zur Zeit der alten griechischen Schriftsteller erschienen sein!); die wirkliche Bedeutung der Ideen des Aischylos zu erklären - welcher, da er ein unwissender alter Grieche war, sich selbst nicht so gut ausdrücken konnte - ist unsinnig albern! [19] Revue Germanique, 1861, pp. 356 ff. Siehe auch Mémoires de la Société de la Linguistique, I. pp. 337 ff. [20] Angeführt von Decharme, a. a. O., pp. 258, 259. Es wird das obere und untere Stück Holz verwendet zur Hervorbringung dieses heiligen Feuers durch Reibung bei Opfern, und die Aranî enthält die Höhlung. Dies ist bewiesen durch eine Allegorie im Vâyu und in anderen Purânen, welche uns sagen, daß Nimi, der Sohn des Ikshvâku, keinen Nachfolger hinterlassen hatte, und daß die Rishis, welche sich fürchteten, die Erde ohne einen Herrscher zu lassen, den Körper des Königs in die Höhlung einer Aranî einführten - gleichsam als obere Aranî - und aus ihr einen Prinzen mit Namen Janaka hervorbrachten. „Wegen der besonderen Art, auf welche er erzeugt wurde, wurde er Janaka genannt.“ Siehe auch Goldstücker´s Sanskrit Dictionary unter dem Worte. (Vishnu Purâna, Wilson´s Übers., III. 330) Devakî, die Mutter Krishnas, wird in einem an sie gerichteten Gebete genannt: „die Aranî, deren Reibung Feuer erzeugt.“ [21] Die Monade des Tieres ist ebenso unsterblich wie jene des Menschen, aber das Tier weiß davon nichts; sie lebt ein animales Leben der Empfindung, geradeso wie es die erste menschliche gelebt hätte, bei der Erlangung körperlicher Entwicklung in der dritten Rasse, wenn nicht die Agnishvâtta und die Mânasa Pitris gewesen wären [22] a. a. O., p. 259. |