Eine andere Form des Kreuzes wird aus dem Journal of the Royal Asiatic Society gegeben: [28]

An jeder von den vier Ecken ist ein viertel Bogen einer eiförmigen Kurve angebracht, und wenn die vier zusammengesetzt werden, bilden sie ein Oval; so verbindet die Figur das Kreuz mit dem ihm in vier Teilen, entsprechend den vier Ecken des Kreuze umschriebenen Kreuze. Die vier Segmente entsprechen den vier Füßen des Swastikakreuzes und des Fylfot des Thor. Die vierblätterige Lotusblume des Buddha ist ebenfalls im Mittelpunkte dieses Kreuzes dargestellt, indem der Lotus ein ägyptisches und ein indisches Sinnbild der vier Weltgegenden ist. Die vier Viertelbogen würden zusammengesetzt eine Ellipse bilden, und die Ellipse ist auch auf jedem Arme des Kreuzes abgebildet. Diese Elipse bezeichnet daher die Bahn der Erde. . . . Sir J. Y. Simpson kopierte folgendes Probestück, [Symbolabbildung siehe Buch] das hier abgebildet ist, als das Kreuz der beiden Äquinoktien und der beiden Solstitien, angebracht innerhalb der Figur der Erdbahn. Dieselbe eiförmige oder bootförmige Figur  erscheint zeitweilig in den Indischen Zeichnungen mit sieben Stufen an jedem Ende als eine Form der eine Art des Meru.

Dies ist der astronomische Aspekt der doppelten Glyphe. Es giebt jedoch sechs weitere Aspekte, und es soll ein Versuch gemacht werden, ein paar von diesen zu erklären. Der Gegenstand ist so umfangreich, daß er an sich allein viele Bände erfordern würde.
Aber das seltsamste unter diesen ägyptischen Symbolen von Kreuz und Kreis, wovon in dem oben angeführten Werke gesprochen wird, ist eines, das seine volle Erklärung und schließliche Färbung von ârischen Symbolen gleicher Natur empfängt. Der Verfasser sagt:

Das vierarmige Kreuz ist einfach das Kreuz der vier Himmelsgegenden, aber das Kreuzzeichen ist nicht immer einfach. [29] Dies ist ein Typus, welcher aus einem identificierbaren Anfang entwickelt wurde, welcher später dem Ausdrucke von verschiedenen Ideen angepaßt wurde. Das heiligste Kreuz von Ägypten, das von den Händen der Götter, der Pharaonen, und der munnificierten Toten gehalten wurde, ist das Ankh [Symbolabbildung siehe Buch], das Zeichen des Lebens, des Lebenden, eines Eides, des Bundes. . . . Die Spitze davon ist die Hieroglyphe Ru [Symbolabbildung siehe Buch], aufgerichtet auf dem Taukreuz. Das Ru ist das Thor, die Pforte, der Mund, der Ausgangsplatz. Dies bezeichnet den Geburtsort im nördlichen Viertel der Himmel, woher die Sonne wiedergeboren wird. Daher ist das Ru des Ankhzeichens der weibliche Typus des Geburtsortes, welcher den Norden repräsentiert. In der nördlichen Himmelsgegend gebar die Göttin der Sieben Sterne, genannt die „Mutter der Revolutionen“, die Zeit in dem frühesten Cyklus des Jahres. Das erste Zeichen dieses ursprünglichen Kreises und Cyklus, das am Himmel gemacht war, ist die früheste Gestalt des Ankhkreuzes [Symbolabbildung siehe Buch] eine bloße Schleife, welche einen Kreis und das Kreuz zugleich in einem Bilde enthält.                     Diese Schleife oder Schlinge prangt an der Stirne der ältesten Genitrix, Typhon des großen Bären, als ihre Arche, das Begriffszeichen einer Periode, eines Endes, einer Zeit, erklärt im Sinne einer Revolution. Diese repräsentiert nun den vom großen Bären am Nordhimmel beschriebenen Kreis, welcher das früheste Jahr der Zeit bildete, aus welcher Thatsache wir schließen, daß die Schleife oder Ru des Nordens jene Himmelsgegend repräsentiert, den Geburtsort der Zeit, wenn abgebildet als das Ru des Ankhsymbols. In der That kann dies bewiesen werden. Die Schlinge ist ein Archen- oder Rek-typus der Berechnung. Das Ru des Ankhkreuzes wurde fortgeführt in dem cypirischen R, [korrekter Abdruck siehe Buch] und im koptischen Ro, P. [30] Das Ro wurde übertragen in das griechische Kreuz [Symbolabbildung siehe Buch], welches aus dem Ro und Chi oder [[korrekter Abdruck siehe Buch] gebildet ist. . . . Das Rek oder die Arche war das Zeichen von allem Anfange (Archê) aus diesem Grunde, und die Archenschleife ist das Kreuz des Nordens, des hinteren Teiles des Himmels. [31]

Nun ist dies wieder ganz astronomisch und phallisch. Die purânische Version in Indien giebt der ganzen Sache eine andere Färbung. Ohne die obige Erklärung zunichte zu machen, beabsichtigt sie einen Teil ihrer Mysterien mit Hilfe des astronomischen Schlüssels zu enthüllen, und bietet so eine mehr metaphysische Wiedergabe. Die Ankh-schlinge [Symbolabbildung siehe Buch] gehört nicht Ägypten allein an. Sie existiert unter dem Namen Pâsha, einer Schnur, welche der vierarmigen Shiva in der Hand seines rechten hinteren Armes hält. [32] Der Mahâdeva ist dargestellt in der Stellung eines Asketen, als Mahâyogî, mit seinem dritten Auge [Symbolabbildung siehe Buch], welches das „Ru [Symbolabbildung siehe Buch), aufgerichtet auf dem Taukreuz“, in einer anderen Form ist. Der Pâsha wird auf die Art in der Hand gehalten, daß der erste Finger und die Hand nahe dem Daumen das Kreuz, oder die Schleife und Kreuzung machen. Unsere Orientalisten wollen, daß er eine Schnur zum Binden widerspenstiger Missethäter vorstellt, weil, fürwahr, Kâlî, Shivas Gattin, denselben zum Attribute hat!

Der Pâsha hat hier eine doppelte Bedeutung, sowie sie auch Shivas Trisûla und jedes andere göttliche Attribut hat. Diese doppelte Bedeutung liegt in Shiva, denn sicherlich hat Rudra dieselbe Bedeutung wie das ägyptische Henkelkreuz in seinem kosmischen und mystischen Sinne. In der Hand des Shiva wird der Pâsha lingyonisch. Shiva ist, wie zuvor gesagt, ein den Veden unbekannter Name. Im Weißen Yajur Veda erscheint Rudra zum erstenmal als der große Gott, Mahâdeva, dessen Symbol das Lingam ist. Im Rig Veda wird er Rudra genannt, der „Heuler“, die wohlthätige und die bösartige Gottheit zu gleicher Zeit, der Heiler und der Zerstörer. Im Vishnu Purâna ist er der Gott, welcher aus der Stirne des Brahmâ entspringt, welcher sich in männlich und weiblich trennt, und er ist der Vater der Rudras oder Maruts, von denen die Hälfte strahlend und sanft sind, andere dunkel und wild. In den Veden ist er das Göttliche Ich, welches in seinen reinen, vergöttlichenden Zustand zurückzukehren strebt, und zur selben Zeit jenes Göttliche Ich in irdische Form gekerkert, dessen wilden Leidenschaften aus ihm den „Brüller“, den „Schrecklichen“ machen. Dies ist gut gezeigt in der Brihadâranyaka Upanishad, wo die Rudras, die Nachkommenschaft des Feuergottes Rudra die „zehn Lebensatem (prâna, Leben), mit dem Herzen (manas) als elften“ genannt werden, [33] während er als Shiva der Vernichter jenes Lebens ist. Brahmâ nennt ihn Rudra, und giebt ihm außerdem sieben andere Namen, welche sieben Formen der Offenbarung bedeuten, und auch die sieben Kräfte der Natur, welche zerstören, bloß um umzuschaffen oder zu erneuern.

Daher hat die kreuzförmige Schlinge oder Pâsha in der Hand des Shiva, wenn er als ein Asket, als der Mahâyogin dargestellt wird, keine phallische Bedeutung, und es bedarf einer stark nach dieser Richtung hinneigenden Einbildungskraft, um eine solche Bedeutung selbst in einem astronomischen Symbol zu finden. Als eine Emblem von „Thor, Pforte, Mund, Ausgangsplatz“ bedeutet es viel mehr das „enge Thor“, welches zum Himmelreiche führt, als den „Geburtsort“ in einem physiologischen Sinne.
Es ist ein Kreuz in einem Kreise, und ein Crux Ansata fürwahr; aber es ist ein Kreuz, auf dem alle menschlichen Leidenschaften gekreuzigt werden müssen, bevor der Yogî durch das „enge Thor“ hindurchgeht, durch den engen Kreis, der sich zu einem unendlichen erweitert, sobald der Innere Mensch die Schwelle überschritten hat.


[28] Bd. XVIII. P. 393, Tfl. 4; Inman, Fig. 38; Gerald Massey, a. a. O., ebenda, p. 422.

[29] Sicherlich nicht; denn sehr oft sind Symbole dazu erfunden, um andere Symbole zu symbolisieren, und diese werden ihrerseits in Begriffszeichen verwendet.

[30] Das R des slavischen und des russischen Alphabetes (des kyrillischen Alphabetes) ist auch das lateinische P.

[31] Ebenda, p. 423.

[32] Siehe Mooi`s Hindû Pantheon, Tfl. XIII.

[33] Siehe Dowson`s Hindû Classical Dictionary, unter dem Worte „Rudra“.