Sieben Donner redeten ihre Stimme . . . (und) ich wollte sie schreiben. Da hörte ich eine Stimme vom Himmel sagen zu mir: Versiegele, was die sieben Donner geredet haben; dieselben schreibe nicht. [3]

Dasselbe Gebot wird dem Markus gegeben, dasselbe allen anderen halb und ganz Initiierten. Ebendiese Gleichheit der gebrauchten Ausdrücke und der zu Grunde liegenden Ideen verrät immer einen Teil der Mysterien. Wir müssen immer nach mehr als einer Bedeutung in jedem allegorisch geoffenbarten Mysterium suchen, insbesondere in jenen, in denen die Zahl sieben und ihre Multiplikation sieben mal sieben, oder neunundvierzig erscheint. Wenn nun in der Pistis Sophia der Rabbi Jesus von seinen Jüngern gebeten wird ihnen die „Mysterien des Lichtes seines Vaters“ zu enthüllen - d. i. des durch Initiation und göttliche Erkenntnis erleuchteten Höheren Selbsts - antwortetet Jesus:

Suchet ihr nach diesen Geheimnissen? Kein Geheimniss ist herrlicher als diese: die eure Seelen zu dem Lichte der Lichter bringen sollen, zu dem Orte der Wahrheit und Güte, zu dem Orte, wo es weder Mann noch Weib, noch Form an jenem Orte giebt, sondern immer dauerndes, nicht auszusprechendes Licht. Nichts ist daher herrlicher als die Geheimnisse, nach denen ihr sucht, ausgenommen nur das Geheimnis der sieben Vokale und ihrer neunundvierzig Kräfte und der Zahlen davon. Und kein Name ist herrlicher als alle diese (Vokale). [4]

Wie der Kommentar, wo er von diesen „Feuern“ spricht, sagt:

Die sieben Väter und die Neunundvierzig Söhne leuchten in der Dunkelheit, aber sie sind ds Leben und Licht und die Fortsetzung davon durch das Große Zeitalter.

Nun wird es einleuchtend, daß in jeder esoterischen Auslegung von in allegorischen Formen ausgedrückten exoterischen Glauben dieselbe zu Grunde liegende Idee vorkommt - die Grundzahl sieben, die Zusammensetzung von drei und vier, denen vorangeht die göttliche drei  ([Symbolabbildung siehe Buch]), was die vollkommene Zahl zehn macht.
Auch sind diese Zahlen gleichermaßen anwendbar auf Zeiteinteilungen, auf metaphysische und physische Kosmographie, sowie auf den Menschen und alles andere in der sichtbaren Natur. Somit sind diese sieben Vokale mit ihren neunundvierzig Kräften wesensgleich mit den drei und den sieben Feuern der Hindûs und mit ihren neunundvierzig Feuern; wesensgleich mit den Zahlengeheimnissen des persischen Simorgh; wesensgleich mit jenen der jüdischen Kabbalisten. Die letzteren, welche die Zahlen verkleinern (ihre Art der „Masken“), machten die Dauer einer jeden aufeinander folgenden Erneuerung, oder was wir in esoterischer Ausdrucksweise eine Runde nennen, zu nur 1000 Jahren, oder die der sieben Erneuerungen der Erdkugel zu 7000 Jahren, anstatt, was wahrscheinlicher ist, zu 7000 000 000, und schrieben der ganzen Dauer des Weltalls nur 49 000 Jahre zu. [5]

Nun liefert uns die Geheimlehre einen Schlüssel, der uns auf der unbestreitbaren Grundlage vergleichender Analogie enthüllt, daß Garuda, der allegorische und ungestaltete Halbmensch und Halbvogel - das Vâhana oder der Träger, auf welchem Vishnu als Kâla oder „Zeit“ reitend dargestellt wird - der Ursprung aller solcher Allegorien ist. Er ist der indische Phönix, das Emblem der cyklischen und periodischen Zeit, der „Mann-Löwe (Sinha)“, von dessen Darstellungen die sogenannten gnostischen Gemmen so voll sind. [6]

Über den sieben Strahlen der Krone des Löwen, und entsprechend ihren Spitzen, stehen oft die sieben Vokale des griechischen Alphabetes, [korrekter Abdruck siehe Buch], die Zeugnis ablegen für die Sieben Himmel. [7]

Dies ist der Sonnenlöwe und das Emblem des Sonnencyklus, so wie Garuda [8] jenes des Großen Cyklus, des Mahâ Kalpa ist, gleichewig mit Vishnu, und natürlich auch das Emblem der Sonne und des Sonnencyklus. Dies wird durch die Einzelheiten der Allegorie gezeigt. Bei seiner Geburt wurde Garuda wegen seines „strahlenden Glanzes“ fälschlich für Agni, den Gott des Feuers, gehalten, und wurde deshalb Gaganeshvara, „Herr des Himmels“ genannt. Seine Darstellung als Osiris auf den Abraxas (gnostischen) Gemmen, und durch viele Häupter allegorischer Ungetüme, mit dem Kopf und Schnabel eines Adlers oder eines Habichts - beide Sonnenvögel - bezeichnet Garudas solaren und cyklischen Charakter. Sein Sohn ist Jatâyu, der Cyklus von 60 000 Jahren. Wie von C. W. King gut bemerkt wird:

Was immer ihre (der Gemme mit dem Sonnenlöwen und den Vokalen) ursprüngliche  Bedeutung gewesen sein mag, sie wurde wahrscheinlich in ihrer gegenwärtigen Gestalt aus Indien eingeführt (aus jener wahren Quelle gnostischer Ikonographie). [9]

Die Geheimnisse der sieben gnostischen Vokale, die von den Donnern des St. Johannes ausgesprochen wurden, können nur durch den anfänglichen und ursprünglichen Occultismus von Âryâvarta enträtselt werden, der nach Indien von den ersten Brâhmanen gebracht wurde, welche in Centralasien initiiert worden waren. Und das ist der Occultismus, den wir studieren und soviel als möglich in diesen Blättern zu erklären versuchen. Unsere Lehre von den sieben Rassen, und sieben Runden des Lebens und der Entwicklung rund um unsere irdische Sphärenkette kann selbst in der Offenbarung gefunden werden. [10] Als die sieben „Donner“ oder „Töne“ oder „Vokale“ - eine Bedeutung von den sieben für jeden solchen Vokal bezieht sich unmittelbar auf unsere eigene Erde und ihre sieben Wurzelrassen in jeder Runde - „ihre Stimmen geredet hatten,“ aber dem Seher verboten hatten, sie niederzuschreiben, und ihn jene Dinge „versiegeln“ ließen, was that der Engel, der „stand auf dem Meer und auf der Erde“?

Er hob seine Hand auf zum Himmel, und schwur bei dem Lebendigen von Ewigkeit zu Ewigkeit, . . . daß hinfort keine Zeit sein mehr soll; sondern in den Tagen der Stimme des siebenten Engels, wenn er posaunen wird, so soll vollendet werden das Geheimnis Gottes (des Cyklus). [11]

Dies bedeutet, in theosophischer Ausdrucksweise, daß, wenn die siebente Runde vollendet ist, dann die Zeit aufhören wird. „Es soll hinfort keine Zeit mehr sein“ - sehr natürlich, nachdem Pralaya einsetzen und niemand auf Erden überbleiben wird, um eine Zeiteinteilung einzuhalten, während jener periodischen Auflösung und Hemmung des bewußten Lebens.


[3] a. a. O., X. 3, 4.

[4] Pistis Sophia, p. 378; King, ebendort, a. a. O.

[5] Siehe die Abteilung über die „Zeitrechnung der Brâhmanen“, p. 69, oben.

[6] Wie von C. W. King, der großen Autorität für gnostische Altertümer eingestanden wird, sind diese „gnostischen“ Gemmen nicht das Werk der Gnostiker, sondern gehören vorchristlichen Perioden an und sind das Werk von Magiern (a. a. O., p. 241).

[7] King, ebenda, p. 218.

[8] Der Mangel an Intuition bei Orientalisten und Altertumsforschern der Vergangenheit und Gegenwart ist bemerkenswert. So erklärt Wilson, der Übersetzer des Vishnu Purâna, in seiner Vorrede, daß er im Garuda Purâna „keinen Bericht über die Geburt des Garuda gefunden habe.“ Überlegt man, daß darin ein Bericht über die „Schöpfung“ im allgemeinen gegeben ist, und daß Garuda gleichewig mit Vishnu ist, der Mahâ Kalpa oder Große Lebenscyklus, der mit dem sich offenbarenden Vishnu beginnt und endigt, was für ein anderer Bericht über Garudas Geburt konnte da erwartet werden?

[9] Ebenda, a. a. O.

[10] Siehe Offenbarung, XVII. 2 und 10; und Leviticus, XXIII. 15-18; die erste Stelle spricht von den „sieben Königen“, von denen fünf gegangen sind; und die zweite über die „sieben Sabbathe“, u. s. w.

[11] a. a. O., X. 5-7.