Aber was immer das bedeuten möge, einerlei ob in wissenschaftlichen oder orthodoxen Auslegungen, diese Stelle auf Seite 259 erklärt Nârada´s Sätze auf Seite 276, und zeigt, daß sie sich auf exoterische und esoterische Methoden beziehen, und sie in Gegensatz bringen. So werden der Sâmana und der Vyâna, obwohl sie dem Prâna und dem Apâna unterworfen sind, und alle vier dem Udâna in der Angelegenheit der Erlangung von Prânâyâma (des Hatha Yogî hauptsächlich, oder von der niederen Form des Yoga), als das hauptsächliche Opfer bezeichnet, denn, wie von K. Trimbak Telang angeführt wird, sind ihre „Wirkungen praktisch wichtiger für die Lebenskraft“; d. i. sie sind die gröbsten, und werden in dem Opfer dargebracht, damit sie verschwinden mögen, sozusagen, in der Eigenschaft der Finsternis jenes Feuers oder seines Rauches - der bloßen exoterischen ritualistischen Form. Aber Prâna und Apâna, obwohl sie als untergeordnet gezeigt werden (weil weniger grob und mehr gereinigt), haben das Feuer zwischen sich; das Selbst und die geheime Erkenntnis im Besitze jenes Selbst. Dies gilt für das Gute und Böse, und für „das, was existiert, und das, was nicht existiert“; alle diese „Paare“ [26] haben Feuer zwischen sich, d. i. esoterische Erkenntnis, die Weisheit des Göttlichen Selbst. Mögen jene, welche mit dem Rauche des Feuers zufrieden sind, darin bleiben, wo sie sind, d. h. in der ägyptischen Finsternis der theologischen Erdichtungen und buchstäblichen Auslegungen.

Das Obige ist nur für die westlichen Schüler des Occultismus und der Theosophie geschrieben. Die Schreiberin vermißt sich weder, diese Dinge den Hindûs zu erklären, welche ihre eigenen Gurus haben; noch den Orientalisten, welche glauben, mehr zu wissen als alle Gurus und Rishis der Vergangenheit und Gegenwart zusammengenommen. Diese ziemlich langatmigen Anführungen und Beispiele sind notwendig, wenn auch nur, um dem Schüler die Werke zu bezeichnen, die er zu studieren hat, um so Nutzen und Wissen aus der Vergleichung herzuleiten. Er lese die Pistis Sophia, im Lichte der Bhagavad Gîtâ, der Anugîtâ und anderer; und dann wird der von Jesus in dem gnostischen Evangelium gemachte Ausspruch klar werden, und die „Masken“ des toten Buchstaben sofort verschwinden. Man lese das folgende und vergleiche es mit der soeben gegebenen Erklärung aus den indischen Schriften.

Und kein Name ist herrlicher als alle diese (sieben) Vokale, [27] ein Name, in dem alle Namen enthalten sind, und alle Lichter, und alle die (neunundvierzig) Kräfte. Wenn ein Mensch in der Kenntnis dieses Namens diesen stofflichen Körper verläßt, [28] so wird kein Rauch (d. i. keine theologische Täuschung), [29] keine Finsternis, und keine Macht, und kein Beherrscher der Sphäre (kein persönlicher Genius oder Planetengeist, der Gott genannt wird) des Schicksals (Karma) . . . im stande sein, die Seele, welche jenen Namen kennt, zurückzuhalten. . . . Wenn er jenen Namen zum Feuer aussprechen wird . . . , wird die Finsternis entfliehen. Und wenn er jenen Namen aussprechen wird zu . . . allen ihren Mächten, ja selbst zur Barbelo, [30] und zum Unsichtbaren Gotte, und zu den drei dreimächtigen Göttern, so werden ebenso bald, als er jenen Namen an jenen Stellen ausgesprochen haben wird, sie alle eines auf das andere geworfen, so daß sie alle bereit sein werden, zu schmelzen und zu vergehen, und sie werden laut ausrufen: O Licht eines jeden Lichtes, das in den grenzenlosen Lichtern ist, erinnere dich unser und reinige uns! [31]

Es ist leicht zu sehen, was dieses Licht und dieser Name sind: das Licht der Initiation und der Name des „Feuer-Selbst,“ was kein Name ist, keine Handlung, sondern eine geistige immer lebendige Kraft, die höher sogar ist als der wirkliche „Unsichtbare Gott,“ da diese Kraft Es selbst ist.

Aber wenn der fähige und gelehrte Verfasser der Gnostics and their Remains den Geist der Allegorie und Mystik in dem von ihm übersetzten und angeführten Bruchstücken in dem oben genannten Werke, aus der Pistis Sophia, nicht hinlänglich in Betracht gezogen hat - so haben andere Orientalisten viel schlechteres gethan. Da sie weder seine intuitive Wahrnehmung des indischen Ursprungs der gnostischen Weisheit, und noch weniger jene der Bedeutung ihrer „Gemmen“ besitzen, so haben die meisten von ihnen, beginnend mit Wilson und endend mit dem dogmatischen Weber, höchst außergewöhnliche Mißgriffe mit Bezug auf fat jedes Symbol gethan. Sir M. Monier Williams und andere zeigen eine ganz entschiedene Verachtung für die „esoterischen Buddhisten,“ wie die Theosophen jetzt genannt werden; doch hat niemals ein Schüler der occulten Philosophie einen Cyklus fälschlich für eine lebendige Persönlichkeit und umgekehrt gehalten, wie es sehr oft bei unseren gelehrten Orientalisten der Fall ist. Ein Beispiel oder zwei mögen den Satz anschaulicher illustrieren. Wählen wir das bestbekannte.

Im Râmâyana wird Garuda „der Oheim mütterlicherseits von Sagara´s 60 000 Söhnen“ genannt; und Amshumat, Sagaras Enkel, „der Neffe von den 60 000 Oheimen,“ welche in Asche verwandelt wurden durch den Blick des Kapila - des Purushottama oder unendlichen Geistes, welcher das Pferd, welches Sagara für das Ashvamedha-Opfer aufbewahrte, verschwinden ließ. Wiederum sagt Garudas Sohn [32] - Garuda selbst ist der Mahâ Kalpa oder Große Cyklus - Jatâyu, der König des gefiederten Volkes (da er auf dem Punkte ist, von Râvarna, welcher die Sîtâ entführt, erschlagen zu werden), indem er von sich selbst spricht: „Es ist 60 000 Jahre, o König, daß ich geboren bin“; worauf er der Sonne seinen Rücken zuwendend - stirbt.

Jatâyu ist natürlich der Cyklus von 60 000 Jahren innerhalb der großen Cyklus des Garuda; daher wird er als sein Sohn oder Neffe dargestellt, nach Belieben, da die ganze Bedeutung darauf beruht, daß er in die Linie von Garudas Nachkommen gestellt ist. Dann ist wieder Diti, die Mutter der Maruts, deren Abkömmlinge und Nachkommenschaft der Nachzeit des Hiranyâksha angehörte, „deren Zahl 77 Karos (oder 770 Millionen) von Menschen war,“ nach dem Padma Purâna. Alle solchen Erzählungen werden für „sinnlose Erdichtungen und Thorheiten erklärt. Aber - die Wahrheit ist die Tochter der Zeit, fürwahr; und die Zeit wird es zeigen.


[26] Vergleiche mit diesen „Paaren der Gegensätze“ in der Anugîtâ die „Paare“ von Aeonen in dem ausgearbeiteten Systeme des Valentinus, des höchst gelehrten und tiefsinnigen Meisters der Gnostis. Wie die „Paare der (männlichen und weiblichen) Gegensätze“ alle aus Âkâsha (dem unentwickelten und entwickelten, dem differentiierten und undifferentiierten, oder Selbst oder Prajâpati) hergeleitet sind, so werden die Valentinianischen „Paare“ männlicher und weiblicher Aeonen emanierend dargestellt aus Bythos, der vorherexistierenden ewigen Tiefe, und in ihrer zweiten Emanation aus Ampsin-Ouraan, oder der immerwährenden Tiefe und Schweigen, dem zweiten Logos. In der esoterischen Emanation gibt es sieben Haupt- „Paare der Gegensätze“, und so waren auch im Valentinianischen Systeme ihrer vierzehn, oder zweimal sieben. Epiphanius „kopierte ein Paar zweimal nacheinander“, denkt Herr C. W. King, „und fügt so ein Paar zu den eigentlichen fünfzehn hinzu.“ (The Gnostics and their Remains, pp. 263, 264.) Hier fällt King in den entgegengesetzten Irrtum; die Aeonenpaare sind nicht 15 (eine „Maske“), sondern 14, da der erste Aeon Jener ist, aus dem die anderen emanieren, indem Tiefe und Schweigen die erste und einzige Emanation aus dem Bythos sind.Und Hippolyt zeigt: „Die Aeonen des Valentinus sind eingestandenermaßen die sechs Radikale des Simon (Magus),“ mit dem siebenten, dem Feuer, an ihrer Spitze. Und diese sind: Gemüt, Intelligenz, Stimme, Name, Vernunft und Gedanke, untergeordnet dem Feuer, dem Höheren Selbst, oder genau die „Sieben Winde“ oder die „Sieben Priester“ der Anugîtâ.

[27] Die Worte „(sieben) Vokale“ finden sich nur in der ersten Auflage.  (Der Übers.)

[28] Nicht notwendigerweise nur beim Tode, sondern auch während Samâdhi oder mystischer Verzückung.

[29] Alle Worte und Sätze zwischen Klammern stammen von der Schreiberin. Dies ist unmittelbar nach der lateinischen Übersetzung übersetzt. Kings Übersetzung richtet sich zu sehr nach dem Gnosticismus, wie er von den Kirchenvätern erklärt wird.

[30] Barbelo ist eine von den drei „Unsichtbaren Göttern“, und Schließt, wie C. W. King glaubt, die „Göttliche Mutter“ des Heilandes in sich, oder vielmehr die Sophia Achamoth (vgl. Pistis Sophia, p. 359).

[31] Pp. 378, 379.

[32] In anderen Purânen ist Jatâyu der Sohn von Aruna, dem Bruder des Garuda, beide die Söhne des Kashyapa. Aber all dies ist äußerliche Allegorie.