Wir haben jetzt von der Mysteriensprache zu reden, von jener der vorgeschichtlichen Rassen. Sie war keine phonetische, sondern eine rein bildliche und symbolische Sprache. Sie ist gegenwärtig in ihrer Vollständigkeit nur sehr wenigen bekannt, indem sie für die Massen seit mehr als 5000 Jahren eine vollständig tote Sprache geworden ist. Doch kannten sie die meisten der gelehrten Gnostiker, Griechen und Juden, und gebrauchten sie, wenn auch auf sehr verschiedene Art. Ein paar Beispiele mögen gegeben werden.

Auf der oberen Ebene ist die Zahl keine Zahl, sondern eine Null - ein Kreis. Auf der untern ebene wird sie zur eins - welche eine ungerade Zahl ist. Jeder Buchstabe der alten Alphabete hatte seine philosophische Bedeutung und Daseinsgrund. Die Zahl eins (1) bedeutet bei den alexandrinischen Initiierten einen aufgerichteten Körper, einen lebendigen stehenden Menschen, indem er das einzige Tier ist, welches dieses Vorrecht hat. Und indem man zur „1“ einen Kopf hinzufügte, wurde sie verwandelt zu einem „P“, einem Symbole der Paternität, der schöpferischen Kraft; während „R“ einen „sich bewegenden Menschen“ auf seinem Wege bedeutete. Daher hatte Pater Zeus nichts Geschlechtliches oder Phallisches, weder in seinem Ton noch in der Form seiner Buchstaben; und ebenso nicht [korrekter Abdruck siehe Buch] (nach Ragon). [4] Wenn wir uns nun dem hebräischen Alphabet zuwenden, so werden wir finden, daß während eins oder Aleph ([korrekter Abdruck siehe Buch]) einen Stier oder einen Ochsen zu seinem Symbol hat, zehn, die vollkommene Zahl, oder eins der Kabbalah ein Yod ([korrekter Abdruck siehe Buch], y, i oder j) ist, und als der erste Buchstabe von Jehovah das Zeugungsorgan und das übrige bedeutet.

Die ungeraden Zahlen sind göttlich, die geraden Zahlen sind irdisch, teuflisch, und unglücklich. Die Pythagoräer haßten die Zweiheit. Für sie war sie der Ursprung der Differentiation, hiemit der Widersprüche, der Zwietracht, oder des Stoffes, der Anfang des Bösen. In der valentinianischen Theogonie sind Bythos und Sigê (Tiefe, Chaos, Stoff, geboren im Schweigen) die ursprüngliche Zweiheit. Bei den frühen Pythagoräern jedoch war die Duade jener unvollkommene Zustand, in welchen das erste geoffenbarte Wesen verfiel, als es von der Monade getrennt wurde. Es war der Punkt, von welchem sich die zwei Straßen - die gute und die böse - abzweigten. Alles, was zweigesichtig oder falsch war, wurde von ihnen „binär“ genannt. Eins war allein Gut und Harmonie, weil keine Disharmonie von Eins allein hervorgehen kann. Daher das lateinische Wort Solus in Beziehung auf den Einen und Einzigen Gott, und Unbekannten des Paulus. Solus wurde jedoch sehr bald zum Sol - der Sonne.

Die Dreiheit ist die erste von den ungeraden Zahlen, sowie das Dreieck die erste von den geometrischen Figuren ist. [5] Diese Zahl ist fürwahr vorzugsweise die Zahl des Geheimnisses. Um sie nach den exoterischen Richtungen zu studieren, hat man Ragon´s Cours Philosophique et Interprétatif des Initiations zu lesen, nach den esoterischen - die indische Zahlensymbolik; denn die Kombinationen, welche darauf angewendet wurden, sind zahllos. Auf die occulten Eigenschaften der drei gleichen Seiten des Dreiecks basierte Ragon seine Studien und gründete die berühmte maurerische Gesellschaft der Trinosophen - jener, welche drei Wissenschaften studieren; eine Verbesserung gegenüber den gewöhnlichen drei maurerischen Graden, welche jenen erteilt werden, welche nichts studieren außer essen und trinken bei ihren Logenarbeiten. Wie der Begründer schreibt:

Die erste Linie des Dreieckes, die dem Lehrlinge zum Studium dargeboten wird, ist das Mineralreich, symbolisiert durch Tubale [korrekter Abdruck siehe Buch] (Tubal-Cain).
Die zweite Seite, über die der Geselle nachzudenken hat, ist das Pflanzenreich, symbolisiert durch Schibb [korrekter Abdruck siehe Buch] (Schibboleth). In diesem Buche beginnt die Generation der Körper. Das ist der Grund, warum der Buchstabe G strahlend vor den Augen des Adepten (?!) gezeigt wird.
Die dritte Seite ist dem Meister-Maurer überlassen, welcher seiner Erziehung durch das Studium des Tierreiches zu vollenden hat. Es wird symbolisiert durch Maoben [korrekter Abdruck siehe Buch] (Sohn der Fäulnis). [6]

Die erste körperliche Figur ist die Vierheit, das Symbol der Unsterblichkeit. Dies ist die Pyramide, denn die Pyramide steht auf einer dreieckigen Grundfläche und endigt mit einem Punkte an der Spitze, und bietet so die Dreiheit und die Vierheit oder die 3 und 4.
Die Pythagoräer lehrten den Zusammenhang und die Beziehung zwischen den Göttern und den Zahlen in einer Wissenschaft mit Namen Arithmomantie. Die Seele ist eine Zahl, sagten sie, welche sich selbst bewegt und die Zahl 4 enthält; und der geistige und physische Mensch ist die Zahl 3, da die Dreiheit für sie nicht nur die Oberfläche, sondern auch das Prinzip der Formenbildung des physischen Körpers darstellte. So waren die Tiere bloß Dreiheiten, und der Mensch allein eine Siebenheit, wenn tugendhaft; eine Fünfheit, wenn böse, denn:

Die Zahl Fünf war zusammengesetzt aus einer Zweiheit und einer Dreiheit, und von diesen warf die Zweiheit alles in der vollkommenen Form in Unordnung und Verwirrung. Der vollkommene Mensch, sagten sie, war eine Vierheit und eine Dreiheit, oder vier stoffliche und drei unstoffliche Elemente; und diese drei Geister oder Elemente finden wir gleicherweise in der Fünf, wenn sie den Mikrokosmos darstellt. Die letztere ist eine Zusammensetzung aus einer Zweiheit, die sich unmittelbar auf die grobe Materie bezieht, und aus drei Geistern. Denn, wie Ragon sagt:

Diese sinnreiche Figur ist die Vereinigung der beiden griechischen Hauche ([korrekter Abdruck siehe Buch]), die über Vokale gesetzt werden, welche aspiriert oder nicht aspiriert werden sollen. Das erste Zeichen ([korrekter Abdruck siehe Buch]) wird der „starke“ oder höhere „Spiritus“ genannt, der Geist von Gott aspiriert (spiratus) und geatmet vom Menschen. Das zweite Zeichen ([korrekter Abdruck siehe Buch]), das untere ist der weiche „Spiritus“, welcher den zweiten Geist repräsentiert; . . . das ganze umfaßt den ganzen Menschen. Es ist die universale Quintessenz, das Lebensfluidum oder Leben. [7]


[4] Orthodoxie Maçonnique Suivie de la Maçonnerie Occulte et de L`Initiation Hermétique, J. M. Ragon, p. 430; siehe auch das ganze Kapitel XXVII „Kraft der Zahlen nach Pythagoras“ wegen des folgenden.

[5] Der Grund dafür ist einfach und wurde in Isis Entschleiert gegeben. In der Geometrie vermag eine gerade Linie keine vollständige Figur darzustellen, auch können zwei gerade Linien keine vollständige Figur bilden. Das Dreieck ist eine vollständige Figur.

[6] Ragon, ebenda, p. 428, Anm.

[7] Ebenda, p. 431