All dies ist sehr verwirrend für einen, der nicht im stande ist, die Purânen anders als nach ihrem buchstäblichen Sinne zu lesen und zu verstehen. [27] Daher finden wir, daß die Orientalisten bestreiten, verwirrt zu sein, und den gordischen Knoten der Schwierigkeit dadurch zerhauen, daß sie das ganze System für „Erdichtungen . . . der brâhmanischen Einbildungskraft und Liebe zur Übertreibung“ erklären. Aber für den Schüler des Occultismus ist das Ganze reich an tiefer philosophischer Bedeutung. Wir überlassen gerne die Schale dem westlichen Sanskritisten, aber beanspruchen den Inhalt der Frucht für uns selbst. Wir thun noch mehr: wir geben zu, daß in einem Sinne vieles in diesen sogenannten „Fabeln“ sich auf astronomische Allegorien über Konstellationen, Sternbilder, Sterne und Planeten bezieht. Während jedoch der Ghandarva des Rig Veda dazu bestimmt sein mag, das Feuer der Sonne zu personificieren, sind die Ghandarva Devas Wesenheiten sowohl von einem physischen, als auch von einem psychischen Charakter, während die Asparasen (mit anderen Rudras) sowohl Qualitäten, als auch Quantitäten sind. Kurz gesagt, die Theogonie der vedischen Götter wird, wenn sie jemals entwirrt sein wird, unergründliche Mysterien der Schöpfung und des Daseins enthüllen. Richtig sagt Parâshara:
Diese Klassen von dreiunddreißig Gottheiten . . . existieren Zeitalter um Zeitalter, und ihr Erscheinen und Verschwinden geschieht auf dieselbe Art, wie die Sonne untergeht und wieder aufgeht. [28]

Es gab eine Zeit, da das östliche Symbol von Kreuz und Kreis, der Svastika allgemein angenommen war. Bei dem esoterischen, und was dies betrifft, beim exoterischen Buddhisten, dem Chinesen und dem Mongolen bedeutet es die „zehntausend Wahrheiten“. Diese Wahrheiten, sagen sie, gehören den Geheimnissen des Unsichtbaren Weltalls und der Ursprünglichen Kosmogonie und Theogonie an.
Seitdem Fohat den Kreis gleich zwei Flammenlinien (horizontal und vertikal) durchkreuzt hat, haben die Gesegneten niemals unterlassen, ihre Vertreter auf die Planeten zu senden, über die zu wachen von Anbeginne an sie bestimmt sind.
Dies ist der Grund, warum der Svastika immer - so wie es mit dem Henkelkreuz in Ägypten geschah - auf die Brust der verstorbenen Mystiker gesetzt wird. Er findet sich auf dem Herzen der Bilder und Statuen des Buddha in Tibet und der Mongolei. Er ist das Siegel, das auch auf die Herzen der lebendigen Initiierten gedrückt, und bei einigen für immer in das Fleisch eingebrannt wird. Dies geschieht, weil sie diese Wahrheiten unverletzt und unberührt in ewigem Stillschweigen und Geheimhaltung bis zu dem Tage zu bewahren haben, an dem sie wahrgenommen und gelesen werden von ihren auserwählten Nachfolgern - neuen Initiierten - „würdig, mit den zehntausend Vollkommenheiten ausgestattet zu werden.“ Jetzt ist er jedoch so erniedrigt worden, daß er oft auf den Kopfschmuck der „Götter“, der scheußlichen Idole der gotteslästerlichen Bhons - der Dugpas oder Zauberer der tibetanischen Grenzländer - gesetzt ist, bis er von einem Galukpa aufgefunden und zugleich mit dem Haupte des „Gottes“ abgerissen wird, obwohl es besser wäre, wenn das des Anbeters es wäre, das von seinem sündigen Körper getrennt wird. Trotzdem kann er niemals seine geheimnisvollen Eigenschaften verlieren. Blicket zurück, und ihr seht ihn ebenso von den Initiierten und Sehern benützt, wie von den Priestern von Troja, denn viele Exemplare desselben sind von Schliemann an der Stelle jener alten Stadt gefunden worden. Man findet ihn bei den alten Peruanern, den Assyrern, Chaldäern, sowie auf den Wällen der cyklopischen Gebäude der alten Welt; in den Katakomben der neuen Welt, und in jenen der alten (?), zu Rom, wo er - weil man annimmt, daß die ersten Christen sich selbst und ihre Religion verborgen haben - Crux Dissimulata genannt wird.

Nach De Rossi war der Swastika von einer frühen Zeit an eine beliebte Form des Kreuzes, verwendet mit einer occulten Bedeutung, welche zeigt, daß das Geheimnis nicht jenes des christlichen Kreuzes war. Ein Swastikakreuz in den Katakomben ist das Zeichen einer Inschrift, welche lautet: „[korrekter Abdruck siehe Buch], Vitalis Vitalia“ oder Leben des Lebens. [29]

Aber der beste Beweis für das hohe Alter des Kreuzes ist jener, welcher von dem Verfasser der Natural Genesis selbst vorgebracht wird:

Die Wertschätzung des Kreuzes als eines christlichen Symbols datiert angenommenermaßen von der Zeit, da Jesus Christus gekreuzigt wurde. Und doch erscheint in der christlichen Ikonographie der Katakomben keine Gestalt eines Menschen auf dem Kreuze während der ersten sechs oder sieben Jahrhunderte. Da sind alle Formen des Kreuzes mit Ausnahme von jenem - dem angeblichen Ausgangspunkt der neuen Religion. Jenes war nicht die anfängliche, sondern die schließliche Form des Kruzifixes. [30] Während etlicher sechs Jahrhunderte nach der christlichen Zeitrechnung ist die Begründung der christlichen Religion auf einem gekreuzigten Erlöser in der christlichen Kunst durchaus nicht vorhanden! Die früheste bekannte Form der menschlichen Gestalt auf dem Kreuze ist das vom Papst Gregor dem Großen der lombardischen Königin Theodolinde geschenkte Kruzifix, das sich jetzt in der Kirche des St. Johannes zu Monza befindet, während sich in den römischen Katakomben kein Bild des Gekreuzigten früher als jenes von San Giulio findet, welches dem siebenten oder achten Jahrhundert angehört. . . . Da ist kein Christus und kein Gekreuzigter; das Kreuz ist der Christus ebenso wie der Stauros (Kreuz) ein Typus und eine Name des Horus, des gnostischen Christus war. Das Kreuz, nicht der Gekreuzigte, ist das anfängliche Symbol der christlichen Kirche. Das Kreuz, nicht der Gekreuzigte, ist der wesentliche Gegenstand der Darstellung in ihrer Kunst, und der Anbetung in ihrer Religion. Der Keim des ganzen Wachstums und der ganzen Entwicklung kann auf das Kreuz zurückgeführt werden. Und jenes Kreuz ist vorchristlich, ist heidnisch in einem halben Dutzend verschiedener Gestalten. Der Kultus begann mit dem Kreuze, und Julian hatte recht zu sagen, daß er „Krieg führe mit dem X“; was er augenscheinlich so betrachtete, daß es von den A-Gnostikern und Mytholatoren angenommen war, um eine unmögliche Bedeutung auszudrücken. [31]
Jahrhunderte lang stand das Kreuz für den Christus, und wurde angerufen, als ob es ein lebendes Wesen wäre. Es wurde zuerst vergöttlicht, und zuletzt vermenschlicht. [32]


[27] Doch wird sich dieser Sinn, wenn er einmal bemeistert ist, als das Sicherheitskästchen erweisen, das die Schlüssel zur Geheimen Weisheit enthält. Fürwahr, ein Kästchen, das so überreich ausgeschmückt ist, daß sein Zierwerk gänzlich jede Feder zu seiner Öffnung versteckt und verbirgt, und so den Intuitionslosen glauben macht, daß es überhaupt keine Öffnung hat und haben kann. Jedoch die Schlüssel sind da, tief  vergraben, aber immer gegenwärtig für den, der nach ihnen sucht.

[28] Vishnu Purâna, I. XV; Wilson´s Übers., II. 29.

[29] Angeführt in Gerald Massey´s The Natural Genesis, I. 427.

[30] Bei den Christen ganz unleugbar. Bei den vorchristlichen Symbologen war es, wie gesagt, das Marterbett oder Marterlager während des Initiationsmysteriums, indem das „Kruzifix“ horizontal auf dem Boden gelegt, und nicht aufgestellt wurde, wie zu der Zeit, da es zum römischen Galgen wurde.

[31] Das war es, und es konnte nicht anders sein. Der Kaiser Julian war ein Initiierter und kannte als solcher gut sowohl die metaphysische, als auch die physische „Mysterienbedeutung“.

[32] a. a. O., ebenda, p. 433.