Einige Schüler haben Schwierigkeit darin gefunden, zu erklären, warum die vertikale Linie, [27] welche männlich ist, im Kreuze zu einer vierteiligen Linie wird (indem vier eine weibliche Zahl ist), während die horizontale (die Linie der Materie) dreiteilig wird. Aber dies ist leicht zu erklären. Da die mittlere Fläche des „entfalteten Würfels“ dem vertikalen, sowie dem horizontalen Balken, oder der Doppellinie gemeinsam ist, so wird sie sozusagen neutraler Grund, und gehört keinem von beiden an. Die Geistlinie bleibt dreiteilig, und die Stofflinie zweifältig - indem zwei eine gerade und daher auch eine weibliche Zahl ist. Obendrein hatten, nach Theon in seinen Mathematica, die Pythagoräer, welche die Tetraktys den Namen Harmonie gaben, „weil sie ein Diatessaron in der Sesquitertia ist,“ die Ansicht:

Die Teilung des Kanons des Monochords geschah nach der Tetraktys in die Duade, Triade, und Tetrade; denn er umfaßt eine Sesquitertia, eine Sesquialtera, eine doppelte, eine dreifache, und eine vierfache Proportion, deren Sektion 27 ist. Im alten musikalischen Bezeichnungssystem bestand das Tetrachord aus drei Stufen oder Intervallen, und vier Tongrenzen, die von den Griechen Diatessaron genannt wurden und von uns eine Quarte. [28]

Obendrein war die Vierheit, wenn auch eine gerade, daher eine weibliche („höllische“) Zahl, nach ihrer Form verschieden. Dies ist von Stanley gezeigt. [29] Die vier wurde von den Pythagoräern der Schlüsselhalter der Natur genannt; aber in Verbindung mit der drei, was sie zur sieben machte, wurde sie die vollkommenste und harmonischste Zahl, die Natur selbst. Die vier war „das Maskulinum der femininen Form“, wenn sie das Kreuz bildete; und sieben ist der „Meister des Mondes“, weil dieser Planet gezwungen ist, sein Aussehen alle sieben Tage zu ändern. Nach der Zahl sieben setzte Pythagoras seine Lehre über die Harmonie und Musik der Sphären zusammen, indem er den Abstand des Mondes von der Erde einen „Ton“ nannte; vom Mond zum Merkur einen halben Ton, von da bis zur Venus dasselbe; von der Venus bis zur Sonne anderthalb Töne; von der Sonne zum Mars einen Ton; von da bis zum Jupiter einen halben Ton; vom Jupiter zum Saturn einen halben Ton; und von da bis zum Tierkreis einen Ton; das machte sieben Töne - die Oktavenharmonie. [30] Die ganze Melodie der Natur ist in jenen sieben Tönen, und wird daher die „Stimme der Natur“ genannt.

Plutarch erklärt, [31] daß die ältesten Griechen die Tetrade als die Wurzel und das Prinzip aller Dinge betrachteten, da sie die Zahl der Elemente war, wodurch alle sichtbaren und unsichtbaren geschaffenen Dinge hervorgebracht wurden. [32]

Bei den Brüdern des Rosenkreuzes bildete die Figur des Kreuzes oder des entfalteten Würfels den Gegenstand einer Erörterung in einem der Theosophischen Grade des Peuvret, und wurde nach den Fundamentalprinzipien  von Licht und Finsternis, oder Gut und Böse, behandelt. [33]

Die intelligible Welt geht aus dem göttlichen Gemüt (oder der Einheit) auf diese Art hervor. Die Tetraktys, welche auf ihrer eigenen Wesenheit und bei ihrem eigenen Anfange die erste Einheit, die Hervorbringerin aller Dinge reflektiert, sagt so: Einmal eins, zweimal zwei, unmittelbar entsteht eine Vierheit, welche an ihrer Spitze die höchste Einheit hat und eine Pyramide wird, deren Basis eine ebene Tetrade ist, entsprechend einer Oberfläche, auf welcher das strahlende Licht der göttlichen Einheit die Form des unkörperlichen Feuers hervorbringt, vermöge des Herabsteigens der Juno [Materie] zu den niederen Dingen. Daraus entsteht das essentielle Licht, nicht brennend, sondern erleuchtend. Dies ist die Schöpfung der Mittelwelt, welche die Hebräer die Höchste, die Welt der (ihrer) Gottheit nennen. Sie wird bezeichnet als Olymp, durchaus Licht, und voll von getrennten Formen, wo die Wohnung der unsterblichen Götter ist, deûm domus alta, deren Spitze die Einheit, deren Mauer die Dreiheit, und deren Oberfläche die Vierheit ist. [34]

Die „Oberfläche“ hat somit eine bedeutungslose Fläche zu bleiben, wenn sie sich selbst überlassen ist. Da die Einheit die Vierheit bloß „erleuchtet“, so hat die berühmte niedere Vier für sich selbst auch eine Mauer aus der Dreiheit zu erbauen, wenn sie geoffenbart sein will. Ferner ist das Tetragrammaton oder der Mikroprosopus „Jehovah“, der sich sehr ungehörig das „War, Ist, Wird Sein“ anmaßt, das jetzt übersetzt wird mit dem „Ich bin der ich bin“, und ausgelegt wird als auf die höchste abstrakte Gottheit bezüglich; während esoterisch und in einfacher Wahrheit es bloß die periodisch chaotische, unruhige und ewige Materie bedeutet, mit allen ihren Möglichkeiten. Denn das Tetragammaton ist eins mit der Natur oder Isis, und ist die exoterische Reihe androgyner Götter, wie z. B. Osiris-Isis, Jupiter-Juno, Brahmâ-Vâch, oder das kabbalistische Jah-Hovah; die alle männlich-weiblich sind. Jeder anthropomorphische Gott hat bei den alten Nationen, wie Marcellus Ficinus richtig bemerkte, seinen Namen mit vier Buchstaben geschrieben. So war er bei den Ägyptern Teut; bei den Arabern Alla; bei den Persern Sire; bei den Magiern Orsi; bei den Lateinern Deus; dem Johannes Lorenzo Anania hinzugefügt das deutsche Gott; das sarmatische Bouh; u. s. w. [35]


[27] Oben, p. 626.

[28] Oliver, ebenda, p. 114.

[29] Pythag., p. 61.

[30] Oliver, ebenda, p. 172.

[31] De Plac. Phil., p. 878.

[32] Siehe Oliver, ebenda, p. 106.

[33] Ebenda, p. 108.

[34] Reuchlin, wie oben, p. 689; Oliver, ebenda, pp. 112, 113.

[35] Oliver, ebenda, p. 118.