Dieselbe Einteilung und Lehre ist in der ältesten und angesehensten der indischen Schriften zu finden - im Rig Veda. Dort sind sechs Welten erwähnt, außer unserer Erde: die sechs Rajamsi über Prithivî, der Erde, oder „dieses“ (Idam) im Gegensatze zu „dem, was jenseits ist“ (d. i. den sechs Kugeln auf den drei andern Ebenen oder Welten). [66]
Die Kursivschrift ist von uns, um die Identität der Sätze mit jenen der Esoterischen Lehre zu zeigen, und den begangenen Mißgriff hervorzuheben. Die Magier oder Mazdeer glaubten nur, woran andere Leute glaubten: nämlich an sieben „Welten“ oder Kugeln unserer Planetenkette, von denen nur eine in gegenwärtiger Zeit dem Menschen zugänglich ist - unsere Erde; und an das aufeinanderfolgende Erscheinen und Vergehen von sieben Kontinenten oder Erden auf dieser unserer Kugel, wobei jeder Kontinent, in Erinnerung an die sieben Kugeln (eine sichtbar, sechs unsichtbar) geteilt ist in sieben Inseln oder Kontinente, sieben „Klimate“ u. s. w. Dies war ein gemeinsamer Glaube in jenen Tagen, da die jetzt geheime Lehre für alle offen war. Diese Vielheit der Örtlichkeiten in siebenfältigen Einteilungen hat die Orientalisten - welche obendrein durch das Vergessen der uninitiierten Hindûs und Parsîs auf ihre ursprünglichen Lehren noch weiter irregeführt worden sind - sich so verwirrt fühlen lassen durch diese immer wiederkehrende siebenfältige Zahl, so daß sie dieselbe als „mythisch“ betrachteten. Dieses Vergessen der ersten Anfänge hat die Orientalisten von der richtigen Spur abgelenkt und sie die größten Fehler begehen lassen. Derselbe Mißgriff findet sich in der Definition der Götter. Jene, welche die Esoterische Lehre der frühesten Ârier nicht kennen, können niemals die in diesen Wesen enthaltene metaphysische Bedeutung sich zu eigen machen, oder auch nur richtig verstehen.

Ahura Mazda (Ormazd) war das Haupt und die Zusammenfassung der sieben Amesha Spentas, oder Amshaspands, und daher selber ein Amesha Spenta. Gerade so, wie Jehovah-Binah-Elohim das Haupt und die Zusammenfassung der Elohim war und nicht mehr; so war Agni-Vishnu-Sûrya die Zusammenfassung und das Haupt, oder der Brennpunkt, woraus in der Physik und auch in der Metaphysik, aus der geistigen sowohl, wie aus der physischen Sonne, die sieben Strahlen, die sieben Feurigen Zungen, die sieben Planeten oder Götter hervorgingen. Alle diese wurden höchste Götter und der Eine Gott, aber erst nach dem Verluste der ursprünglichen Geheimnisse; d. i. nach dem Versinken der Atlantis, oder der „Flut“, und nach der Besitzergreifung Indiens durch die Brâhmanen, welche auf den Gipfeln der Himâlayas Zuflucht gesucht hatten, denn selbst die hohen Tafelländer des heutigen Tibet wurden eine zeitlang überschwemmt. Ahura Mazda wird im Vendîdâd nur als der „Seligste Geist, Schöpfer der Körperlichen Welt“ angerufen. Ahura Mazda bedeutet in seiner buchstäblichen Übersetzung der „weise Herr“ (Ahura „Herr“ und Mazda „weise“). Ferner verknüpft dieser Name Ahura, im Sanskrit Asura, ihn mit den Mânasaputras, den Söhnen der Weisheit, welche den gemütlosen Menschen beseelten, und ihn mit seinem Gemüte (Manas) begabten. Ahura (Asura) kann hergeleitet werden von der Wurzel ah „sein“, aber in seiner ursprünglichen Bedeutung ist es das, was es nach der Darstellung der Geheimlehre ist.

Wenn die Geologie herausgefunden haben wird, vor wie viel tausend Jahren die gestörten Wasser des indischen Ozeans die höchsten Hochebenen von Zentralasien erreichten, als das kaspische Meer und der persische Golf mit ihm eine Einheit bildeten, erst dann wird man das Alter der bestehenden ârischen brâhmanischen Nation kennen, und auch die Zeit ihres Herabsteigens in die Ebenen von Hindûstan, welches erst Jahrtausende später stattfand.
Yima, der sogenannte „erste Mensch“ im Vendîdâd, gehört ebenso wie sein Zwillingsbruder Yama, der Sohn des Vaivasvata Manu, zwei Epochen der universalen Geschichte an. Er ist der Vorfahr der Zweiten Menschenrasse, somit die Personifikation der Schatten der Pitris, und der Vater der nachsintflutlichen Menschheit. Die Magier sagten „Yima“, so wie wir „Mensch“ sagen, wenn wir von der Menschheit sprechen. Der „schöne Yima“, der erste Sterbliche, welcher mit Ahura Mazda verkehrt, ist der erste „Mensch“, welcher stirbt oder verschwindet, nicht der erste, der geboren wird. Der „Sohn des Vîvanghat“ [67] war, wie der Sohn des Vaivasvata, der symbolische Mensch, welcher in der Esoterik als der Repräsentant der ersten drei Rassen und als der kollektive Vorfahr derselben dastand. Von diesen Rassen sind die ersten zwei niemals gestorben, [68] sondern nur verschwunden, absorbiert in ihrer Nachkommenschaft, und die Dritte kannte den Tod erst gegen ihren Schluß hin, nach der Trennung der Geschlechter und nach ihrem „Fall“ in die Zeugung. Darauf ist klar angespielt in Fargard II. des Vendîdâd. Yima weigert sich, der Überbringer des Gesetzes des Ahura Mazda zu werden, indem er sagt:

„Ich ward nicht geboren, ich ward nicht gelehrt, um der Prediger und der Überbringer deines Gesetzes zu sein.“ [69]

Und dann ersucht ihn Ahura Mazda, seine Menschen wachsen zu machen und seine Welt zu „überwachen“.
Er weigert sich, der Priester des Ahura Mazda zu werden, weil er sein eigener Priester und Opferer ist, aber er nimmt den zweiten Vorschlag an. Er antwortet, wie es heißt:

„Ja! . . . Ja, ich will deine Welt ernähren, und beherrschen, und überwachen. Während ich König bin, soll weder kalter Wind, noch heißer Wind sein, weder Krankheit noch Tod.“

Dann bringt ihm Ahura Mazda einen goldenen Ring und einen Dolch, die Embleme der Oberherrschaft.

So vergingen unter der Herrschaft des Yima dreihundert Winter, und die Erde wurde wieder erfüllt mit Flügen und Herden, mit Menschen und Hunden und Vögeln und mit roten lodernden Feuern.

Dreihundert Winter bedeuten dreihundert Perioden oder Cyklen.


[66] Siehe Rig Veda, I. 34; III. 56; VII. 10. 411, und V. 60. 6.

[67] Vendîdâd, a. a. O., p. 13.

[68] Der Tod kam erst, nachdem der Mensch ein physisches Geschöpf geworden war. Die Menschen der Ersten Rasse, und auch die der Zweiten, lösten sich auf und verschwanden in ihrer Nachkommenschaft.

[69] a. a. O., p. 12.