D.
DIE SIEBENHEIT IN DEN EXOTERISCHEN WERKEN.

Wir können jetzt andere alte Schriften untersuchen und sehen, ob sie die siebenfältige Einteilung enthalten, und wenn so, bis zu welchem Grade.
Verstreut in tausenden von anderen Sanskrittexten, von denen einige noch ungeöffnet, andere sogar unbekannt sind, sowie auch in allen Purânen eben so sehr, wenn nicht noch viel mehr als selbst in der jüdischen Bibel, spielen die Zahlen sieben und neunundvierzig (7 x 7) eine höchst hervorragende Rolle. In den Purânen finden sie sich von den sieben Schöpfungen in den ersten Kapiteln bis herab zu den sieben Strahlen der Sonne am schließlichen Pralaya, welche sich zu sieben Sonnen erweitern und das Material des ganzen Weltalls aufsaugen. So hat das Matsya Purâna:

Zum Zwecke der Verkündung der Veden erzählte Vishnu am Beginne eines Kalpa dem Manu die Geschichte des Narasimha und die Ereignisse von sieben Kalpas. [71]

Dann wieder zeigt dasselbe Purâna folgendes:

In allen Manvantaras erscheinen Klassen von Rishis [72] zu sieben und sieben, und nachdem sie eine Vorschriftensammlung für Gesetz und Sittlichkeit aufgestellt haben, gehen sie zur Seligkeit ein. [73]

Die Rishis jedoch stellen viele andere Dinge außer lebenden Weisen vor.
In Dr. Muris Übersetzung des Atharva Veda lesen wir:

1. Die Zeit trägt (uns) vorwärts, ein Roß mit sieben Strahlen, tausend Augen, unvergänglich, voll Fruchtbarkeit. Einsichtsvolle Weise besteigen es; seine Räder sind alle Welten.
2. So bewegt sich die Zeit auf sieben Rädern; sie hat sieben Naben; Unsterblichkeit ist ihre Achse. Sie ist gegenwärtig alle diese Welten. Die Zeit treibt vorwärts den ersten Gott.
3. Ein voller Krug ist enthalten in der Zeit. Wir sehen sie in vielen Formen existieren. Sie ist alle diese Welten in der Zukunft. Man nennt sie „Zeit in dem höchsten Himmel“. [74]

Man füge dem nun den folgenden Vers aus den esoterischen Büchern hinzu:
Raum und Zeit sind eins. Raum und Zeit sind namenlos, denn sie sind das unerkennbare TAT, welches nur durch seine sieben Strahlen empfunden werden kann - welche die sieben Schöpfungen sind, die sieben Welten, die sieben Gesetze u. s. w.
Erinnert man sich daran, daß die Purânen die Wesensgleichheit des Vishnu mit Zeit und Raum betonen, [75] und daß selbst das rabbinische Symbol für Gott Maqom ist, der „Raum“, so wird es klar, warum für Zwecke einer sich offenbarenden Gottheit - Raum, Stoff und Geist - der eine Mittelpunkt zum Dreieck und zur Vierheit - dem vollkommenen Würfel - somit sieben wurde. Selbst der Pravaha Wind - die mystische und occulte Kraft, welche dem Laufe der Sterne und Planeten den Anstoß giebt und ihn regelt - ist siebenfältig. Das Kûrma und das Linga Purâna zählen sieben Hauptwinde jenes Namens auf, welche Winde die Prinzipien des kosmischen Raumes sind. [76] Sie sind eng verknüpft mit Dhruva [77] (jetzt Alpha), dem Polstern, welcher seinerseits mit der Hervorbringung verschiedener Phänomene durch kosmische Kräfte verknüpft ist.
So ist die Zahl von den sieben Schöpfungen, sieben Rishis, Zonen, Kontinenten, Prinzipien u. s. w. in den ârischen Schriften hindurchgegangen durch indisches, ägyptisches, chaldäisches, griechisches, jüdisches, römisches und schließlich christliches mystisches Denken bis sie in jeder exoterischen Theologie landete und ihr unauslöschlich eingedrückt blieb. Die sieben alten Bücher, die von Ham aus der Arche Noah gestohlen und seinem Sohne Kush gegeben wurden, und die sieben ehernen Säulen des Ham und Cheiron sind ein Wiederschein und eine Erinnerung an die sieben ursprünglichen Mysterien, die entsprechend den „sieben geheimen Emanationen“ eingerichtet sind, den sieben Tönen, und sieben Strahlen - den geistigen und siederischen Modellen der siebentausendmal sieben Kopien derselben in späteren Äonen.
Die geheimnisvolle Zahl ragt sodann hervor in den nicht weniger geheimnisvollen Maruts. Das Vâyu Purâna zeigt, und der Harivamsha bestätigt in Bezug auf die Maruts - die ältesten sowie unbegreiflichsten aller sekundären oder niederen Götter im Rig Veda:

Daß sie in jedem Manvantara (Runde) ihrer sieben mal sieben (oder neunundvierzig) geboren werden; daß in jedem Manvantara viermal sieben (oder achtundzwanzig) Befreiung erlangen, aber daß ihre Stellen ausgefüllt werden von Personen, die in jenem Charakter wiedergeboren werden. [78]


[71] Vishnu Purâna, Wilson´s Übers., I. LXXX.

[72] Wie Parâshara sagt: „Diese sind die sieben Personen, durch welche in den verschiedenen Manvantaras geschaffene Wesen geschützt worden sind. Weil die ganze Welt von der Kraft der Gottheit durchdrungen worden ist, wird sie Vishnu genannt von der Wurzel Vish, ,eintreten’ oder ,durchdringen’; denn alle die Götter, die Manus, die sieben Rishis, die Söhne der Manus, die Indras, die Herren der Götter, sind alle nur die personificierte Macht (Vibhûtayah, Kräfte) des Vishnu.“ (Ebenda, III. 18, 19.) Vishnu ist das Weltall; und das Weltall selbst wird im Rig Veda in sieben Regionen geteilt - der eine genügende Autorität sein sollte, auf jeden Fall für die Brâhmanen.

[73] Ebenda, III. 15.

[74] Hymnus, XIX. 53.

[75] Vishnu ist alles - die Welten, die Sterne, die Meere u. s. w.  Vishnu „ist alles was ist, alles was nicht ist . . . (Aber) er ist keine Substanz (Vastubhûta).“ (Vishnu Purâna, Buch II, Cap. XII.; Wilsons Übers., II. 309). „Das, was die Leute den höchsten Gott nennen, ist nicht eine Substanz, sondern die Ursache derselben; nicht eine die hier, dort, oder anderwärts ist, nicht das was wir sehen, sondern das in dem alles ist - der Raum.

[76] Vishnu Purâna, Wilsons Übers., II. 306.

[77] Daher heißt es in den Purânen, daß der nächtliche Anblick des Dhruva, des Polarsterns und des himmlischen Meerschweins (Sishumâra, eines Sternbildes) „jegliche Sünde sühnt, welche während des Tages begangen wurde.“ (Ebenda, p. 306.) Thatsache ist, daß die Strahlen der vier Sterne in dem „Kreise der beständigen Erscheinung“ - des Agni, Mahendra, Kashyapa und Dhruva, die in den Schwanz des kleinen Bären (Sishumâra) versetzt sind - auf eine gewisse Art und auf einen gewissen Gegenstand focussiert, außerordentliche Resultate hervorbringen. Die Astromagier von Indien werden verstehen, was gemeint ist.

[78] Ebenda, III. 15