Und hier sei uns eine letzte Bemerkung gestattet. Kein wahrer Theosoph, vom unwissendsten aufwärts bis zum gelehrtesten, sollte für irgend etwas, das er über occulte Dinge sagen oder schreiben mag, Unfehlbarkeit beanspruchen. Der Hauptpunkt ist zuzugestehen, daß auf vielerlei Weise, in der Klassifikation sowohl der kosmischen, als auch der menschlichen Prinzipien, abgesehen von Irrtümern in der Reihenfolge der Entwicklung, und insbesondere über metaphysische Fragen, jene von uns, welche darauf Anspruch machen, andere zu belehren, die uniwssender sind, als wir selbst - alle dem Irrtum unterworfen sind. Solche Mißgriffe sind gemacht worden in der Entschleierten Isis, im Geheimbuddhismus, im Menschen, in der Weißen und Schwarzen Magie, u. s. w., und mehr als ein Mißgriff wird wahrscheinlich in dem vorliegenden Werke gefunden werden. Dies läßt sich nicht vermeiden. Damit ein großes oder auch nur ein kleines Werk über so dunkle Gegenstände ganz von Irrtum und Fehler frei sei, müßte es von seinem ersten bis zu seinem letzten Blatt von einem großen Adepten, wenn nicht von einem Avatâra geschrieben werden. Dann nur sollten wir sagen: „Dies ist fürwahr ein Werk ohne Sünd und Fehle!“ Aber solange der Künstler unvollkommen ist, wie kann sein Werk vollkommen sein? „Endlos ist das Suchen nach Wahrheit!“ Lieben wir sie und streben wir nach ihr um ihrer selbst willen, und nicht um des Ruhmes oder Nutzens halber, dem ein winziger Teil ihrer Offenbarung uns verleihen mag. Denn wer von uns kann sich zutrauen, auch nur über eine einzige kleinere Lehre des Occultismus die ganze Wahrheit im kleinen Finger zu haben?
Unser Hauptpunkt in dem vorliegenden Gegenstande war jedoch zu zeigen, daß die siebenfältige Lehre, oder Einteilung der Konstitution des Menschen eine sehr alte war, und nicht von uns erfunden wurde. Dies ist mit Erfolg geschehen, denn wir werden darin bewußt und unbewußt, von einer Anzahl alter, mittelalterlicher, und moderner Schriftsteller unterstützt. Was die ersteren sagten, war gut gesagt; was die letzteren wiederholten, ist gewöhnlich verzerrt gewesen. Ein Beispiel: Man lese die Pythagoräischen Fragmente, und studiere den siebenfältigen Menschen, wie er von dem Ehrw. G. Oliver, dem gelehrten Freimaurer, in seinem Pythagorean Triangle gegeben ist, welcher wie folgt spricht:

Die theosophische Philosophie . . . zählte sieben Eigenschaften (oder Prinzipien) im Menschen auf - nämlich:

(1) Der göttliche goldene Mensch.
(2) Der innere heilige Körper von Feuer und Licht, wie reines Silber.
(3) Der elementale Mensch.
(4) Der merkurielle . . . paradiesische Mensch.
(5) Der martialische seelenartige Mensch.
(6) Der venerische, aufsteigend zu dem nach auswärts gerichteten Verlangen.
(7) Der solare Mensch, (ein Zeuge und) ein Beschauer der Wunder Gottes (des Weltalls).
Sie hatten auch sieben Quellgeister oder Naturkräfte. [157]

Man vergleiche diesen verwirrten Bericht und Einteilung westlicher theosophischer Philosophie mit den jüngsten theosophischen Erklärungen seitens der Östlichen Schule der Theosophie, und entscheide dann, was richtiger ist. Fürwahr:

Die Weisheit bauete ihr Haus,
Und hieb sieben Säulen. [158]

Was den Vorwurf anbelangt, daß unsere Schule nicht die siebenfältige Einteilung der Brâhmanen angenommen hat, sondern dieselbe verwirrt hat, so ist er ganz ungerecht. Zunächst ist die „Schule“ ein Ding, und ihre Vertreter (gegenüber den Europäern) ein ganz anderes. Die letzteren müssen zuerst das A B C des praktischen östlichen Occultismus lernen, bevor sie zu einem richtigen Verständnis der furchtbar schwierigen Einteilung gebracht werden können, die auf den sieben verschiedenen Zuständen von Prajña oder Bewußtsein beruht und müssen vor allem durchaus verstehen, was Prajña in der östlichen Metaphysik ist. Einem westlichen Schüler jene Einteilung zu geben, heißt versuchen, ihn vermuten zu lassen, daß er den Ursprung des Bewußtseins begründen könne, dadurch, daß er den Vorgang begründet, vermöge dessen eine gewisse Erkenntnis, obwohl nur ein einziger von den Zuständen jenes Bewußtseins, zu ihm kam; mit anderen Worten, es heißt, ihn etwas, das er auf dieser Ebene kennt, durch etwas anderes begründen lassen, über das er auf den anderen Ebenen nichts weiß; d. i. ihn vom spirituellen und vom psychologischen unmittelbar zum ontologischen führen. Dies ist der Grund, warum die ursprüngliche, alte Einteilung von den Theosophen übernommen wurde - welcher Einteilungen es in Wahrheit viele giebt.
Sich, nachdem eine so gewaltige Anzahl unabhängiger Zeugen und Beweise vor die Öffentlichkeit gebracht worden ist, mit einer weiteren Aufzählung aus theologischen Quellen zu beschäftigen, würde ganz nutzlos sein. Die sieben Todsünden und die sieben Tugenden des christlichen Systems sind viel weniger philosophisch als sogar die sieben freien und die sieben verfluchten Wissenschaften - oder die sieben Zauberkünste der Gnostiker. Denn eine der letzteren ist jetzt vor der Öffentlichkeit, reich an Gefahr in der Gegenwart, sowie für die Zukunft. Der moderne Name dafür ist der Hypnotismus; wie er thatsächlich von wissenschaftlichen und unwissenden Materialisten bei der allgemeinen Unkenntnis über die sieben Prinzipien gebraucht wird, wird er bald zum Satanismus in der vollen Bedeutung des Ausdruckes werden.


[157] a. a. O., p. 179.

[158] Sprüche, IX, 1.