Darauf erwiedert, unbeschämt von solch wissenschaftlichem Mischmasch, der Occultismus: Im Verlaufe der Entwicklung, als die physische Evolution über die geistige und mentale triumphierte, und sie beinahe unter ihrem Gewichte zerdrückte, blieb die große Gabe Kriyâshakti das Erbe von nur wenigen auserwählten Menschen in jedem Zeitalter. Der Geist strebte vergeblich sich in seiner Gänze in rein organischen Formen zu offenbaren (wie im ersten Teile dieses Bandes erklärt worden ist), und die Fähigkeit, welche bei der frühen Menschheit der dritten Rasse ein natürliches Attribut gewesen war, wurde derart, daß sie von Spiritualisten und Occultisten als einfach außerordentlich, und von den Materialisten als wissenschaftlich unmöglich betrachtet wurde.
In unserer heutigen Zeit ist die bloße Behauptung, daß es eine Kraft giebt, welche menschliche Formen schaffen kann - fertige Hüllen, in denen sich die bewußten Monaden oder Nirmânakâyas vergangener Manvantaras inkarnieren können - natürlich unsinnig, lächerlich! Was anderseits als ganz naturgemäß betrachtet wird, ist die Hervorbringung eines Frankensteinschen Ungeheuers, plus moralischem Bewußtseins, religiösen Erhebungen, Genius, und einer Empfindung seiner eigenen unsterblichen Natur in sich selbst - durch „physikalisch-chemische Kräfte“, gelenkt von blinder „allmächtiger Entwicklung“. [12] Was die Entstehung jenes Menschen - nicht aus Nichts, zusammengekittet mit etwas rotem Ton, sondern aus einer lebendigen göttlichen Wesenheit, welche den Astralkörper durch umgebende Materialien verfestigt - anbelangt, so ist eine solche Vorstellung nach der Ansicht der Materialisten zu unsinnig, um auch nur erwähnt zu werden. Nichtsdestoweniger sind die Occultisten und Theosophen geneigt, ihre Behauptungen und Theorien im Bezug auf ihren inneren Wert und Wahrscheinlichkeit mit jenen der modernen Evolutionisten vergleichen zu lassen - wie unwissenschaftlich und abergläubisch diese Theorien auch auf den ersten Anblick hin erscheinen mögen. Die esoterische Lehre ist also der Darwinschen Entwicklung in ihrer Anwendung auf den Menschen unbedingt, und mit Bezug auf andere Arten teilweise entgegengesetzt.
Es wäre interessant, einen Blick auf die geistige Vorstellung der Entwicklung in dem wissenschaftlichen Gehirne eines Materialisten werfen zu können. Was ist Evolution? Auf die Frage, die volle und vollständige Bedeutung des Ausdruckes zu erklären, werden weder Huxley noch Haeckel imstande sein, dies irgendwie besser zu machen, als es Webster thut:

Der Akt der Entfaltung; der Vorgang des Wachstums, der Entwicklung; wie die Evolution einer Blume aus einer Knospe, oder eines Tieres aus dem Ei.

Aber die Knospe muß durch ihre mütterliche Pflanze auf den Samen zurückgeführt werden, und das Ei auf das Tier oder den Vogel, der es gelegt hat; oder auf jeden Fall auf das Protoplasmaklümpchen, aus dem es sich erweitert hat und hervorgewachsen ist. Und sowohl der Same als auch das Klümpchen müssen die verborgenen Möglichkeiten zur Reproduktion und stufenweisen Entwicklung in sich haben, zur Entfaltung der tausendundein Formen oder Phasen der Evolution, durch welche sie hindurchgehen müssen, bevor die Blume oder das Tier vollständig entwickelt ist? Daher muß der zukünftige Plan - wenn nicht eine Skizze - vorhanden sein. Ferner muß jener Same verfolgt, und seine Natur ermittelt werden. Sind die Darwinisten darin erfolgreich gewesen? Oder wird das Moner uns vorgeworfen werden? Aber dieses Atom der wässerigen Abgründe ist kein homogener Stoff; und es muß etwas oder irgend jemand existieren, der es geformt und ins Dasein gesetzt hat.


[12] Die Avelingsche Übersetzung der Haeckelschen Vorträge, welche den Originalcitaten zu Grunde liegt, übersetzt am Schlusse des oben angeführten Abschnittes irrtümlich „allmächtige Entwicklung“ statt „allmähliche Entwicklung“. (Der Übers.)