Nun möchten wir fragen, wer unter den Gelehrten bereit ist, den Beweis zu führen, daß in der frühen Tertiärperiode kein Mensch existierte? Was verhinderte seine Gegenwart? Vor kaum dreißig Jahren wurde seine Existenz in irgend früherer Zeit als vor sechs- oder siebentausend Jahren mit Entrüstung bestritten. Nun wird ihm der Eintritt in die eocäne Periode verweigert. Im nächsten Jahrhundert mag es eine Frage werden, ob der Mensch nicht Zeitgenosse des „fliegenden Drachen“, des Pterodactylus, des Plesiosaurus und Iguanadon, u. s. w. war. Horchen wir jedoch auf das Echo der Wissenschaft.

Nun ist es klar, daß, wo immer anthropoide Affen lebten, sowohl im Bezug auf anatomischen Bau, als auch auf Klima und Umgebung, der Mensch oder irgend ein Geschöpf, welches der Ahne des Menschen war, auch gelebt haben konnte. Anatomisch gesprochen sind Affen und Meerkatzen ebenso spezielle Variationen des Säugetiertypus wie der Mensch, dem sie Knochen um Knochen, und Muskel um Muskel ähnlich sind, und der physische tierische Mensch ist einfach ein Beispiel des Vierhändertypus, besonders entwickelt für aufrechte Haltung und ein größeres Gehirn. . . . [6] Wenn er, wie wir von ihm wissen, die widrigen Bedingungen und außerordentlichen Wechselfälle der Eiszeit überleben konnte, so ist kein Grund vorhanden, warum er nicht in dem halbtropischen Klima der miocänen Periode hätte leben können, wo ein freundliches Klima sich selbst bis Grönland und Spitzbergen erstreckte. [7]

Wenn die meisten Männer der Wissenschaft, welche in ihrem Glauben an die Abstammung des Menschen von einem „ausgestorbenen anthropoiden Säugetier“ unnachgiebig sind, auch nicht die bloße Haltbarkeit irgend einer anderen Theorie als jener von einem gemeinsamen Ahnen des Menschen und des Dryopithecus annehmen wollen, so ist es erfrischend, in einem Werke von wirklichem wissenschaftlichen Wert einen solchen Spielraum für ein Kompromis zu finden. In der That ist derselbe so weit, als er unter den gegebenen Umständen gemacht werden kann, d. i. ohne unmittelbare Gefahr, von der Flutwelle der Wissenschaftslobhudelei niedergerissen zu werden. In der Meinung, daß die Schwierigkeit für die Begründung -

der Entwicklung des Intellekts und der Moralität durch die Evolution nicht so groß ist als jene, welche durch den Unterschied des Körperbaues zwischen dem Menschen und dem höchsten Tiere entsteht - [8]

sagt derselbe Verfasser:

Aber es nicht so leicht zu sehen, wie dieser Unterschied des Körperbaues entstand, und wie ein Wesen ins Dasein trat, mit einem solchen Gehirn und einer solchen Hand, und mit solchen unentwickelten Fähigkeiten für einen nahezu unbegrenzten Fortschritt. Die Schwierigkeit ist diese: der Unterschied im Baue zwischen der niedrigsten existierenden Menschenrasse und dem höchsten existierenden Affen ist zu groß, um die Möglichkeit zuzulassen, daß das eine der unmittelbare Nachkomme des andern sei. Der Neger macht in einigen Beziehungen eine leichte Annäherung an den Affentypus. Sein Schädel ist kleiner, sein Gehirn weniger umfangreich, sein Mund mehr vorspringend, sein Arm länger als jener des durchschnittlichen europäischen Menschen. Doch ist er wesentlich ein Mensch, und durch eine weite Kluft von dem Schimpansen oder Gorilla getrennt. Selbst der Idiot oder Kretin, dessen Gehirn nicht umfangreicher und dessen Intelligenz nicht größer ist als jenes des Schimpansen, ist ein in der Entwicklung gehemmter Mensch, nicht ein Affe.

Wenn daher die Darwinsche Theorie im Falle des Menschen und Affen Giltigkeit hat, so müssen wir auf einen gemeinsamen Ahnen zurückgehen, von dem beide entsprungen sein können. . . . Um aber dies als eine Thatsache und nicht als eine Theorie hinstellen zu können, müssen wir jene Ahnenform finden, oder zum mindesten einige Zwischenformen, die auf sie hinzielen, . . . mit anderen Worten . . . das „fehlende Glied“. Nun muß zugestanden werden, daß bis jetzt solche fehlenden Glieder nicht nur nicht entdeckt worden sind, sondern daß die ältesten bekannten menschlichen Schädel und Skelette, welche aus der Eiszeit stammen, und wahrscheinlich mindestens 100 000 Jahre alt sind, keine sehr entschiedene Annäherung an irgend einen solchen vormenschlichen Typus zeigen. Im Gegenteile, einer der ältesten Typen, jener der Menschen aus der Begräbnishöhle von Cro-Magnon, [9] ist der einer schönen Rasse, von hoher Gestalt, großem Gehirn, und im ganzen vielen der bestehenden Menschenrassen überlegen. Die Antwort ist natürlich die, daß die Zeit ungenügend ist, und daß, wenn der Mensch und der Affe einen gemeinsamen Ahnen hatten, ein solcher Ahne, da ein hoch entwickelter anthropoider Affe sicher, und der Mensch wahrscheinlich, bereits in der Miocänperiode existierten, viel weiter zurück gesucht werden muß, in einer Entfernung, im Vergleiche zu der die ganze Quartärzeit zur Unbedeutenheit herabsinkt. . . . All dies ist wahr, und es kann uns wohl zögern lassen, bevor wir zugestehen, daß der Mensch . . . allein eine Ausnahme von dem allgemeinen Gesetze des Weltalls, und das Geschöpf einer besonderen Schöpfung ist. Dies ist um so schwieriger zu glauben, da die Affenfamilie, welche dem Menschen an Körperbau so sehr ähnelt [?], zahlreiche Zweige enthält, welche sich ineinander abstufen, deren Extreme jedoch voneinander weiter abstehen, als der Mensch von dem höchsten der Affenreihe. Wenn eine besondere Schöpfung für den Menschen notwendig ist, müssen da nicht besondere Schöpfungen für den Schimpansen, den Gorilla, den Orang, und für mindestens 100 verschiedene Arten von Affen und Meerkatzen,. welche alle auf dieselbe Art gebaut sind, gewesen sein? [10]


[6] Es wird gefragt, ob es ein Jota an der wissenschaftlicher Wahrheit und Thatsache, die in dem obigen Satze enthalten ist, ändern würde, wenn er lauten würde: „der Affe ist einfach ein Beispiel des Zweifüßertypus, besonders entwickelt im allgemeinen auf allen Vieren zu gehen, und mit einem kleineren Gehirn.“ Esoterisch gesprochen, ist dies die wirkliche Wahrheit und nicht das Gegenteil.

[7] Modern Science and Modern Thought, pp. 151, 152.

[8] Wir können hierin Herrn Laing nicht folgen. Wenn erklärte Darwinisten, wie Huxley, auf „die große Kluft, welche zwischen dem niedersten Affen und dem höchsten Menschen an intellektueller Kraft liegt,“ hinweisen, auf die „enorme Kluft . . . zwischen ihnen“, auf die „unermeßliche und praktisch unendliche Abweichung der menschlichen Form von dem Affengeschlecht“ (Man´s Place in Nature, p. 102, u. Anm.); wenn selbst die physische Grundlage des Gemütes - das Gehirn - an Größe jenes der höchsten existierenden Affen so weit überragt; wenn Männer wie Wallace gezwungen sind, die Wirksamkeit ausserirdischen Intelligenzen anzurufen, um die Erhebung eines Geschöpfes wie des Pithekanthropus alalus, oder sprachlosen Wilden Haeckels auf die Stufe des großgehirnigen und moralischen Menschen von heute zu erklären - wenn all dies der Fall ist, so ist es müßig, über evolutionistische Schwierigkeiten so leichthin hinwegzugehen. Wenn das Zeugnis des Baues so unüberzeugend, und im ganzen genommen dem Darwinismus so feindlich ist, so sind die Schwierigkeiten im Bezug auf das „wie“ der Evolution des menschlichen Gemütes durch natürliche Zuchtwahl noch zehnmal größer.

[9] Eine Rasse, welche die Herren de Quatrefages und Hamy als einen Zweig desselben Stammes betrachten, von dem die Guanchen der kanarischen Inseln entsprangen - Sprößlinge der Atlantier, kurz gesagt.

[10] Ebenda, pp. 180-182.