Somit könnte, wie in einem französischen Werk witzig bemerkt ist, ein Gorilla mit vollem Recht einen Evolutionisten ansprechen und sein Recht von ihm abzustammen, behaupten. Es würde zu ihm sagen: Wir anthropoide Affen bilden eine rückschreitende Abzweigung von dem menschlichen Typus, und daher sind unsere Entwicklung und Evolution ausgedrückt durch einen Übergang von einer menschenartigen zu einer tierartigen Struktur des Organismus; aber auf welche Art könnt ihr, Menschen, von uns abstammen - wie könnt ihr eine Fortsetzung unserer Gattung bilden? Denn um dies möglich zu machen, müßte eure Organisation noch mehr von der menschlichen Struktur verschieden sein als die unsere, sie müßte sich noch mehr dem Tiere nähern als die unsere; und in einem solchen Falle verlangt die Gerechtigkeit, daß ihr eure Stelle in der Natur an uns abtretet. Ihr seid niedriger als wir, sobald ihr darauf besteht, eure Abstammung auf unser Geschlecht zurückzuführen. Denn der Bau unserer Organisation und ihre Entwicklung sind derart, daß wir nicht imstande sind, Formen von einer höheren Organisation als unsere eigene zu erzeugen.
Darin stimmen die occulten Wissenschaften mit de Quatrefages vollkommen überein. Gerade wegen des Typus seiner Entwicklung kann der Mensch weder von einem Affen abstammen, noch von einem Ahnen, welcher sowohl Affen wie Menschen gemeinsam ist, sondern zeigt, daß sein Ursprung aus einem viel höheren Typus kommt, als er selbst ist. Und dieser Typus ist der „Himmlische Mensch“ - die Dhyân Chohans, oder die sogenannten Pitris, wie im ersten Teile dieses Buches gezeigt ist. Andererseits können die Pithekoiden, der Orangutan, der Gorilla und der Schimpanse von der vertierten vierten menschlichen Wurzelrasse abstammen, und wie die occulten Wissenschaften lehren, ist dies so, indem jene das Erzeugnis des Menschen und einer ausgestorbenen Säugetierart sind - deren entfernte Ahnen selber das Erzeugnis der lemurischen Bestialität waren - welche im Miozänzeitalter lebte. Die Abstammung dieses halb-menschlichen Ungetüms wird in den Strophen dahin erklärt, daß es aus der Sünde der „gemütlosen“ Rassen der mittleren Periode der Dritten Rasse entsprang.
Wenn man sich vor Augen hält, daß alle Formen, welche jetzt die Erde bevölkern, ebenso viele Variationen von Grundtypen sind, die ursprünglich von dem Menschen der dritten und vierten Runde abgestoßen wurden, so verliert ein solches evolutionistisches Element wie das, welches auf die alle Wirbeltiere charakterisierende „Einheit des strukturellen Plans“ Nachdruck legt, seine Schärfe. Die erwähnten Grundtypen waren sehr gering an Zahl, im Vergleiche mit der Vielheit der Organismen, die sie schließlich entstehen liessen; aber eine allgemeine Einheit des Typus ist nichtsdestoweniger durch die ganzen Zeitalter hindurch erhalten geblieben. Die Okonomie der Natur gestattet nicht das gleichzeitige Bestehen verschiedener gänzlich entgegengesetzter „Grundpläne“ organischer Entwicklung auf einem und demselben Planeten. Sobald jedoch die allgemeine Richtung der occulten Erklärung formuliert ist, können die Detailsschlüsse wohl dem intuitiven Leser überlassen bleiben.
Ähnliches gilt von der wichtigen Frage nach den von den Anatomen im menschlichen Organismus entdeckten „rudimentären“ Organen. Zweifellos erwies sich diese Beweisführung, als sie von Darwin und Haeckel gegen ihre europäischen Widersacher gehandhabt wurde, vom großen Gewicht. Anthropologen, welche die Herleitung des Menschen von einer tierischen Ahnenschaft zu bestreiten wagten, waren in arger Verlegenheit darüber, wie sie die Anwesenheit von Kiemenspalten, das „Schwanz“-Problem, und so weiter, behandeln sollten. Hier kommt uns wieder der Occultismus mit den notwendigen Angaben zu Hilfe.
Thatsache ist, daß, wie früher festgestellt, der menschliche Typus die Fundgrube aller potentiellen organischen Formen ist, und der Mittelpunkt, aus dem diese letzteren ausstrahlen. In diesem Postulate finden wir eine wahre „Evolution“ oder „Entfaltung“ - in einem Sinne, welcher der mechanischen Theorie der natürlichen Zuchtwahl nicht zugeschrieben werden kann. Darwins Schlußfolgerung aus „Rudimenten“ kritisierend bemerkt ein trefflicher Schriftsteller:

Warum ist es nicht ebenso wahrscheinlich eine wahre Hypothese, anzunehmen, daß der Mensch zuerst mit diesen rudimentären Skizzen in seiner Organisation erschaffen wurde, und daß diese bei den niederen Tieren, zu welchen der Mensch degenerierte, zu nützlichen Zugaben wurden; als es ist, anzunehmen, daß diese Teile in voller Entwicklung, Thätigkeit und praktischem Gebrauch bei den niederen Tieren existierten, von denen der Mensch abstammte?“ [14]

Lies statt „in welche der Mensch degenerierte“, „die Vorbilder, welche der Mensch im Verlaufe seiner astralen Entwicklung vergoß, und eine Seite der wahren esoterischen Lösung liegt vor uns. Aber eine weitere Verallgemeinerung muß jetzt formuliert werden.
So weit die irdische Periode unserer gegenwärtigen Vierten Runde in Betracht kommt, kann bloß die Säugetierfauna als auf die vom Menschen ausgestreuten Vorbilder zurückführbar angesehen werden. Die Amphibien, Vögel, Reptilien, Fische, u. s. w. sind die Ergebnisse der dritten Runde, astrale Fossilformen, die in der aurischen Hülle der Erde aufbewahrt und nach der Ablagerung der ersten laurentischen Felsen in körperliche Gegenständlichkeit projiziiert wurden. Die „Evolution“ hat sich mit den fortschreitenden Modifikationen zu beschäftigen, welche, wie die Paläontologie zeigt, das niedere Tier- und Pflanzenreich im Laufe der geologischen Zeit betroffen haben. Sie berührt nicht, und kann nach der Natur der Dinge nicht berühren, die Frage nach den vor-physischen Typen, welche zur Grundlage zukünftiger Differentiation dienten. Die allgemeinen Gesetze, welche die Entwicklung der physischen Organismen beherrschen, kann sie sicherlich aufzeichnen, und bis zu einem gewissen Umfange hat sie sich der Aufgabe geschickt entledigt.


[14] Geo. T. Curtis, Schöpfung oder Entwicklung? p. 76 (engl.)