Lassen wir jedoch diese nutzlosen und leeren Spekulationen, welche, obwohl sie unsere Herzen mit einer Glut der Begeisterung zu erfüllen und die Fassungskraft unseres Gemütes und Geistes zu erweitern scheinen, in Wirklichkeit nur eine künstliche Erregung verursachen und uns immer mehr und mehr blind machen für unsere Unwissenheit nicht nur in Bezug auf die Unendlichkeit, die in uns selbst enthalten ist.
Wenn wir daher finden, daß in den Bibeln der Menschheit von „anderen Welten“ gesprochen wird, so können wir mit Sicherheit schließen, daß sie nicht nur sich auf andere Zustände unserer Planetenkette und Erde beziehen, sondern auch auf andere bewohnte Kugeln - Sterne und Planeten; wobei übrigens niemals Spekulationen über die letzteren gemacht wurden. Das ganze Altertum glaubte an die Allgemeinheit des Lebens. Aber kein wirklich initiierter Seher irgend einer gesitteten Nation hat jemals gelehrt, daß das Leben auf anderen Sternen nach dem Maßstabe des irdischen Lebens beurteilt werden könne. Was gewöhnlich unter „Erden“ und „Welten“ verstanden wird, bezieht sich (a) auf die „Wiedergeburten“ unserer Kugel nach einem jeden Manvantara und einer langen Periode der Verdunkelung; und (b) auf die periodischen und durchgreifenden Veränderungen der Erdoberfläche, wenn Kontinente verschwinden, um Ozeanen Raum zu machen, und Ozeane und Meere gewaltsam verschoben und gegen die Pole gewälzt werden, um ihre Plätze neuen Kontinenten abzutreten.
Wir können mit der Bibel - der jüngsten unter den Weltschriften - beginnen. Im Prediger lesen wir die folgenden Worte des königlichen Initiierten:
Ein Geschlecht vergeht, das andere kommt; die Erde aber bleibt ewiglich. . . . Was ist es, das geschehen ist? Eben das hernach geschehen wird. Was ist es, das man gethan hat? Eben das man hernach wieder thun wird; und geschieht nichts Neues unter der Sonne. [25]
Es ist nicht leicht, unter diesen Worten die Bezugnahme auf die aufeinanderfolgenden Umwälzungen zu sehen, durch welche die Rassen der Menschheit hinweggeschwemmt werden, oder, wenn man weiter zurückgeht, auf die verschiedenen Übergänge der Kugel während ihres Bildungsprozesses. Aber wenn uns gesagt wird, daß sich dies nur auf unsere Welt, so wie wir sie jetzt sehen, bezieht, dann werden wir den Leser auf das Neue Testament erweisen, wo St. Paulus von dem Sohne (der geoffenbarten Kraft) spricht, welche Gott gesetzet hat zum Erben über alles, „durch welchen er auch die Welten (Mehrzahl) gemacht hat.“ [26] Diese Kraft ist Chokmah, die Weisheit und das Wort.

Es wird wahrscheinlich gesagt werden, daß mit dem Ausdrucke „Welten“ die Sterne, Himmelskörper u. s. w. gemeint waren. Aber abgesehen von der Thatsache, daß die „Sterne“ den unwissenden Verfassern der Episteln nicht als „Welten“ bekannt waren, wenn sie auch dem Paulus als solche bekannt gewesen sein müssen, welcher ein Initiierter, ein „Baumeister“ war, können wir über diesen Punkt einen hervorragenden Theologen, Kardinal Wiseman zitieren. In seinem Werke (I. 309), das von der unbestimmten Periode der sechs Tage - oder sollen wir sagen von der „allzu bestimmten“ Periode der sechs Tage? - der Schöpfung und von den 6000 Jahren handelt, gesteht er, daß wir in gänzlicher Dunkelheit über die Bedeutung dieses Satzes des St. Paulus sind, wenn uns nicht die Annahme gestattet ist, daß darin eine Anspielung auf die Periode gemacht ist, welche zwischen dem ersten und zweiten Verse des Kapitels I der Genesis verstrichen ist, und damit auf jene ursprünglichen Umwälzungen, d. i. die Zerstörungen und die Wiederherstellungen der Welt, welche im Kapitel I des Predigers angedeutet sind; oder mit so vielen anderen und zwar in ihrem buchstäblichen Sinne die Stelle im Kapitel I der Ebräer anzunehmen, welches von der Schöpfung der „Welten“ - in der Mehrzahl spricht. Es ist sehr seltsam, fügt er hinzu, daß alle Kosmogonien darin übereinstimmen sollen, die gleiche Idee anzudeuten, und die Überlieferung an eine erste Reihe von Umwälzungen zu bewahren, infolge deren die Welt zerstört und wieder erneuert wurde.
Hätte der Kardinal den Zohar studiert, so würden seine Zweifel in Gewißheit verwandelt worden sein. So sagt „Idra Suta“:

Es gab alte Welten, welche ebenso bald zu Grunde gingen als sie in Dasein traten; Welten mit oder ohne Form, die Scintillae genannt wurden - denn sie waren die Funken unter dem Hammer des Schmiedes, die nach allen Richtungen fliegen. Einige waren ursprüngliche Welten, die nicht lange andauern konnten, weil der „Alte“ - geheiligt sei sein Name - noch nicht seine Form angenommen hatte, [27] der Arbeiter noch nicht der „Himmlische Mensch“ war. [28]

Hinwieder im Midrash, welcher lange vor der Kabbalah des Simeon Ben Iochai geschrieben war, erklärt Rabbi Abahu:

Der Heilige, gepriesen sei sein Name, hat der Reihe nach verschiedene Welten erschaffen und zerstört, vor dieser. [29] . . . Nun bezieht sich dies sowohl auf die ersten Rassen [die „Könige von Edom“], als auch auf die zerstörten Welten. [30]

„Zerstört“ bedeutet hier das, was wir „Verdunkelung“ nennen. Dies wird einleuchtend, wenn wir die weiterhin gegebene Erklärung lesen.

Jedoch ist, wenn gesagt wird, daß die [Welten] zu Grunde gingen, damit nur gemeint, daß sie [ihre Menschheiten] der wahren Form entbehrten, bis die menschliche [unsere] Form ins Dasein trat, in der alle Dinge eingeschlossen sind, und die alle Formen enthält. . . . [31] - es ist nicht der Tod gemeint, sondern es bedeutet nur ein Herabsinken von ihrem Zustande [von dem der in Thätigkeit befindlichen Welten]. [32]


[25] a. a. O., I. 4, 9.

[26] Ebräer, I. 2. Dies bezieht sich auf den Logos einer jeden Kosmogonie. Das unbekannte Licht - mit welchem er, wie gesagt wird, gleich ewig und gleichzeitig ist - wird im Erstgeborenen, dem Protogonos reflektiert; und der Demiurgos oder das Universalgemüt richtet seinen Göttlichen Gedanken auf das Chaos, welches unter der Gestaltgebung der kleineren Götter in die Sieben Ozeane - Sapta Samudras - geteilt wird. Purusha, Ahura Mazda, Osiris u. s. w., und schließlich der gnostische Christos sind in der Kabbalah Chokmah der Weisheit, das „Wort“.

[27] Die Form des Tikkun oder des Protogonos, des „Erstgeborenen“, d. i. die Universale Form und Idee waren noch nicht im Chaos wiedergespiegelt worden.

[28] Zohar, III. 292 c. Der „Himmlische Mensch“ ist Adam Kadmon - die Synthese der Sephiroth, sowie „Manu Svâyambhuva“ die Synthese der Prajâpatis ist.

[29] Bereshith Rabba, Parsha IX.

[30] Dies bezieht sich auf die drei Runden, welche unserer Vierten Runde vorangingen.

[31] Dieser Satz enthält einen doppelten Sinne und ein tiefes Mysterium in den Occulten Wissenschaften, dessen Geheimnis, wenn und sobald es verstanden wird - dem Adepten gewaltige Kräfte verleiht, seine sichtbare Form zu wechseln.

[32] „Idra Suta“, Zohar, III. 136 c. „Ein Herabsinken von ihrem Zustande“ - ist klar; von aktiven Welten sind sie herabgefallen in zeitweilige Verdunkelung - sie ruhen, und sind daher gänzlich verändert.