Jeder, der den geologischen
Entdeckungen unserer Zeit auch nur oberflächlich gefolgt ist, weiß, daß
eine allmähliche Verbesserung in der Art und Weise der Bearbeitung zu
finden ist, von dem unbeholfenen Behauen und rohen Spalten der frühen
paläolithischen Beile bis zu den verhältnismäßig zierlichen Steinkelten
jenes Teiles der neolithischen Periode, welcher dem Gebrauche der Metalle
unmittelbar voranging. Aber dies ist in Europa, von welchem sich
nur ein paar Teile kaum aus den Wassern erhoben zur Zeit der höchsten
atlantischen Civilisation. Es gab damals, ebenso wie jetzt, rohe Wilde
und hochcivilisierte Menschen. Wenn in 50,000 Jahren zwergartigen Buschmänner
aus irgend einer afrikanischen Höhle zusammen mit viel älteren zwergartigen
Elephanten ausgegraben werden, wie solche in den Höhlenablagerungen auf
Malta von Milne Edwards gefunden wurden, wird dies dann ein Grund sein,
zu behaupten, daß in unserem Zeitalter alle Menschen und alle Elephanten
zwergartig waren? Oder wenn die Waffen des Veddhas von Ceylon gefunden
werden, werden dann unsere Nachkommen berechtigt sein, uns alle für paläolithische
Wilde zu erklären? Alle die Gegenstände, welche die Geologen jetzt in
Europa ausgraben, können sicherlich nicht früher datieren, als vom Schlusse
des Eocänzeitalters an, nachdem die europäischen Länder vor jener Periode
noch nicht einmal über dem Wasserspiegel waren. Auch kann das, was wir
gesagt haben, nicht im mindesten von Theoretikern entkräftet werden, die
uns sagen, daß diese wunderlichen Skizzen von Tieren und Menschen seitens
des paläolithischen Menschen erst gegen den Schluß der Renntierperiode
ausgeführt wurden, denn diese Erklärung würde in der That sehr hinkend
sein angesichts der Unkenntnis der Geologen auch nur betreffs der annähernden
Dauer von Perioden.
Die esoterische Lehre lehrt ausdrücklich das Dogma vom Steigen und Fallen
der Civilisation; und nun lernen wir folgendes:
Es ist eine merkwürdige Thatsache, daß der Kannibalismus
häufiger zu werden schein, sowie der Mensch in der Civilisation fortschritt,
und daß seine Spuren in neolithischen Zeiten häufig sind, während sie
im Zeitalter des Mammuth und des Renntieres sehr selten werden oder gänzlich
verschwinden. . . . [76]
- ein anderer Beweis für das cyklische Gesetz und die Wahrheit
unserer Lehren. Die esoterische Geschichte lehrt, daß die Götzenbilder
und ihre Verehrung mit der vierten Rasse ausstarben, bis die Überlebenden
der Mischrassen der letzteren (Chinesen, afrikanische Neger, u. s. w.)
die Verehrung allmählich wiederbrachten. Die Veden begünstigen
die Götzen nicht; alle modernen indischen Schriften thun es.
In den alten ägyptischen Gräbern, und in den von Dr.
Schliemann ausgegrabenen vorhistorischen Städten finden sich Bilder von
eulen- und rinderköpfigen Göttinnen, und andere symbolisierte Figuren
oder Götzen in Menge. Aber wenn wir in die neolithischen Zeiten aufsteigen,
sind solche Götzen nicht länger mehr zu finden, oder wenn sie gefunden
werden, ist dies so selten, daß die Archäologen über ihr Dasein noch im
Streite sind. . . Die einzigen, von denen man mit einiger Sicherheit sagen
könnte, daß sie Götzen gewesen seien, sind ein oder zwei von Herrn de
Braye in einigen künstlichen Höhlen der neolithischen Periode entdeckte,
. . . welche als weibliche Figuren in Lebensgröße gedacht zu sein scheinen.
[77]
Und diese können einfach
Statuen gewesen sein. Immerhin ist alldies ein Beweis unter vielen für
das cyklische Steigen und Fallen der Civilisation und Religion. Die Thatsache,
daß keine Spuren von menschlichen Überresten oder Skeletten bis jetzt
jenseits der posttertiären oder quaternären Zeit gefunden worden sind
- obwohl Abbè Bourgeois´ Feuersteine zur Warnung dienen können [78] - scheint auf die Wahrheit
eines anderen esoterischen Satzes hinzudeuten, welcher folgendermaßen
lautet:
Suche die Überreste deiner Vorfahren an den hohen Orten. Die Thäler
sind zu Bergen angewachsen und die Berge sind bis zum Meeresboden zerbröckelt.
Anstatt daß die Menschheit der vierten Rasse, welche nach der letzten
Umwälzung um zwei Drittel ihrer Bevölkerung abgenommen hatte, sich auf
den neuen Kontinenten und Inseln niederließ, welche wiedererschienen
- während ihre Vorgänger den Boden der neuen Ozeane bildeten - verließ
sie das, was jetzt Europa und Teile von Asien und Afrika sind, gegen de
Gipfel riesiger Berge, während die Meere, welche einige von den letzteren
umgaben, seither „sich zurückgezogen“ und Platz für die Tafelländer von
Centralasien gemacht haben.
Das interessanteste Beispiel dieses fortschreitenden Weges bieten vielleicht
die berühmte Kent´s-Höhle zu Torquay. In jenem seltsamen Versteck, das
vom Wasser aus dem devonischen Kalk ausgehöhlt wurde, finden wir einen
höchst merkwürdigen Bericht in den geologischen Erinnerungen der Erde
für uns aufbewahrt. Unter den Kalksteinblöcken, welche am Boden der Höhle
aufgehäuft waren, wurden eingebettet in eine Ablagerung schwarzer Erde
zahlreiche Geräte der neolithischen Periode in wirklich ausgezeichneter
Ausführung entdeckt, mit ein paar Bruchstücken von Töpferzeug - möglicherweise
zurückführbar auf die Zeit der römischen Besiedelung. Hier ist keine Spur
von einem paläolithischen Menschen vorhanden; keine Feuersteine oder Spuren
der ausgestorbenen Tiere der Quartärzeit. Wenn wir jedoch noch tiefer
durch die dicke stalagmitische Schicht unter der schwarzen Krume in die
rote Erde eindringen, welche natürlich selbst einstens den Bodenbelag
des Zufluchtortes bildete, nehmen die Dinge einen ganz andern Anblick
an. Nicht ein einziges Gerät, das den Vergleich mit den in der
darüber liegenden Schicht gefundenen schön bearbeiteten Waffen aushalten
könnte, ist zu sehen; nur eine Menge der rohen und schwerfälligen kleinen
Beile (mit welchen, wie wir glauben sollten, die gewaltigen Riesen der
Tierwelt von dem kleinen Menschen besiegt und getötet wurden?) und Schabwerkzeuge
des paläolithischen Zeitalters durcheinandergeworfen mit den Knochen von
Arten, die jetzt entweder erloschen oder ausgewandert sind, vertrieben
durch den Wechsel des Klimas. Ihr seht, der Verfertiger dieser häßlichen
kleinen Beile war es, der das Renntier am Bache auf dem Geweihe eingeschnitzt
hat, wie oben gezeigt! In allen Fällen stoßen wir auf dieselbe Gewißheit,
daß vom historischen zum neolithischen, und vom neolithischen zum paläolithischen
Menschen die Dinge auf einer schiefen Ebene abwärts gehen, von den Anfängen
der Civilisation zur elendsten Barbarei - in Europa wiederum. Wir
werden auch dem „Mammuth-Zeitalter“ gegenübergestellt - der äußersten
oder frühesten Abteilung des paläolithischen Zeitalters - in welchem die
große Roheit der Geräte ihren Höhepunkt erreicht, und das tierische (?)
Aussehen der damaligen Schädel, wie der aus dem Neanderthal, auf einen
sehr niedrigen Typus der Menschheit hindeutet. Aber sie mögen einstmals
auch auf etwas anderes hindeuten; auf eine von der unsern Menschheit (der
fünften Rasse) ganz verschiedene Menschenrasse.
[76] Modern Science and Modern
Thought, p. 164.
[78] Mehr als zwanzig Exemplare fossiler Affen sind
allein an einem Orte in miocänen Schichten (zu Pikermi bei Athen) gefunden
worden. Wenn der Mensch damals noch nicht war, so ist die Periode für
seine Verwandlung zu kurz - man möge sie dehnen, wie man will.
Und wenn er schon da war, und wenn kein Affe früher gefunden wird, was
folgt daraus?
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