Es wird immer ein Gegenstand des Bedauerns sein, daß die Geschichte, welche die thatsächliche Existenz von Riesen vorweg verwirft, uns so wenig von den Berichten des Altertums über dieselben aufbewahrt hat. Doch spielen in nahezu jeder Mythologie - welche schließlich alte Geschichte ist, - die Riesen eine wichtige Rolle. In der alten nordischen Mythologie waren die Riesen, Skrymir und seine Brüder, gegen welche die Söhne der Götter kämpften, mächtige Faktoren in den Geschichten von Gottheiten und Menschen. Die moderne Auslegung, welche diese Riesen zu den Brüdern der Zwerge machte, und die Kämpfe der Götter auf die Geschichte der Entwicklung der ârischen Rasse reduziert, wird nur bei den Anhängern der ârischen Theorie, wie sie von Max Müller dargelegt ist, Glauben finden. Zugestanden, daß die turanischen Rassen durch die Zwerge (Dwergar) verbildlicht wurden, und daß eine dunkle, rundköpfige und zwergartige Rasse nordwärts getrieben wurde von den hellfarbigen Skandinaviern, oder Asen, da die Götter den Menschen gleich sind, so existiert noch immer weder in der Geschichte, noch in irgend einem andern wissenschaftlichem Werk irgend ein anthropologischer Beweis für das Vorhandensein einer Rasse von Riesen in Zeit oder Raum. Daß aber doch solche existieren, verhältnismäßig und thatsächlich Seite an Seite mit Zwergen, kann Schweinfurth bezeugen. Die Nyam-Nyam von Afrika sind regelrechte Zwerge, während ihre nächsten Nachbarn, verschiedene Stämme verhältnismäßig hellfarbiger Afrikaner, in Gegenüberstellung mit dem Nyam-Nyams Riesen sind, und selbst unter Europäern sehr groß, da ihre Weiber alle mehr als sechsundeinhalb Fuß hoch sind. In Cornwall und im alten Britannien sind die Überlieferungen von diesen Riesen anderseits außerordentlich gewöhnlich; es heißt von ihnen, daß sie selbst auf die Zeit des Königs Arthur herab gelebt haben. All dies zeigt, daß Riesen unter den keltischen Völkern bis zu einer späteren Zeit lebten, als unter den teutonischen Völkern. Wenden wir uns der neuen Welt zu, so haben wir Überlieferungen von einer Rasse von Riesen von Tarija an den östlichen Abhängen der Anden und in Ecuador, welche Götter und Menschen bekämpften. Diese alten Glauben, welche gewisse Örtlichkeiten „Los Campos de los Gigantes“, die „Felder der Riesen“ nennen, sind immer zusammenbestehend mit der Existenz von pliocänen Säugetieren und dem Vorkommen von pliocänen erhöhten Strandufern. „Alle Riesen liegen nicht unter dem Berg Ossa“, und es wäre in der That eine armselige Anthropologie, welche die Überlieferungen von Riesen auf die griechische und biblische Mythologie beschränken wollte. Slavische Länder, insbesondere Rußland, sind voll von Legenden über die Bogaterey (mächtigen Riesen) der alten Zeit; und die slavische Volkssage, deren größter Teil zur Grundlage von nationalen Geschichten gedient hat, die ältesten Gesänge, und die archaischesten Überlieferungen sprechen von den Riesen der alten Zeit. So können wir mit Sicherheit die moderne Theorie verwerfen, welche aus den Titanen bloße Symbole, die für kosmische Zwecke stehen, machen möchte. Sie waren wirkliche lebendige Menschen, einerlei ob zwanzig oder nur zwölf Fuß hoch. Selbst die homerischen Helden, welche natürlich einer viel jüngeren Periode in der Geschichte der Rassen angehörten, scheinen Waffen geschwungen zu haben von einer Größe und einem Gewichte, wie sie die Kraft der stärksten Menschen der modernen Zeiten übersteigen.
Wenn die fossilen Fußstapfen zu Carson, Nevada, U. S. A., menschlich sind, so deuten sie auf riesige Menschen, und an ihrer Echtheit kann kein Zweifel bestehen. Es ist zu bedauern, daß der moderne und wissenschaftliche Beweis für gigantische Menschen nur auf Fußstapfen beruhen soll. Immer und immer wieder wurden die Skelette von mutmaßlichen Riesen mit jenen von Elephanten und Matodonten identifiziert. Aber alle solche Irrtümer vor der Zeit der Geologie, und selbst die Reisemärchen des Sir John Mandeville, welcher sagt, daß er in Indien sechsundfünfzig Fuß hohe Riesen sah, zeigen nur, daß der Glaube an die Existenz der Riesen niemals, zu gar keiner Zeit aus den Gedanken der Menschen entschwunden ist. Es ist bekannt und angenommen, daß verschiedene Rassen riesiger Menschen bestanden und deutliche Spuren zurückgelassen haben. Im Journal of the Anthropological Institute [35] wird gezeigt, daß eine solche Rasse zu Palmyra und möglicherweise in Midian existiert hat, welche Schädelformen zeigte, die von jenen der Juden ganz verschieden sind. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß eine andere solche Rasse in Samaria existierte, und daß das geheimnisvolle Volk, welches die Steinkreise in Galiläa aufrichtete, die neolithischen Feuersteine im Jordanthale behieb, und eine alte semitische Sprache bewahrte, welche ganz verschieden von der hebräischen Quadratschrift war, von sehr hoher Statur war. Die englischen Übersetzungen der Bibel sind niemals verläßlich, auch nicht in ihren modernen revidierten Formen. Sie erzählen uns von den Nephilim, übersetzen das Wort mit „Riesen“, und fügen ferner hinzu, daß sie „haarige“ Menschen waren, wahrscheinlich die großen und mächtigen Vorbilder der späteren Satyrn, die von der kircherväterlichen Phantasie so beredtsam beschrieben worden; einige von den Kirchenvätern versichern ihren Bewunderern und Nachfolgern, daß sie selber diese „Satyrn“ gesehen haben - einige lebendig, andere „eingepökelt“ und „konserviert“. Nachdem das Wort „Riesen“ einmal als Synonym für Nephilim angenommen war, haben die Kommentatoren dieselben seither mit den Söhnen Enaks identifiziert. Die Freibeuter, welche sch des Verheißenen Landes bemächtigten, fanden eine vorhandene Bevölkerung, welche ihre eigene an Körpergröße weit übertraf, und nannten sie ein Geschlecht von Riesen. Aber die Rasse wirklich riesiger Menschen waren Zeitalter vor der Geburt Moses verschwunden. Diese großen Menschen existierten in Kanaan, und ebenso in Baschan, und mögen Vertreter in den Nabathäern von Midian gehabt haben. Sie waren von viel größerer Statur als die untersetzten Juden. Vor viertausend Jahren trennte sie ihre Schädelbildung und große Statur von den Kindern des Heber. Vor vierzigtausend Jahren mögen ihre Vorfahren von noch gewaltigerer Größe gewesen sein, und vierhunderttausend Jahre früher müssen sie zu dem Menschen unserer Zeit in demselben Verhältnis gewesen sein, wie die Brobdingnagier zu den Liliputanern. Die Atlantier der mittleren Periode wurden die „Großen Drachen“ genannt, und das erste Symbol ihrer Stammesgottheiten, als die „Götter“ und die Göttlichen Dynastien sie verlassen hatten, war jenes einer riesigen Schlange. [35] Aufsatz von Dr. C. Carter Blake, 1871. |