Es ist anderwärts erwähnt worden, daß der Glaube an die siebenfältige Konstitution unserer Kette der älteste Lehrsatz der frühen Iranier war, welche ihn von dem ersten Zarathushtra empfingen. Es ist an der Zeit, dies jenen Parsîs zu beweisen, welche den Schlüssel zur Bedeutung ihrer Schriften verloren haben. Im Avesta wird die Erde zu ein und derselben Zeit als siebenteilig und dreiteilig betrachtet. Dies wird von Dr. Geiger für eine Incongruenz gehalten aus den folgenden Gründen, welche er Widersprüche nennt. Der Avesta spricht von drei Dritteln der Erde, weil der Rig Veda erwähnt: Drei Erden . . . Drei übereinanderliegende Schichten oder Lager sollen darunter verstanden sein. [39] Aber er ist ganz im Irrtum, ebenso wie alle exoterischen profanen Übersetzer. Der Avesta hat die Ideen nicht aus dem Rig Veda entlehnt, sondern wiederholt einfach die esoterische Lehre. Die „drei Schichten oder Lager“ beziehen sich nicht auf unsere Kugel allein, sondern auf die drei Lager der Kugel unserer Erdkette - zu je zwei auf einer jeden Ebene, die eine auf dem absteigenden, die andere auf dem aufsteigendem Bogen. Somit ist, mit Bezug auf die sechs Sphären oder Kugeln über unserer Erde, die siebenten und der vierten, die Erde siebenteilig, während mit Bezug auf die Ebenen über unserer Erde - sie dreiteilig ist. Diese Bedeutung wird durch den Text des Avesta ausgeführt und bestätigt, und selbst durch die Spekulationen - höchst mühsame und unbefriedigende Vermutungen der Übersetzer und Kommentatoren. Es folgt somit, daß die Einteilung der Erde oder vielmehr der Erdkette, in sieben Karshvars nicht in Widerspruch steht mit den drei „Zonen“, wenn dieses Wort als „Ebenen“ gelesen wird. Wie Geiger bemerkt, ist diese siebenfältige Einteilung sehr alt - die älteste von allen - da bereits die Gâthas von der „siebenteiligen Erde“ sprechen. [40] Denn: Nach den Angaben der späteren parsichen Schriften müssen die sieben Kêrshvars als gänzlich getrennte Teile der Erde betrachtet werden [was sie sicherlich sind. Denn] zwischen ihnen fließt der Ozean, sodaß es unmöglich ist, wie an verschiedenen Stellen gesagt ist, von einem Kêrshvar zum andern zu gelangen. [41] Der „Ozean“ ist natürlich der Raum, denn der letztere wurde genannt „die Wasser der Raumes“, bevor er als Ether bekannt war. Obendrein wird das Wort Karshvar richtig mit Dvîpa wiedergegeben und Hvaniratha wird mit Jambudvîpa wiedergegeben (Neryosangh, der Übersetzer des Yasna). [42] Aber diese Thatsache wird von den Orientalisten nicht in Rechnung gezogen, und daher finden wir, daß selbst ein so gelehrter Zoroastrier und Parsî von Geburt, wie der Übersetzer von Dr. Geigers Werk, achtlos und ohne ein Wort des Kommentars über die mannigfaltigen Bemerkungen des ersteren hinweggeht, daß es von „Inkongruenzen“ dieser Art in den altperischen Schriften wimmle. Eine von diesen „Inkongruenzen“ und „Coincidenzen“ betrifft die Ähnlichkeit der zoroastrischen mit der indischen Lehre in Bezug auf die sieben Dvîpas - Inseln oder vielmehr Kontinente - wie man ihnen in den Purânen begegnet, nämlich: Die Dvîpas bilden konzentrische Ringe, welche, durch den Ozean getrennt, Jambudvîpa umgeben, welches im Mittelpunkte gelegen ist, [und] nach der irânischen Anschauung ist der Kêrshvar Qaniratha gleichermaßen in der Mitte der übrigen gelegen, sie bilden keine konzentrischen Kreise, sondern jeder von ihnen [den sechs anderen Karshvars] ist ein besonderer für sich bestehender Raum, und so gruppieren sie sich rund um [oberhalb] Qaniratha. [43] Nun ist Qaniratha - besser Hvaniratha - nicht, wie von Geiger und seinem Übersetzer geglaubt wird, „das von den irânischen Stämmen bewohnte Land“, und „die anderen Namen“ bedeuten nicht „die angrenzenden Gebiete fremder Völker im Norden, Süden, Westen und Osten“, sondern sie bezeichnen unsere Kugel oder Erde. Denn das, was mit dem Satze beabsichtigt ist, welche dem letzangeführten folgt, nämlich: Zwei, Vorubarshti und Voruzarshti, liegen im Norden; zwei, Vidadhafshu und Tradadhafshu im Süden; Savahi und Arzahi im Osten und Westen - ist einfach die sehr anschauliche und genaue Beschreibung der Kette unseres Planeten, der Erde, welche im Buche Dzyan (II) also dargestellt ist:
Die oben angegebenen altperischen Namen brauchen bloß durch die in der Geheimlehre üblichen ersetzt zu werden, um uns den esoterischen Lehrsatz zu bieten. Die „Erde“ (unsere Welt) ist dreiteilig, weil die Weltenkette auf drei verschiedenen Ebenen über unserer Kugel gelegen ist; und sie ist siebenteilig wegen der sieben Kugeln oder Sphären, welche die Kette zusammensetzen. Daher ist die weitere Bedeutung im Vendîdâd (XIX, 39) angegeben, welcher zeigt: Qaniratha allein ist verbunden mit imat, „diesem“ (dieser Erde), während alle anderen Karshvares mit dem Worte „avat“, „jenem“ oder jenen - oberen Erden - verbunden sind. Nichts könnte klarer sein. Dasselbe kann von dem modernen Verständnis aller anderen alten Glauben gesagt werden. [39] Civilisation der Ost-Iranier in alter Zeit (eng. Übers., pp. 130, 131). [40] Bûmi haptâita, Yasna, XXXII. 3. [41] Vgl. z. B. Bd. I. p. 4, der Pahlavi-Übersetzung; Bdh. XXI. 2, 3. [42] Fußnote von Dârâb Dastur Peshotan Sanjânâ, B. A., dem Übersetzer von Dr. Wilhelm Geigers Werk über die Civilisation der Ost-Iranier. [43] a. a. O., pp. 130, 131. |