Der König der Hyperboräer war daher der Sohn des Boreas, des Nordwindes, und der Hohepriester des Apollo. Der Streit der Latona mit der Niobe - der atlantischen Rasse - der Mutter von sieben Söhnen und sieben Töchtern, welche die sieben Unterrassen der Vierten Rasse und ihre sieben Zweige [76] personifizieren, versinnbildlicht die Geschichte der zwei Festländer. Der Zorn der „Söhne Gottes“ oder von „Willen und Yoga“ beim Anblicke der stetigen Erniedrigung der Atlantier war groß [77] ; und die Vernichtung der Kinder der Niobe durch die Kinder der Latona - durch Apollo und Diana, die Gottheiten des Lichtes, der Weisheit und Reinheit, oder Sonne und Mond astronomisch, deren Einfluß Änderungen in der Erdachse, Sintfluten und andere große Umwälzungen verursacht - ist somit sehr klar. [78] Die Fabel von den unaufhörlichen Thränen der Niobe, deren Gram Zeus veranlaßt, sie in eine Quelle zu verwandeln - die Atlantis vom Wasser bedeckt - ist als Symbol nicht weniger anschaulich. Man erinnere sich daran, daß Niobe die Tochter einer der Plejaden oder Atlantiden ist, daher die Enkelin des Atlas [79] , weil sie die letzten Generationen des verfluchten Kontinentes repräsentiert.
Eine wahre Bemerkung ist die von Bailly, welcher sagt, daß die Atlantis einen außerordentlichen Einfluß auf das Altertum hatte. Er fügt hinzu:

Wenn diese mythischen Namen bloße Allegorien sind, dann kommt alles, was sie von Wahrheit an sich haben, von der Atlantis; wenn die Fabel wirkliche Überlieferung ist - wie verändert sie auch sein mag - dann ist die alte Geschichte durchaus ihre Geschichte. [80]

Und zwar so sehr, daß die alten Schriften - Prosa und Poesie - voll sind in Erinnerung an die Lemuro-Atlantier, die ersten physischen Rassen, obwohl die Dritte und die Vierte an Zahl in der Entwicklung der Menschheit der Vierten Runde auf unserer Kugel. Hesiod berichtet die Überlieferung von den Menschen des ehernen Zeitalters, welche Jupiter aus Eschenholz gemacht hatte, und welche Herzen hatten härter als Diamant. In Erz gekleidet vom Kopf bis zum Fuß verbrachten sie ihr Leben mit Kämpfen. Ungeheuer an Größe. mit schrecklicher Kraft begabt, kamen unbesiegbare Arme und Hände von ihren Schultern herab, sagt der Dichter. [81] So waren die Riesen der ersten physischen Rassen.
Die Iranier haben eine Bezugnahme auf die späteren Atlantier in Yasna, IX. 15. Die Überlieferung behauptet, daß die „Söhne Gottes“ oder die großen Initiierten der Heiligen Insel die Flut benützten, um die Erde von allen Zauberern unter den Atlantiern zu befreien. Der erwähnte Vers ruft Zarathushtra als einen der „Söhne Gottes“ an. Er sagt:

Du, o Zarathushtra, bewirktest, daß alle Dämonen [Zauberer], welche zuvor die Welt in menschlichen Formen durchschwärmten, sich in die Erde verbergen [er verhalf ihnen zum Untergange].

Die Lemurier, und auch die frühen Atlantier, waren in zwei getrennte Klassen geteilt - die „Söhne der Nacht“ oder Finsternis, und die „Söhne der Sonne“ oder des Lichts. Die alten Bücher erzählen uns von den schrecklichen Schlachten zwischen den beiden, als die ersteren, ihr Land der Dunkelheit verlassend, von welchem die Sonne auf lange Monate sich entfernte, von ihren unfreundlichen Gegenden herabstiegen und ihren besser begünstigten Brüdern der Äquatorialregionen „den Herrn des Lichtes zu entreißen versuchten“. Es kann uns gesagt werden, daß die Alten von der langen, sechs Monate dauernden Nacht in den Polarregionen nicht wußten. Selbst Herodot, gelehrter als die übrigen, erwähnt nur ein Volk, welches sechs Monate im Jahre schlief, und die andere Hälfte wach blieb. Doch wußten die Griechen wohl, daß es ein Land im Norden giebt, wo das Jahr in einen Tag und eine Nacht von je sechsmonatlicher Dauer geteilt ist, denn Plinius sagt es ausdrücklich. [82] Sie sprechen von den Kimmeriern und den Hyperboräern, und machen einen Unterschied zwischen den beiden. Die ersteren wohnten am Palus Maeotis - zwischen 45° und 50° Breite. Plutarch erklärt, daß sie nur ein kleiner Teil von einer großen Nation waren, welche von den Skythen vertrieben war - welche Nation nahe dem Tanais stehen blieb, nachdem sie Asien durchquert hatte.

Die kriegerischen Massen lebten früher an den Meeresufern, in dichten Wäldern, und unter einem dunklen Himmel. Dort berührt der Pol nahezu das Haupt, dort teilen lange Nächte und Tage das Jahr. [83]

Was die Hyperboräer anbelangt, so drückt sich Solinus Polyhistor über die Völker folgendermaßen aus:

Sie säen am Morgen, reifen am Mittag, sammeln ihre Früchte am Abend, und speichern sie während der Nacht in ihren Höhlen auf. [84]

Selbst die Verfasser des Zohar kannten diese Thatsache, denn es steht geschrieben:

Im Buche des Hammannunah, des alten [oder des altehrwürdigen], lernen wir . . . daß es einzelne Länder der Erde giebt, welche beleuchtet sind, während andere in Dunkelheit sind; diese haben den Tag, während es für die ersteren Nacht ist; und es giebt Länder, in denen es beständig Tag ist, oder in welchem zum mindesten die Nacht nur wenige Augenblicke dauert. [85]


[76] Siehe Apollodor wegen dieser Zahl.

[77] Siehe „die Söhne Gottes und die Heilige Insel“.

[78] So occult und mystisch ist einer der Aspekte der Latona, daß sie sogar in der Offenbarung (XII) wieder vorgeführt wird, als das Weib, mit der Sonne (Apollo) bekleidet, und mit dem Mond (Diana) unter ihren Füßen, welche schwanger war, „und schrie, und war in Kindesnöten, und hatte große Qual zur Geburt.“ ein großer roter Drache steht vor dem Weibe, bereit, das Kind zu verschlingen. Sie gebiert das Knäblein, das alle Heiden weiden sollte mit einer eisernen Rute, und das entrückt ward zum Stuhle Gottes - die Sonne. Das Weib entfloh in die Wüste, noch immer verfolgt von dem Drachen, welcher wiederum  flieht, und aus seinem Munde ein Wasser wie ein Strom schießt, wobei die Erde dem Weibe half und den Strom verschlang; und der Drache ging hin, zu streiten mit den Übrigen von ihrem Samen, die da Gottes Gebote hielten. (Siehe XII. 1, 17.) Jedermann, der die Allegorie der von der Rache der eifersüchtigen Juno verfolgten Latona liest, wird die Wesensgleichheit der beiden Lesarten erkennen. Juno entsendet den Drachen Python, damit er Latona verfolge und töte, und ihr Kind verschlinge. Das letztere ist Apollo, die Sonne, denn das Knäblein der Offenbarung, „das alle Heiden sollte weiden mit der eisernen Rute“, ist sicherlich nicht der sanftmütige „Sohn Gottes“, Jesus, sondern die physische Sonne, „welche alle Völker beherrscht“; der Drache ist der Nordpol, welcher allmählich die frühen Lemurier aus den Ländern trieb, welche mehr und mehr hyperboräisch und ungeeignet wurden, von jenen bewohnt zu werden, welche sich rasch zu physischen Menschen entwickelten, denn nun hatten sie auf die klimatischen Veränderungen Rücksicht zu nehmen. Der Drache will der Latona nicht erlauben, „zu gebären“ - die Sonne zur Erscheinung. „Sie ist aus dem Himmel vertrieben und findet keine Stelle, wo sie gebären kann“, bis Neptun, der Ozean, mitleidsvoll die schwimmende Insel Delos - die Nymphe Asteria, welche sich bisher von Jupiter unter den Wogen des Ozeans verborgen hatte - unbeweglich macht, auf welcher Latona Zuflucht findet, und wo der lichte Gott Delius geboren wird, der Gott, welcher sofort nach seinem Erscheinen Python, die Kälte und den Frost der arktischen Region tötet, in dessen todbringenden Windungen alles Leben erlischt. Mit andern Worten, Latona-Lemuria wird verwandelt in Niobe-Atlantis, über welche ihr Sohn Apollo oder die Sonne regiert - mit einer eisernen Rute fürwahr, da Herodot die Atlantier seine allzugroße Hitze verfluchen läßt. Diese Allegorie wird in ihrer anderen mystischen Bedeutung (einem andern von den sieben Schlüsseln) in den eben angeführten Kapiteln der Offenbarung wiederholt. Latona wurde in der That eine mächtige Göttion und sah ihren Sohn Verehrung (Sonnenverehrung) in nahezu jedem Heiligtume des Altertums empfangen. In seinem occulten Aspekt ist Apollo der Schutzherr der Zahl Sieben. Er ist geboren am siebenten des Monats und die Schwäne von Myorika schwimmen siebenmal um Delos herum und besingen jenes Ereignis; er besitzt sieben Seiten auf seiner Leier - die sieben Strahlen der Sonne und die sieben Kräfte der Natur. Aber dies ist nur nach der astronomischen Bedeutung, während das Obige rein geologisch ist.

[79] Siehe Ovid, Metamorphosen, VI.

[80] Lettres sur l´Atlantide, p. 137.

[81] Hesiod, Opera et Dies, 143.

[82] Hist. Nat., IV. 12.

[83] Marius.

[84] a. a. O., c. 16.

[85] Isaac Myers Qabbalah, p. 139.