Zwischen dem Menschen und dem Tiere – deren Monaden oder Jîvas im Grunde wesensgleich sind – liegt der unüberschreitbare Abgrund der Mentalität und des Selbstbewußtseins. Was ist das menschliche Gemüt in seinem höheren Aspekt, woher kommt es, wenn es nicht ein Teil ist der Wesenheit – und, in einigen seltenen Inkarnationsfällen, die Wesenheit selbst – eines höheren Wesens; eines solchen von einer höheren und göttlichen Ebene? Kann der Mensch – ein Gott in der tierischen Form – die Hervorbringung der materiellen Natur durch bloße Entwicklung sein, geradeso wie das Tier es ist, welches sich vom Menschen durch die äußere Gestalt, aber durchaus nicht durch die Stoffe seines körperlichen Aufbaus unterscheidet, und von derselben, wenn auch unentwickelten Monade beseelt ist – in Anbetracht dessen, daß die intellektuellen Fähigkeiten der beiden sich von einander unterscheiden wie die Sonne von einem Glühwurm? Und was ist es, das einen solchen Unterschied schafft, wenn nicht der Mensch ein Tier plus einem lebendigen Gotte innerhalb seiner körperlichen Hülle? Halten wir an und legen uns selbst ernstlich die Frage vor, unbekümmert um die Schrullen und Sophismen der materialistischen wie der psychologisch modernen Wissenschaft.
Bis zu einem gewissen Grade, das ist zugestanden, ist selbst die Esoterische Lehre allegorisch. Um die letztere dem Durchschnittsverstande begreiflich zu machen, ist der Gebrauch von in eine verständliche Form gebrachten Symbolen erforderlich. Daher die allegorischen und halb-mythischen Erzählungen in den exoterischen, und die bloß halb-metaphysischen und objektiven Darstellungen in den esoterischen Lehren. Denn die rein und transcendental geistigen Begriffe sind nur für das Empfindungsvermögen jener passend, welche „sehen ohne Augen, hören ohne Ohren, und empfinden ohne Organe,“ nach der anschaulichen Ausdrucksweise des Kommentars. Dem allzu puritanischen Idealisten steht es frei, den Lehrsatz zu vergeistigen, während der moderne Psychologe einfach versuchen würde, unsere „gefallene“, aber noch göttliche  - göttliche in ihrem Zusammenhange mit Buddhi – Menschenseele wegzugeistern.
Das Geheimnis, welches mit den hoch geistigen Vorfahren des göttlichen Menschen innerhalb des irdischen Menschen verknüpft ist, ist sehr groß. Seine doppelte Erschaffung ist in den Purânen angedeutet, während man sich seiner esoterischen Bedeutung nur durch das gegenseitige Vergleichen der vielen verschiedenen Berichte, und dadurch, daß  man sie in ihrem symbolischen und allegorischen Charakter liest, nähern kann. So ist es in der Bibel, sowohl in der Genesis als auch sogar in den Briefen des Paulus. Denn dieser „Schöpfer“, welcher in dem zweiten Kapitel der Genesis „Gott der Herr“ genannt wird, ist in dem Originale die Elohim, oder Götter (die Herren) in der Mehrzahl; und während einer von ihnen den irdischen Adam aus Staub macht, haucht der zweite ihm den Atem des Lebens ein, und der dritte macht aus ihm eine lebendige Seele, und alle diese Deutungen sind in der Mehrzahl des Wortes Elohim enthalten [18] oder wiederum, wie Paulus sagt:

Der erste Mensch ist von der Erde und irdisch; der andere (der letzte, oder vielmehr höchste) Mensch ist der Herr vom Himmel. [19]

In der ârischen Allegorie werden die rebellischen Söhne des Brahmâ alle dargestellt als heilige Asketen und Yogîs. Wiedergeboren in jedem Kalpa, suchen sie gewöhnlich das Werk der menschlichen Zeugung zu verhindern. Wenn Daksha, der Führer der Prajâpatis oder Schöpfer, 10 000  Söhne zum Zwecke der Bevölkerung der Welt hervorbringt, so tritt Nârada – ein Sohn des Brahmâ, der große Rishi, und dem Wesen nach ein Kumâra, wenn auch nicht dem Namen – dazwischen, und vereitelt zweimal das Vorhaben Dakshas, indem er jene Söhne überredet, heilige Asketen zu bleiben, und die Ehe zu fliehen. Dafür verflucht Daksha den Nârada, „als ein Mensch wiedergeboren“ zu werden, wie Brahmâ ihn vorher verflucht hat wegen seiner Weigerung zu heiraten und Nachkommenschaft zu erhalten, indem er sagte: „gehe zu Grunde in deiner gegenwärtigen (Deva- oder Engel-) Form; und nimm deinen Aufenthalt in dem Schoße“ – d. i. werde ein Mensch. [20]
Ungeachtet der verschiedenen einander widersprechenden Lesearten derselben Geschichte, ist es leicht zu sehen, daß Nârada zu jener Klasse von „Erstgeborenen“ Brahmâ´s gehört, welche sich alle aufrührerisch gegen das Gesetz der tierischen Zeugung erwiesen haben, wofür sie sich als Menschen zu inkarnieren hatten. Von allen vedischen Rishis ist Nârada, wie bereits gezeigt, der unveränderlichste, weil er mit den occulten Lehren – insbesondere mit den geheimen Cyklen und Kalpas – am engsten verbundene ist.
Gewisse sich widersprechende Behauptungen über diesen Weisen haben die Orientalisten sehr beunruhigt. So wird er dargestellt, wie er sich unbedingt weigert, zu „schaffen“ oder Nachkommenschaft zu haben, und sogar seinen Vater Brahmâ einen „falschen Lehrer“ nennt, weil er ihm rät zu heiraten wie im Nârada-Pancha-Râtra erzählt ist; nichtsdestoweniger wird er als einer, der Prajâpatis oder Vorfahren erwähnt! Im Nâradîya Purâna beschreibt er die Gesetze und Pflichten der ehelosen Adepten; und da diese occulten Pflichten sich zufälligerweise nicht mit dem Bruchstücke von ungefähr 3000 Strophen vorfinden, welches in dem Besitze von europäischen Museen ist, werden die Brâhmanen für Lügner erklärt; wobei die Orientalisten vergessen, daß das Nâradîya angeblich 25 000 Strophen enthält, und daß es nicht sehr wahrscheinlich ist, daß solche Manuskripte sich in den Händen von den indischen Profanen finden sollten, die bereit sind, irgend ein kostbares Palmenblatt für eine rote Suppe zu verkaufen. Es genüge die Bemerkung, daß Nârada vorzugsweise der Deva-Rishi des Occultismus ist und daß der Occultist, welcher nicht Nârada nach seinen sieben esoterischen Schilffflächen erwägt, analysiert und studiert, niemals im stande sein wird, gewisse anthropologische, chronologische, und selbst kosmische Mysterien zu ergründen. Er ist eines der oben erwähnten Feuer, und spielt eine Rolle in der Entwicklung dieses Kalpa von dem Anbeginne seines Aufdämmerns bis zu seinem Endzustande. Er ist ein Schauspieler, welcher in einem jeden der auf einander folgenden Akte oder Wurzelrassen des gegenwärtigen manvantarischen Dramas auftritt, in den Weltallegorieen, welche den Grundton der Esoterik anschlagen, und jetzt dem Leser vertrauter werden. Aber sollen wir uns an andere alte Schriften und Dokumente wenden, um eine Bestätigung der „Feuer“, „Funken“ und „Flammen“? Sie sind zahlreich, wenn man sie nur an den richtigen Stellen sucht.


[18] Seth, wie Bunsen und andere gezeigt haben, ist nicht nur der „ursprüngliche Gott“ der Semiten - einschließlich der ersten Juden - sondern auch ihr „halbgöttlicher Vorfahr“. Denn sagt Bunsen (Gott in der Geschichte, II. 36): „Der Stammbaum des Seth der Genesis, Vaters des Enosch (des Mannes) muß ursprünglich als gleichlaufend gedacht werden mit dem von Elohim, Adams Vater, abgeleiteten.“ „Nach Bunsen war die Gottheit (oder Gott Seth) der uralte Gott von Nordägypten und Palästina“, sagt Staniland Wake, in The Great Pyramid (p. 61). Und Seth wurde in der späteren Theologie der Ägypter als ein „böser Dämon“ behandelt, sagt derselbe Bunsen, denn er ist eins mit Typhon und logisch folgerichtig eins mit den indischen Dämonen.

[19] I. Korinth, XV. 47.

[20] Vâyu Purâna; Harivamsha, 170.