Auch sollte die esoterische Chronologie niemanden erschrecken; denn in Bezug auf Zahlen sind die größten Autoritäten des Tages so unbeständig und unsicher wie die Wellen des Mittelmeeres. Allein in Bezug auf die Dauer der geologischen Perioden sind die Gelehrten der Royal Society alle hoffnungslos im Ungewissen und springen von einer Million zu fünfhundert Millionen Jahren mit der größten Leichtigkeit, wie mehr als einmal im Laufe dieser Vergleichung gesehen werden wird.

Man nehme für unseren gegenwärtigen Zweck nur ein Beispiel - die Berechnung des Herrn Croll. Ob nach diesem Gewährsmanne 2 500 000 Jahre die Zeit seit dem Beginne der Tertiärzeit oder der Eocänperiode darstellen, wie ihn ein amerikanischer Geologe sagen läßt; [22] oder ob dieser Herr Croll „fünfzehn Millionen seit dem Beginne der Eocänperiode zugesteht“, wie ein englischer Geologe zitiert, [23] beide Zahlenreihen decken die von der Geheimlehre aufgestellten Behauptungen. [24]

Denn, wenn man, wie die letztere thut, zwischen vier und fünf Millionen Jahre zwischen der beginnenden und der schließlichen Entwicklung der vierten Wurzelrasse angiebt, auf den lemuro-atlantischen Kontinenten; eine Million Jahre für die fünfte oder ârische Rasse bis zum gegenwärtigen Datum und ungefähr 850 000 seit dem Untergange der letzten mächtigen Halbinsel der großen Atlantis - so kann alles dies leicht stattgefunden haben innerhalb der 15 000 00 Jahre, welche Herr Croll der Tertiärzeit zugesteht. Aber chronologisch gesprochen ist die Dauer der Periode von nebensächlicher Wichtigkeit, da wir am Ende noch gewisse amerikanische Gelehrte als Rückhalt haben. Diese Herren halten, unbekümmert um die Thatsache, daß ihre Behauptungen nicht zweifelhaft, sondern widersinnig genannt werden, doch daran fest, daß der Mensch bereits in der Sekundärzeit existierte. Sie haben menschliche Fußstapfen auf Felsen dieser Formation gefunden, und des weiteres findet Herr de Quatrefages keinen stichhaltigen wissenschaftlichen Grund, warum der Mensch nicht während der Sekundärzeit existiert haben solle.

Die Zeitalter und Perioden in der Geologie sind, in nüchterner Wahrheit, rein konventionelle Ausdrücke, da sie bis jetzt kaum abgegrenzt sind, und obendrein nicht zwei Geologen oder Naturforscher in Bezug auf die Zahlen übereinstimmen. So ist dem Occultisten von der gelehrten Bruderschaft ein weiter Spielraum zur Auswahl gelassen. Sollen wir zu einer unserer Stützen Herrn T. Mellard Read nehmen? Dieser Herr behauptet in einer Ansprache über „Kalkstein als ein Zeiger geologischer Zeit“. gerichtet von ihm im Jahre 1878 an die Royal Society, daß das Mindestmaß von Zeit, welches zur Bildung der sedimentären Schichten und zur Ausscheidung des Kalkstoffes notwendig ist, in runden Ziffern 600 000 000 Jahre beträgt; [25] oder sollen wir für unsere Zeitrechnung Unterstützung aus Herrn Darwins Werken suchen, worin er entsprechend seiner Theorie für die organischen Umformungen 300 bis 500 Millionen Jahre verlangt? Sir Charles Lyell und Professor Houghton begnügten sich, den Beginn der kambrischen Periode bezw. auf 200 bis 240 Mill. Jahre zurückzuversetzen. Geologen und Zoologen behaupten die längste Zeit, obwohl Herr Huxley einstmals den Beginn der Verkrustung der Erde auf 1000 000 000 Jahre zurückversetzte und kein Jahrtausend davon nachlassen wollte.


[22] A. Winchell, Professor der Geologie, Word-Life, p. 369.

[23] Herr Charles Gould, ehemaliger geologischer Landvermesser von Tasmanien, in den Mythical Monsters, p. 84.

[24] Sir Charles Lyell, welchem die „glückliche Erfindung“ der Ausdrücke Eocän, Miocän und Pliocän zur Bezeichnung der drei Unterteilungen der Tertiärzeit zugeschrieben wird, hätte wirklich seinen „Geisteskindern“ irgend eine annähernde Länge vermachen sollen. Da er jedoch die Dauer dieser Perioden den Spekulationen der Spezialisten überlassen hat, so sind die größte Verwirrung und Unsicherheit das Resultat dieses glücklichen Gedankens. Es erscheint als ein hoffnungsloses Beginnen, mit Erfolg eine einzige Ziffernreihe aus einem Werke anzuführen, ohne Gefahr zu laufen, sich von demselben Verfasser in einem früheren oder einem folgenden Buche widersprochen zu finden. Sir William Thomson, eine der hervorragendsten unter den modernen Autoritäten, hat seine Meinung über das Alter der Sonne und die Zeit der Verfestigung der Erdkruste ungefähr ein Halbdutzendmale geändert. In Thomson und die Taits Natural Philosophy finden wir bloß 10 000 000 Jahre zugestanden seit der Zeit, seit die Temperatur der Erde ein Erscheinen von vegetabilischem Leben auf der letzteren gestattete. (App. D ff; auch Trans. Roy. Soc. Edin., XXIII. Pt. I. 157, 1862, wo 847 widerrufen wird.) Herr Darwin giebt als Sir William Thomson Schätzung „ein Minimum von 98 und ein Maximum von 200 Millionen Jahren seit dem Festwerden der Kruste.“ (Siehe Ch. Gould, a. a. O., p. 83.) In demselben Werke (Nat. Phil.) werden 80 Millionen angegeben seit der Zeit der beginnenden Verkrustung bis zum gegenwärtigen zustande der Welt. Und in seiner letzten Vorlesung, wie anderwärts gezeigt ist, erklärt Sir William Thomson (1887), daß die Sonne nicht älter als 15 000 000 Jahre ist! Unterdessen gestattet auf Grund seiner Schlussfolgerungen über die Grenzen der Zeitdauer der Sonnenwärme, nach Zahlen, die vorher von Sir William Thomson aufgestellt worden waren, Herr Croll 60 000 000 Jahre seit dem Beginne der kambrischen Periode. Das ist hoffnungsvoll für die Liebhaber von exaktem Wissen. Was immer für Zahlen also die Geheimwissenschaft geben mag, dieselben werden sicherlich durch irgend eines der modernen Männer der Wissenschaft, die man für Autoritäten hält, bestätigt werden.

[25] Siehe Proceedings, Royal Society, London, XXVIII. 281.