Was ihre Bildner oder Vorfahren anbetrifft – jene Engel, welche in den exoterischen Legenden dem Gesetze gehorchten – so müssen sie wesensgleich sein mit den Barhishad Pitris oder den Pitri-Devatâs, d. i. jenen, welche im Besitze des physischen schöpferischen Feuers waren. Sie konnten nur die menschliche Monade schaffen oder vielmehr nur mit ihren eigenen astralen Selbsten bekleiden, aber sie konnten nicht den Menschen nach ihrem Bild und Gleichnis machen. „Der Mensch soll nicht sein wie einer von uns“, sagen die schöpferischen Götter, beauftragt mit der Herstellung des niederen Tieres – sondern höher. [31] Daß sie das Ebenbild der Menschen aus ihren eigenen göttlichen Wesenheit schufen, bedeutet esoterisch, daß sie es waren, welche die –erste Rasse wurden, und so ihr Schicksal und weitere Entwicklung teilten. Sie wollten nicht, einfach weil sie nicht konnten, dem Menschen jenen heiligen Funken geben, welcher zur Blüte der menschlichen Vernunft und Selbstbewußtseins aufflammt und sich ausbreitet, denn sie hatten ihm nicht zu vergeben. Dies war jener Klasse von Devas überlassen, welche in Griechenland unter dem Namen Prometheus symbolisiert wurden; jenen, welche nichts zu thun hatten mit dem physischen Körper, aber alles mit dem rein geistigen Menschen.
Jede Klasse von Schöpfern begabt den Menschen mit dem, was sie zu geben hat; die eine bildet seine äußere Form; die andere giebt ihm ihre Wesenheit, welche später infolge der persönlichen Anstrengung des Individuums das Menschliche Höhere Selbst wird; aber sie konnten den Menschen nicht machen wie sie selbst waren, - vollkommen, weil sündelos; sündelos, weil bloß im Besitze der ersten, blassen, schattenhaften Umrisse von Attributen, und diese alle vollkommen – vom menschlichen Standpunkte – weiß, rein und kalt, wie der jungfräuliche Schnee. Wo kein Körper ist, da ist kein Verdienst. Die Menschheit, „von der Erde irdisch“, war nicht bestimmt, von den Engeln des Ersten Göttlichen Atems geschaffen zu werden. Daher heißt es, daß sie sich geweigert haben, zu schaffen, und daß der Mensch von materielleren Schöpfern gebildet werden mußte [32] , die ihrerseits nur das geben konnten, was sie in ihren eignen Naturen hatten und nicht mehr. Gehorsam dem ewigen Gesetze konnten die reinen Götter aus sich selbst nur schattenhafte Menschen projiciieren, etwas weniger etherisch und geistig, weniger göttlich und vollkommen als sie selber – aber noch immer Schatten. Die erste Menschheit war daher ein blasses Abbild ihrerVorfahren; zu materiell, selbst in ihrer Feinheit, um eine Hierarchie von Göttern zu sein; zu geistig und rein, um Menschen zu sein – thatsächlich begabt mit jeder negativen (nirguna) Vollkommenheit. Vollkommenheit, um solche voll zu sein, muß aus der Unvollkommenheit geboren sein, das Unzerstörbare muß aus dem Zerstörbaren hervorwachsen, indem es das letztere zu seinem Träger und Grundlage und Kontrast hat. Unbedingtes Licht ist unbedingte Dunkelheit und umgekehrt. Thatsächlich giebt es weder Licht noch Dunkelheit in den Bereichen der Wahrheit. Gut und Böse sind Zwillinge, die Nachkommenschaft von Raum und Zeit, unter der Herrschaft der Mâyâ. Trenne sie, indem du sie auseinanderschneidest, und sie werden beide sterben. Keines besteht an sich, da jedes aus dem anderen erzeugt und geschaffen werden muß, um ins Dasein zu treten; beide müssen gekannt und erfasst sein, bevor sie Gegenstände der Wahrnehmung werden, daher müssen sie im sterblichen Gemüte geteilt werden.
Nichtsdestoweniger, da die trügerische Unterscheidung besteht, ist eine niedrigere Ordnung von schöpferischen Engeln erforderlich, um bewohnte Kugeln zu „erschaffen“ – insbesondere die unsere – oder um mit dem Stoffe dieser irdischen Ebene sich zu befassen. Die philosophischen Gnostiker waren die ersten, welche in der geschichtlichen Zeit so dachten, und auf Grund dieser Anschauung verschiedene Systeme erfanden. Daher findet man in ihren Schöpfungsplänen ihre „Schöpfer“ immer einen Platz gerade am Fuße der Leiter des geistigen Seins einnehmen. Von ihnen wurden jene, welche unsere Erde und ihre Sterblichen erschaffen hatte, gerade an die Grenze der mâyâvischen Materie versetzt und ihren Anhängern wurde gelehrt zu denken – zum großen Missbehagen der Kirchväter – daß für die Schöpfung jener im geistigen und moralischen Sinne jämmerlichen Rassen, welche unsere Kugel zieren, keine hohe Gottheit verantwortlich gemacht werden könne, sondern bloß Engel einer niederen Hierarchie, [33] in welche Klassen sie den jüdischen Gott Jehovah verbannten.


[31] Siehe Genesis und Platos Timäus.

[32] Trotz alle gegenteiligen Anstrengungen der christlichen Theologie - welche sich mit dem hebräischen esoterischen Bericht von der Schöpfung des Menschen beladen hat, welchen sie buchstäblich versteht - keine vernünftige Entschuldigung für ihren „Gott, den Schöpfer“ finden, welche einen Menschen ohne Gemüt und Sinn hervorbringt; noch kann sie die Bestrafung rechtfertigen, die auf eine Thatsache folgte, bezüglich derer Adam und Eva sich für unzurechnungsfähig erklären könnten. Denn wenn man zugesteht, daß das Paar in Unwissenheit von Gut und Böse war, bevor es die verbotene Frucht aß, wie konnte man von ihm erwarten, daß er wisse, daß Ungehorsam böse sei? Wenn beabsichtigt war, daß der ursprüngliche Mensch ein halbverständiges, oder vielmehr verstandloses Wesen bleiben solle, dann war seine Schöpfung zwecklos und sogar grausam, wenn von einem allmächtigen und vollkommenen Gotte bewirkt. Aber Adam und Eva werde, sogar in der Genesis, dargestellt, als geschaffen von einer Klasse niederer göttlicher Wesen, den Elohim, welche so eifersüchtig auf ihre persönlichen Vorrechte als vernünftige und intelligente Geschöpfe sind, daß sie dem Menschen nicht gestatten wollen, zu werden „als unser einer“. Dies ist klar, selbst nach dem buchstäblichen Sinne der Bibel. Die Gnostiker hatten daher Recht, wenn sie den jüdischen Gott als zu einer Klasse von niedrigeren, materiellen und nicht sehr heiligen Bewohnern der unsichtbaren Welt gehörig betrachteten.

[33] In Isis Unveiled werden verschiedene dieser gnostischen Systeme gegeben. Eines ist dem Codex Nazaräus, der Schrift der Nazarener entnommen, welche, obwohl sie lange vor den Tagen Christi, und selbst vor den Gesetzen Mosis existierten, Gnostiker waren, und viele von ihnen Initiierte. Sie hielten ihre „Mysterien des Lebens“ in Nazara )dem alten und neuen Nazareth) ab, und ihre Lehren sind ein getreuer Wiederhall der Unterweisung der Geheimlehre - von denen wir einige jetzt zu erklären unternehmen.