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Johann Wolfgang von Goethe

Der Tragödie zweiter Teil

Felsbuchten des Ägäischen Meers

Mond, im Zenit verharrend.

SIRENEN auf den Klippen umhergelagert, flötend und singend.
Haben sonst bei nächtigem Grauen
Dich thessalische Zauberfrauen
Frevelhaft herabgezogen,
Blicke ruhig von dem Bogen
Deiner Nacht auf Zitterwogen
Mildeblitzend Glanzgewimmel
Und erleuchte das Getümmel,
Das sich aus den Wogen hebt!
Dir zu jedem Dienst erbötig,
Schöne Luna, sei uns gnädig!

NEREIDEN UND TRITONEN als Meerwunder.
Tönet laut in schärfern Tönen,
Die das breite Meer durchdröhnen:
Volk der Tiefe ruft fortan!
Vor des Sturmes grausen Schlünden
Wichen wir zu stillsten Gründen:
Holder Sang zieht uns heran.
Seht, wie wir im Hochentzücken
Uns mit goldenen Ketten schmücken,
Auch zu Kron und Edelsteinen
Spang und Gürtelschmuck vereinen!
Alles das ist eure Frucht:
Schätze, scheiternd hier verschlungen,
Habt ihr uns herangesungen,
Ihr Dämonen unsrer Bucht.

SIRENEN. Wissens wohl, in Meeresfrische
Glatt behagen sich die Fische,
Schwanken Lebens ohne Leid;
Doch, ihr festlich regen Scharen,
Heute möchten wir erfahren,
Daß ihr mehr als Fische seid.

NEREIDEN UND TRITONEN.
Ehe wir hieher gekommen,
Haben wirs zu Sinn genommen;
Schwestern, Brüder, jetzt geschwind!
Heut bedarfs der kleinsten Reise
Zum vollgültigsten Beweise,
Daß wir mehr als Fische sind.
Entfernen sich.

SIRENEN. Fort sind sie im Nu!
Nach Samothrake grade zu,
Verschwunden mit günstigem Wind.
Was denken sie zu vollführen
Im Reiche der hohen Kabiren?
Sind Götter, wundersam eigen,
Die sich immerfort selbst erzeugen
Und niemals wissen, was sie sind!
Bleibe auf deinen Höhn,
Holde Luna, gnädig stehn,
Daß es nächtig verbleibe,
Uns der Tag nicht vertreibe!

THALES am Ufer zu Homunculus.
Ich führte dich zum alten Nereus gern;
Zwar sind wir nicht von seiner Höhle fern,
Doch hat er einen harten Kopf,
Der widerwärtige Sauertopf.
Das ganze menschliche Geschlecht
Machts ihm, dem Griesgram, nimmer recht.
Doch ist die Zukunft ihm entdeckt,
Dafür hat jedermann Respekt
Und ehret ihn auf seinem Posten;
Auch hat er manchem wohlgetan.

HOMUNCULUS. Probieren wirs und klopfen an!
Nicht gleich wirds Glas und Flamme kosten!

NEREUS. Sinds Menschenstimmen, die mein Ohr vernimmt?
Wie es mir gleich im tiefsten Herzen grimmt!
Gebilde, strebsam, Götter zu erreichen,
Und doch verdammt, sich immer selbst zu gleichen!
Seit alten Jahren konnt ich göttlich ruhn,
Doch trieb michs an, den Besten wohlzutun,
Und schaut ich dann zuletzt vollbrachte Taten,
So war es ganz, als hätt ich nicht geraten.

THALES. Und doch, o Greis des Meers, vertraut man dir;
Du bist der Weise, treib uns nicht von hier!
Schau diese Flamme: menschenähnlich zwar,
Sie deinem Rat ergibt sich ganz und gar!

NEREUS. Was Rat! Hat Rat bei Menschen je gegolten?
Ein kluges Wort erstarrt im harten Ohr.
Sooft auch Tat sich grimmig selbst gescholten,
Bleibt doch das Volk selbstwillig wie zuvor.
Wie hab ich Paris väterlich gewarnt,
Eh sein Gelüst ein fremdes Weib umgarnt!
Am griechischen Ufer stand er kühnlich da,
Ihm kündet ich, was ich im Geiste sah:
Die Lüfte qualmend, überströmend Rot,
Gebälke glühend, unten Mord und Tod,
Trojas Gerichtstag, rhythmisch festgebannt,
Jahrtausenden so schrecklich als gekannt.
Des Alten Wort, dem Frechen schiens ein Spiel,
Er folgte seiner Lust, und Ilios fiel -
Ein Riesenleichnam, starr nach langer Qual,
Des Pindus Adlern gar willkommnes Mahl!
Ulyssen auch! sagt ich ihm nicht voraus
Der Circe Listen, des Cyklopen Graus?
Das Zaudern sein, der Seinen leichten Sinn?
Und was nicht alles! Bracht ihm das Gewinn?
Bis vielgeschaukelt ihn, doch spät genug,
Der Woge Gunst an gastlich Ufer trug.

THALES. Dem weisen Mann gibt solch Betragen Qual;
Der gute doch versucht es noch einmal.
Ein Quentchen Danks wird, hoch ihn zu vergnügen,
Die Zentner Undanks völlig überwiegen.
Denn nichts Geringes haben wir zu flehn:
Der Knabe da wünscht weislich zu entstehn.

NEREUS. Verderbt mir nicht den seltensten Humor!
Ganz andres steht mir heute noch bevor:
Die Töchter hab ich alle herbeschieden,
Die Grazien des Meeres, die Doriden.
Nicht der Olymp, nicht euer Boden trägt
Ein schön Gebild, das sich so zierlich regt.
Sie werfen sich anmutigster Gebärde
Vom Wasserdrachen auf Neptunus Pferde,
Dem Element aufs zarteste vereint,
Daß selbst der Schaum sie noch zu heben scheint,
Im Farbenspiel von Venus Muschelwagen
Kommt Galatee, die Schönste nun, getragen,
Die, seit sich Kypris von uns abgekehrt,
In Paphos wird als Göttin selbst verehrt.
Und so besitzt die Holde lange schon
Als Erbin Tempelstadt und Wagenthron.
Hinweg! Es ziemt in Vaterfreudenstunde
Nicht Haß dem Herzen, Scheltwort nicht dem Munde.
Hinweg zu Proteus! Fragt den Wundermann,
Wie man entstehn und sich verwandeln kann!
Entfernt sich gegen das Meer.

THALES. Wir haben nichts durch diesen Schritt gewonnen:
Trifft man auch Proteus, gleich ist er zerronnen,
Und steht er euch, so sagt er nur zuletzt,
Was staunen macht und in Verwirrung setzt.
Du bist einmal bedürftig solchen Rats;
Versuchen wirs und wandlen unsres Pfads!
Entfernen sich.

SIRENEN oben auf den Felsen.
Was sehen wir von weiten
Das Wellenreich durchgleiten?
Als wie nach Windes Regel
Anzögen weiße Segel,
So hell sind sie zu schauen,
Verklärte Meeresfrauen!
Laßt uns herunterklimmen!
Vernehmt ihr doch die Stimmen.

NEREIDEN UND TRITONEN.
Was wir auf Händen tragen,
Soll allen euch behagen.
Chelonens Riesenschilde
Entglänzt ein streng Gebilde:
Sind Götter, die wir bringen!
Müßt hohe Lieder singen.

SIRENEN. Klein von Gestalt,
Groß von Gewalt,
Der Scheiternden Retter,
Uralt-verehrte Götter!

NEREIDEN UND TRITONEN.
Wir bringen die Kabiren,
Ein friedlich Fest zu führen;
Denn wo sie heilig walten,
Neptun wird freundlich schalten.

SIRENEN. Wir stehen euch nach:
Wenn ein Schiff zerbrach,
Unwiderstehbar an Kraft,
Schützt ihr die Mannschaft.

NEREIDEN UND TRITONEN.
Drei haben wir mitgenommen,
Der vierte wollte nicht kommen;
Er sagte, er sei der Rechte;
Der für sie alle dächte.

SIRENEN. Ein Gott den andern Gott
Macht wohl zu Spott.
Ehrt ihr alle Gnaden!
Fürchtet jeden Schaden!

NEREIDEN UND TRITONEN.
Sind eigentlich ihrer sieben!

SIRENEN. Wo sind die drei geblieben?

NEREIDEN UND TRITONEN. Wir wüßtens nicht zu sagen,
Sind im Olymp zu erfragen;
Dort west auch wohl der achte,
An den noch niemand dachte!
In Gnaden uns gewärtig,
Doch alle noch nicht fertig.
Diese Unvergleichlichen
Wollen immer weiter:
Sehnsuchtsvolle Hungerleider
Nach dem Unerreichlichen.

SIRENEN. Wir sind gewohnt,
Wo es auch thront,
In Sonn und Mond
Hinzubeten: es lohnt!

NEREIDEN UND TRITONEN.
Wie unser Ruhm zum höchsten prangt,
Dieses Fest anzuführen!

SIRENEN. Die Helden des Altertums
Ermangeln des Ruhms,
Wo und wie er auch prangt,
Wenn sie das Goldene Vlies erlangt,
Ihr die Kabiren.
Wiederholt als Allgesang.
Wenn sie das Goldene Vlies erlangt,
Wir [Ihr] die Kabiren!
Nereiden und Tritonen ziehen vorüber.

HOMUNKULUS. Die Ungestalten seh ich an
Als irden-schlechte Töpfe;
Nun stoßen sich die Weisen dran
Und brechen harte Köpfe.

THALES. Das ist es ja, was man begehrt:
Der Rost macht erst die Münze wert.

PROTEUS unbemerkt. So etwas freut mich alten Fabler!
Je wunderlicher, desto respektabler.

THALES. Wo bist du, Proteus?

PROTEUS bauchrednerisch, bald nah, bald fern. Hier! und hier!

THALES. Den alten Scherz verzeih ich dir;
Doch einem Freund nicht eitle Worte!
Ich weiß: du sprichst vom falschen Orte.

PROTEUS als aus der Ferne. Leb wohl!

THALES leise zu Homunculus.
Er ist ganz nah. Nun leuchte frisch!
Er ist neugierig wie ein Fisch,
Und wo er auch gestaltet stockt,
Durch Flammen wird er hergelockt.

HOMUNCULUS. Ergieß ich gleich des Lichtes Menge,
Bescheiden doch, daß ich das Glas nicht sprenge.

PROTEUS in Gestalt einer Riesenschildkröte.
Was leuchtet so anmutig-schön?

THALES den Homunculus verhüllend.
Gut! Wenn du Lust hast, kannst dus näher sehn.
Die kleine Mühe laß dich nicht verdrießen
Und zeige dich auf menschlich beiden Füßen!
Mit unsern Gunsten seis, mit unserm Willen,
Wer schauen will, was wir verhüllen.

PROTEUS edelgestaltet. Weltweise Kniffe sind dir noch bewußt.

THALES. Gestalt zu wechseln bleibt noch deine Lust.
Hat den Homunculus enthüllt.

PROTEUS erstaunt.
Ein leuchtend Zwerglein! Niemals noch gesehn!

THALES. Es fragt um Rat und möchte gern entstehn.
Er ist, wie ich von ihm vernommen,
Gar wundersam nur halb zur Welt gekommen:
Ihm fehlt es nicht an geistigen Eigenschaften,
Doch gar zu sehr am Greiflich-Tüchtighaften.
Bis jetzt gibt ihm das Glas allein Gewicht;
Doch wär er gern zunächst verkörperlicht.

PROTEUS. Du bist ein wahrer Jungfernsohn:
Eh du sein solltest, bist du schon!

THALES leise. Auch scheint es mir von andrer Seite kritisch:
Er ist, mich dünkt, hermaphroditisch.

PROTEUS. Da muß es desto eher glücken;
So wie er anlangt, wird sichs schicken.
Doch gilt es hier nicht viel Besinnen:
Im weiten Meere mußt du anbeginnen!
Da fängt man erst im Kleinen an
Und freut sich, Kleinste zu verschlingen,
Man wächst so nach und nach heran
Und bildet sich zu höherem Vollbringen.

HOMUNCULUS. Hier weht gar eine weiche Luft,
Es grunelt so, und mir behagt der Duft!

PROTEUS. Das glaub ich, allerliebster Junge!
Und weiterhin wirds viel behäglicher,
Auf dieser schmalen Strandeszunge
Der Dunstkreis noch unsäglicher.
Da vorne sehen wir den Zug,
Der eben herschwebt, nah genug.
Kommt mit dahin!

THALES. Ich gehe mit.

HOMUNCULUS. Dreifach merkwürdiger Geisterschritt!
Telchinen von Rhodus auf Hippokampen und Meerdrachen,
Neptunens Dreizack handhabend.

CHOR. Wir haben den Dreizack Neptunen geschmiedet,
Womit er die regesten Wellen begütet,
Entfaltet der Donnrer die Wolken, die vollen,
Entgegnet Neptunus dem greulichen Rollen,
Und wie auch von oben es zackig erblitzt,
Wird Woge nach Woge von unten gespritzt;
Und was auch dazwischen in Ängsten gerungen,
Wird, lange geschleudert, vom Tiefsten verschlungen;
Weshalb er uns heute den Zepter gereicht:
Nun schweben wir festlich, beruhigt und leicht.

SIRENEN. Euch, dem Helios Geweihten,
Heiteren Tags Gebenedeiten,
Gruß zur Stunde, die bewegt
Lunas Hochverehrung regt!

TELCHINEN. Alllieblichste Göttin am Bogen dadroben,
Du hörst mit Entzücken den Bruder beloben!
Der seligen Rhodus verleihst du ein Ohr,
Dort steigt ihm ein ewiger Päan hervor.
Beginnt er den Tagslauf und ist es getan,
Er blickt uns mit feurigem Strahlenblick an.
Die Berge, die Städte, die Ufer, die Welle
Gefallen dem Gotte, sind lieblich und helle.
Kein Nebel umschwebt uns, und schleicht er sich ein,
Ein Strahl und ein Lüftchen: die Insel ist rein!
Da schaut sich der Hohe in hundert Gebilden,
Als Jüngling, als Riesen, den Großen, den Milden.
Wir ersten, wir warens, die Göttergewalt
Aufstellten in würdiger Menschengestalt.

PROTEUS. Laß du sie singen, laß sie prahlen!
Der Sonne heiligen Lebestrahlen
Sind tote Werke nur ein Spaß.
Das bildet schmelzend, unverdrossen,
Und haben sies in Erz gegossen,
Dann denken sie, es wäre was.
Was ists zuletzt mit diesen Stolzen?
Die Götterbilder standen groß:
Zerstörte sie ein Erdestoß -
Längst sind sie wieder eingeschmolzen!
Das Erdetreiben, wies auch sei,
Ist immer doch nur Plackerei;
Dem Leben frommt die Welle besser;
Dich trägt ins ewige Gewässer
Proteus-Delphin.
Er verwandelt sich.
Schon ists getan!
Da soll es dir zum schönsten glücken:
Ich nehme dich auf meinen Rücken,
Vermähle dich dem Ozean.

THALES. Gib nach dem löblichen Verlangen,
Von vorn die Schöpfung anzufangen!
Zu raschem Wirken sei bereit!
Da regst du dich nach ewigen Normen
Durch tausend, abertausend Formen,
Und bis zum Menschen hast du Zeit.
Homunculus besteigt den Proteus-Delphin.

PROTEUS. Komm geistig mit in feuchte Weite!
Da lebst du gleich in Läng und Breite,
Beliebig regest du dich hier;
Nur strebe nicht nach höheren Orden:
Denn bist du erst ein Mensch geworden,
Dann ist es völlig aus mit dir.

THALES. Nachdem es kommt! 's ist auch wohl fein,
Ein wackrer Mann zu seiner Zeit zu sein.

PROTEUS zu Thales. So einer wohl von deinem Schlag!
Das hält noch eine Weile nach;
Denn unter bleichen Geisterscharen
Seh ich dich schon seit vielen hundert Jahren.

SIRENEN auf den Felsen.
Welch ein Ring von Wölkchen ründet
Um den Mond so reichen Kreis?
Tauben sind es, liebentzündet,
Fittiche, wie Licht so weiß.
Paphos hat sie hergesendet,
Ihre brünstige Vogelschar;
Unser Fest, es ist vollendet:
Heitre Wonne voll und klar!

NEREUS zu Thales tretend.
Nennte wohl ein nächtiger Wanderer
Diesen Mondhof Lufterscheinung;
Doch wir Geister sind ganz anderer
Und der einzig richtigen Meinung:
Tauben sind es, die begleiten
Meiner Tochter Muschelfahrt,
Wunderflugs besondrer Art,
Angelernt vor alten Zeiten.

THALES. Auch ich halte das fürs Beste,
Was dem wackern Mann gefällt,
Wenn im stillen, warmen Neste
Sich ein Heiliges lebend hält.

PSYLLEN UND MARSEN auf Meertieren, Meerkälbern und -widdern.
In Cyperns rauhen Höhlegrüften,
Vom Meergott nicht verschüttet,
Vom Seismos nicht zerrüttet,
Umweht von ewigen Lüften,
Und, wie in den ältesten Tagen,
In still-bewußtem Behagen
Bewahren wir Cypriens Wagen
Und führen beim Säuseln der Nächte
Durch liebliches Wellengeflechte,
Unsichtbar dem neuen Geschlechte,
Die lieblichste Tochter heran.
Wir leise Geschäftigen scheuen
Weder Adler noch geflügelten Leuen,
Weder Kreuz noch Mond,
Wie es oben wohnt und thront,
Sich wechselnd wegt und regt,
Sich vertreibt und totschlägt,
Saaten und Städte niederlegt.
Wir, so fortan,
Bringen die lieblichste Herrin heran.

SIRENEN. Leichtbewegt, in mäßiger Eile,
Um den Wagen, Kreis um Kreis,
Bald verschlungen Zeil an Zeile,
Sehlangenartig reihenweis,
Naht euch, rüstige Nereiden,
Derbe Fraun, gefällig-wild,
Bringet, zärtliche Doriden,
Galatee, der Mutter Bild:
Ernst, den Göttern gleich zu schauen,
Würdiger Unsterblichkeit,
Doch wie holde Menschenfrauen
Lockender Anmutigkeit.

DORIDEN im Chor am Nereus vorbeiziehend, sämtlich auf Delphinen.
Leih uns, Luna, Licht und Schatten,
Klarheit diesem Jugendflor!
Denn wir zeigen liebe Gatten
Unserm Vater bittend vor.
Zu Nereus.
Knaben sinds, die wir gerettet
Aus der Brandung grimmem Zahn,
Sie, auf Schilf und Moos gebettet,
Aufgewärmt zum Licht heran,
Die es nun mit heißen Küssen
Treulich uns verdanken müssen:
Schau die Holden günstig an!

NEREUS. Hoch ist der Doppelgewinn zu schätzen:
Barmherzig sein und sich zugleich ergötzen.

DORIDEN. Lobst du, Vater, unser Walten,
Gönnst uns wohlerworbene Lust;
Laß uns fest, unsterblich halten
Sie an ewiger Jugendbrust!

NEREUS. Mögt euch des schönen Fanges freuen,
Den Jüngling bildet euch als Mann!
Allein ich könnte nicht verleihen,
Was Zeus allein gewähren kann.
Die Welle, die euch wogt und schaukelt,
Läßt auch der Liebe nicht Bestand,
Und hat die Neigung ausgegaukelt,
So setzt gemächlich sie ans Land!

DORIDEN. Ihr, holde Knaben, seid uns wert,
Doch müssen wir traurig scheiden:
Wir haben ewige Treue begehrt,
Die Götter wollens nicht leiden.

DIE JÜNGLINGE. Wenn ihr uns nur so ferner labt,
Uns wackre Schifferknaben!
Wir habens nie so gut gehabt
Und wollens nicht besser haben.

Galatee auf dem Muschelwagen nähert sich.

NEREUS. Du bist es, mein Liebchen!

GALATEE. O Vater! das Glück!
Delphine, verweilet! mich fesselt der Blick.

NEREUS. Vorüber schon, sie ziehen vorüber
In kreisenden Schwunges Bewegung;
Was kümmert sie die innre, herzliche Regung!
Ach, nähmen sie mich mit hinüber!
Doch ein einziger Blick ergötzt,
Daß er das ganze Jahr ersetzt.

THALES. Heil! Heil aufs neue!
Wie ich mich blühend freue,
Vom Schönen, Wahren durchdrungen:
Alles ist aus dem Wasser entsprungen!!
Alles wird durch das Wasser erhalten!
Ozean, gönn uns dein ewiges Walten!
Wenn du nicht Wolken sendetest,
Nicht reiche Bäche spendetest,
Hin und her nicht Flüsse wendetest,
Die Ströme nicht vollendetest,
Was wären Gebirge, was Ebnen und Welt!
Du bists, der das frischeste Leben erhält!

ECHO, Chorus der sämtlichen Kreise.
Du bists, dem das frischeste Leben entquellt!

NEREUS. Sie kehren schwankend fern zurück,
Bringen nicht mehr Blick zu Blick;
In gedehnten Kettenkreisen
Sich festgemäß zu erweisen,
Windet sich die unzählige Schar.
Aber Galateas Muschelthron
Seh ich schon und aber schon:
Er glänzt wie ein Stern
Durch die Menge!
Geliebtes leuchtet durchs Gedränge:
Auch noch so fern
Schimmerts hell und klar,
Immer nah und wahr.

HOMUNCULUS. In dieser holden Feuchte,
Was ich auch hier beleuchte,
Ist alles reizend schön.

PROTEUS. In dieser Lebensfeuchte
Erglänzt erst deine Leuchte
Mit herrlichem Getön.

NEREUS. Welch neues Geheimnis in Mitte der Scharen
Will unseren Augen sich offenbaren?
Was flammt um die Muschel, um Galatees Füße?
Bald lodert es mächtig, bald lieblich, bald süße,
Als wär es von Pulsen der Liebe gerührt.

THALES. Homunculus ist es, von Proteus verführt!
Es sind die Symptome des herrischen Sehnens,
Mir ahnet das Ächzen beängsteten Dröhnens;
Er wird sich zerschellen am glänzenden Thron:
Jetzt flammt es, nun blitzt es, ergießet sich schon!

SIRENEN. Welch feuriges Wunder verklärt uns die Wellen,
Die gegeneinander sich funkelnd zerschellen?
So leuchtets und schwanket und hellet hinan:
Die Körper, sie glühen auf nächtlicher Bahn,
Und ringsum ist alles vom Feuer umronnen.
So herrsche denn Eros, der alles begonnen!
Heil dem Meere! Heil den Wogen
Von dem heiligen Feuer umzogen!
Heil dem Wasser! Heil dem Feuer!
Heil dem seltnen Abenteuer!

ALL-ALLE! Heil den mildgewogenen Lüften!
Heil geheimnisreichen Grüften!
Hochgefeiert seid allhier,
Element ihr alle vier!

 

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