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(J.-P. Sartre, Selbstportrait mit siebzig
Jahren.
Inszenierungen des ODYSSEE-Theaters: |
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Jean-Paul Sartre
Ein Querschnitt durch Leben und Werk
Elisabeth Meixner
(auch als PDF-Dokument abrufbar ) 1905
Jean-Paul Sartre wird am 21. Juni in Paris geboren. 1906 Nach dem Tod des Vater, eines Marineoffiziers, ziehen Mutter
und Sohn in deren großbürgerliches Elternhaus, das Sartre
entscheidend prägen wird. Während der Kindheit empfindet
Sartre sein Dasein als ortlos und fremd, er fühlt sich
nirgendwo richtig dazugehörig und bildet zur Außenwelt, der Welt der
„Anderen“, die ihn ständig prüfend anblickt, seine eigene
Gegenwelt. Sartre entdeckt in dieser neu geschaffenen Wirklichkeit die
Liebe „zu den Wörtern“. Sein späterer Zugang zur Philosophie und
zu seiner politischen Einstellung sind eng mit den
Kindheitserfahrungen verbunden. 1915 – 1924 Bis zum Alter von zehn Jahren erhält Sartre
Privatunterricht vom Großvater, einem Onkel Albert Schweitzers.
Anschließend Gymasium in La Rolle und Paris. 1924-1929 Besuch der Elitehochschule École normale supérieure
in Paris. 1929
Beginn der lebenslangen Beziehung zur Philosophin Simone de
Beauvoir (1908-1986), die wie Sartre aus bürgerlichem Milieu stammt.
Ihre Bindung symbolisiert in seiner Radikalität den Anspruch auf
bedingungslose Offenheit, rücksichtslose Aufrichtigkeit und den
Willen, dem Anderen vollständige Freiheit zu gewährleisten. 1929-1931
Militärdienst als Meteorologe in Tours. 1931-1936
Philosophielehrer in Le Havre. 1933
Studienaufenthalt in Berlin: Studium der Existenzphilosophie
Heideggers und der Phänomenologie Husserls. 1936-1939
Philosophielehrer in Laon und Paris. Er schreibt für
verschiedene Zeitschriften. 1938 Nach mehreren von der Öffentlichkeit unbeachteten
Publikationen (u.a.: 1937 Die
Transzendenz des Ego) wird Sartre durch den Roman Der Ekel mit einem Schlag berühmt. Der Roman schildert
eindrucksvoll die Endlichkeit, Zufälligkeit und Materialität des
Seins: Der Protagonist A. Roquentin, ein Außenseiter der
Gesellschaft, wie Sartre auch er ortlos, erfährt die Zufälligkeit
seiner Existenz. Als Bursche ohne kollektive Bedeutung, (...) ganz einfach nur als Individuum,
existiert er in einer
Gegenwart, in der das Lebendige ekelhaft sinnlos wuchert, und
allgegenwärtig ist: Die
Vielfalt der Dinge, ihre Individualität waren nur Schein, Firnis.
Dieser Firnis war geschmolzen, zurück blieben monströse und
wabbelige Massen, ungeordnet – nackt, von einer erschreckenden und
obszönen Nacktheit. (J.-P. Sartre, Der Ekel, Reinbeck 1982) 1939-1941
Kriegsdienst, Deutsche Kriegsgefangenschaft. 1941
Flucht. Nach Paris zurückgekehrt, gründet er die Widerstandsgruppe Sozialismus
und Freiheit, die bald darauf zerbricht. Die Erfahrungen des
Krieges haben Sartre zum Handeln gezwungen, er verläßt den geschützten
Raum der Wörter, des Unpolitischen, um von nun an am politischen
Weltgeschehen teilzunehmen und zu handeln. Wiederaufnahme
der Lehrtätigkeit in Paris. 1943
Sartre lernt Albert Camus kennen. Veröffentlichung
des Hauptwerks Das Sein und das
Nichts, in dem er seinen atheistischen Existentialismus begründet
und die totale Freiheit und Verantwortung des freien Menschen
analysiert: Die Existenz des Menschen ist reines Dasein, das Sein an
sich, dem jede Sinngebung, jede Bestimmung und Determination fehlt.
Ohne Gott, ohne Gnade, und in dieser Konsequenz ohne Reue ist der
Mensch das, was er aus sich selbst macht. Gäbe es einen Gott, könnte
der Mensch nicht frei handeln, er würde alles um Gottes Willen tun. Der
Existenz, dem Da-sein, geht die Essenz, das Wesen, voraus. Der Mensch
füllt das Dasein erst im Laufe seines Lebens mit der Essenz aus, die
er sich selbst schafft. Er wird ins Nichts geboren und muss sich erst
zu dem machen, was er ist. Man
ist, was man will. (Geschlossene Gesellschaft) Durch Nutzung
unendlich vieler Möglichkeiten kann er laufend sein Sein verändern.
Die Existenz des Einzelnen ist zufällig und grundlos, die eigene Form
des Daseins muss jeder frei wählen. Um diesem puren Dasein, der
eigenen Grundlosigkeit, Sinn zu verleihen, muss der Mensch nach der
gewählten Form auch handeln. Da der
Einzelne zur individuellen Freiheit bestimmt ist, formt er seine
eigenen individuellen Werte und trägt die vollständige Verantwortung
für sein Selbst. Werte wie Christentum, Naturalismus usw.
verschwinden und entziehen sich jeder Bedeutung. Durch
sein Handeln und seine Taten kann der Mensch sein Sein verändern und
Freiheit erlangen. Indem
der Mensch um die eigene Anerkennung des geschaffenen Selbst kämpft,
gelangt er, der sich als Subjekt erlebt, in Konfrontation mit den
Anderen, die neben ihm existieren. Nur durch Außeneinwirkung, dem
Blick, dem Urteil der Anderen, kann das eigene Selbst wahrgenommen
werden, erst durch die Fremdwahrnehmung wird die Außenseite der
Existenz sichtbar und das Sein als Körper wahrgenommen. Daraus
ergeben sich zwei gegenseitig ausschließende Haltungen. Scham und
Hochmut: Einerseits das beschämende Gefühl, als Gegenstand in der
Welt des Anderen zu existieren, objektiviert, bewertet, ertappt zu
werden und andererseits die Möglichkeit, den Anderen durch den
eigenen Blick zu einem Objekt herabzuwürdigen, zu bewerten. Der
Mensch ist sowohl Voyeur als auch Gedemütigter. Obwohl
es in der Entscheidungsfreiheit des Einzelnen liegt, von wem er
betrachtet werden will, kann er einer Betrachtung durch die Anderen
nicht entkommen. Der Mensch braucht den Anderen, um sich selbst
wahrzunehmen. Wer man ist, kann nur der Andere sagen. Er erblickt mich und besitzt als solcher das Geheimnis meines Seins. 1944 Uraufführung von Geschlossene
Gesellschaft, (ursprünglicher Titel: Die
Anderen), am 27. Mai in Paris. Sartres Ansicht, dass der Mensch in seinem Leben
bestimmte Rollen einnimmt, diese wählt, um mit Anderen und sich
selbst leben zu können, findet hier seinen Ausdruck. Gründung
der Zeitschrift Les Temps
Modernes (Der Titel ist angelehnt an Chaplins Film Modern
Times) gemeinsam mit Maurice Merleau-Ponty (1908-1961). 1945
Sartre gibt seinen Beruf als Lehrer entgültig auf und arbeitet
fortan nur mehr als Schriftsteller. Vortrag:
Der Existentialismus als
Humanismus. Sartre
bricht mit seiner Wahrnehmung und erkennt im Widerspruch zu Das
Sein und das Nichts ,dass eine absolut gesetzte Freiheit des
Individuums, die absolute Subjektivität, nicht realistisch ist. 1947
Veröffentlichung von Situations
I, Baudelaire und Das Spiel
ist aus. 1948 Sartres Werke werden vom Vatikan auf den „Index der verbotenen Bücher“ gesetzt. Er ist
Mitbegründer der RDR, der „Revolutionären demokratischen
Sammlung“, die den „dritten Weg“, eine Alternative zu
Kommunismus und Kapitalismus propagiert. Sartre nimmt Partei für die
Klasse der ArbeiterInnen gegen die Bourgoisie, gegen Ausbeutung und
Ausgrenzung. 1949
Austritt aus dem RDR. 1952
Veröffentlichung von Saint
Genet, Komödiant und Märtyrer. Bruch
mit Albert Camus. Sartre, der von seinen Kritikern als „abstrakter
Moralist“ verurteilt wird und der in seiner Philosophie einen
„verschleierten Idealismus“ predige, verurteilt Camus nach dessen
Veröffentlichung von Der Mensch
in der Revolte seinerseits als Moralisten. Sartre
wird Mitglied der Kommunistischen Partei Frankreichs. 1954-1955
Reisen in die UdSSR und China. 1956
Sartre distanziert sich von der Kommunistischen Partei. Öffentliche
Manifestationen gegen den Algerienkrieg und die Interventionen der
Sowjetunion in Ungarn. 1960
Reise nach Kuba. Veröffentlichung
des ersten Bandes der Kritik der
dialektischen Vernunft. 1964
Veröffentlichung der Autobiographie über Sartres Jugend, Die
Wörter. Veröffentlichung von Was
ist Literatur? Sartre
erhält den Nobelpreis für Literatur, lehnt diesen aber aus persönlichen und objektiven Gründen ab. 1968
Solidarität mit der Protestbewegung von Mai 1968. 1970-1972
Veröffentlichung der ersten drei Bände über Gustave
Flaubert: Der Idiot der Familie. 1973
Gründung der Zeitschrift „Liberation“. 1974
Besuch bei Andreas Baader im Gefängnis in Starnheim. 1980
Jean-Paul Sartre stirbt am 15. April in Paris. Wichtig für mich ist, dass ich getan habe,
was zu tun war. Gut oder schlecht, darauf kommt es nicht so sehr an,
Hauptsache, ich habe es versucht. (J.-P. Sartre, Selbstportrait mit
siebzig Jahren. In: Sartre über Sartre, Reinbeck 1977)
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Wolfgang
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