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Ferdinand Raimund (1790-1836)

 

Willkommen hier in der Erkenntnis hellstrahlendem Tempel, im wahrheiterleuchteten Saale.
(2. Aufzug, 15. Auftritt)

Der Alpenkönig 

und der 

Menschenfeind

Romantisch-komisches Original-Zauberspiel in zwei Aufzügen

Ferdinand Raimund

Astragalus, der Alpenkönig

Wolfgang Peter

Linarius und Alpanor, Alpengeister

 Margherita Ehart
Herr von Rappelkopf, ein reicher Gutsbesitzer Johann Potakowskyj
Sophie, seine Frau Eva Peter-Culik
Malchen, seine Tochter dritter Ehe Michaela Tobler
Herr von Silberkern, Sophiens Bruder, Kaufmann in Venedig  Ernst Horvath
August Dorn, ein junger Maler Manfred Seitinger
Lischen, Malchens Kammermädchen Gerda Kohmaier
Habakuk, Bedienter bei Rappelkopf  Gerald Riedmüller
Sebastian, Kutscher in Rappelkopfs Dienst  Josef Unger
Sabine, Köchin in Rappelkopfs Dienst Elisabeth Meixner
Christian Glühwurm, ein Kohlenbrenner  Ernst Horvath
Marthe, sein Weib Martina Tobler
Salchen, ihre Tochter Elisabeth Meixner
Franzel, ein Holzhauer, Salchens Bräutigam  Roman Binder

Rappelkopfs verstorbene Weiber:
Victorinens Gestalt
Wallburgas Gestalt
Emerentias Gestalt

Alpengeister. Genien im Tempel der Erkenntnis. Dienerschaft in Rappelkopfs Hause.

 

Die Handlung geht auf und um Rappelkopfs Landgut vor.

Am Klavier: Thomas Schürer-Waldheim


INHALT

1. Aufzug

Während die Jagd der luft’gen Schützen den nahenden Alpenkönig Astragalus ankündigt, eilt Malchen, die Tochter Herrn von Rappelkopfs, freudig ihrem geliebtem August entgegen, einem jungen Maler, der endlich von seiner Studienreise aus Italien zurückkehrt. Schwer ist ihr das Herz nur, weil ihr Vater von August nichts wissen will und ihn für einen unbegabten brotlosen Künstler hält. Lischen, die sie begleitende Kammerjunfer und Vertraute, soll ihr noch rasch die Locken zurechtmachen, doch diese hört ihr kaum mehr zu, denn höchst besorgt um ihre jugendliche Schönheit, fürchtet sie nichts mehr als den Alpenkönig, von dem die Sage geht, dass jedes Mädchen, das ihn erblickt, sogleich um vierzig Jahre älter wird - und so stürzt sie alsbald übereilt davon. Malchen versteckt sich rasch hinter einem Rosenstrauch, um ihre Locken notdürftig zu ordnen, da kommt schon August heran und alsbald liegen die Liebenden einander in den Armen. Plötzlich erscheint der Alpenkönig. Erschrocken sinkt Malchen ohnmächtig in Augusts Arme, doch der Alpenkönig weckt sie sanft und gibt sich als liebevoller Schutzgeist der beiden Liebenden zu erkennen. Er will den von der Menschheit bitter enttäuschten Rappelkopf von seinem Menschenhass heilen und Malchen alsbald den Brautkranz flechten.

Der Alpenkönig und der Menschenfeind, Plakat zur Aufführung am 28. Februar 2002 als PDF-DateiDie Dienerschaft in Rappelkopfs Haus ist indessen höchst aufgebracht über das menschenverachtende Betragen ihres Herrn und will schleunigst aus dem Dienst entlassen werden. Nur mit vielen guten Worten und kleinen Geldzuwendungen gelingt es Sophie, Rappelkopfs Ehegattin, die Hausangestellten zu beschwichtigen. Außerdem weist sie darauf hin, dass schon bald ihr Bruder, Herr von Silberkern, der Verwalter von Rappelkopfs Vermögen, aus Venedig kommend eintreffen werde, und vielleicht das Gemüt ihres Gatten beschwichtigen könne. Lischen macht Sophie allerdings heftige Vorwürfe, dass sie Malchen allein im Wald zurückgelassen hat. Lischen fühlt sich ungerecht behandelt, worüber der einfältige Kammerdiener Habakuk, der immer wieder und wieder stolz betont, zwei Jahre in Paris gewesen zu sein, so recht feixt – bis sich Lischen von ihm mit einer schallenden Ohrfeige verabschiedet.

Wutentbrannt läuft Rappelkopf im Zimmer auf und ab. Alle wollen ihm nur schaden, so meint er: Seine drei verstorbenen Gattinnen waren schon so, seine jetzige sei nicht besser, von der Dienerschaft gar nicht zu reden, und ganz besonders ist ihm der vermaledeite Maler August ein Dorn im Auge. Als gerade Lischen vorbeischleicht, wird sie barsch hereingerufen und zur Rede gestellt, welche neuen Bosheiten gegen ihn im Gange seien. Lischen will nicht antworten, doch Rappelkopf bedroht sie solange mit der Flinte, bis sie schließlich gesteht, dass Rappelkopfs Gattin Sophie heimlich die Liebe von August und Malchen unterstützt. Als Sophie schließlich hereinkommt, lässt er seine ganze Wut an ihr aus, bis diese erzürnt wieder davonstürzt. Da schleicht Habakuk vorsichtig herein, um durch das Zimmer hinaus in den Garten zu gelangen, wo er auf Befehl der Hausherrin eine Zichorie ausstechen soll. Als Rappelkopf den Diener mit seinem Messer erblickt, glaubt er, dass dieser ihn erstechen wolle. Auf die Frage, wer ihn gedungen habe, bringt Habakuk nur mehr ängstlich schlotternd heraus: „Die gnädige Frau ...“ Doch da wird er schon wutschnaubend von Rappelkopf unterbrochen, der nun überzeugt ist, dass ihn sein Weib ermorden lassen wolle. Wie ein Rasender zertrümmert er die Möbel und stürzt hinaus in den Wald.

Im Wald stößt Rappelkopf auf eine verwahrloste Köhlerhütte. Hochmütig schleudert er der bitterarmen Köhlerfamilie einen Beutel mit Goldstücken vor die Füße, um ihnen die Hütte abzukaufen und wirft sie schließlich mit rohen Flüchen hinaus. Hier, fern der verhassten Menschheit, will Rappelkopf sein weiteres Dasein fristen.

Im Hause Rappelkopfs ist man unterdessen in tiefer Sorge. Malchen und August fühlen sich vom Alpenkönig, der ja versprochen hatte, alles zum Guten zu wenden, getäuscht. Doch da erscheint Astragalus gütig beschwichtigend wie geisterhaft im Spiegel und bekräftigt sein Versprechen.

Inzwischen hat sich Rappelkopf in der Köhlerhütte häuslich eingerichtet. Doch lange währt sein neues Glück nicht, denn da tritt der Alpenkönig mit bedrohlich auf ihn angelegter Flinte hervor und ruft ihn energisch zur Besserung seines hasserfüllten Gemüts auf; er werde den Beweis führen, wie unsinnig Rappelkopfs Menschenhass sei. Starrsinnig weigert sich Rappelkopf, seine Fehler einzusehen, doch Astragalus bedrängt ihn mittels seiner Zauberkräfte weiter. Wie bleiche Gespenster erscheinen die drei verstorben Gattinnen Rappelkopfs in der Hütte und die Urgewalten der vier Element brechen auf ihn herab, bis Rappelkopf in höchster Angst den Plänen des Alpenkönigs notgedrungen zustimmt.

2. Aufzug

Rappelkopf wird in den Eispalast des Alpenkönigs versetzt. Damit sich Rappelkopf selbst ein klares Bild davon machen kann, wie seine Familie und die Angestellten seines Hauses wirklich über ihn denken, wird sein Geist aus seinem Leib entführt und soll in Gestalt von Sophies Bruder, Herrn von Silberkern, in sein Haus zurückkehren, dabei aber innerlich ganz die Kraft der eigenen Gesinnungen behalten. Zugleich verwandelt sich Astragalus in die Gestalt Rappelkopfs, um so zum deutlichen Seelenspiegel Rappelkopfs übler Eigenschaften zu werden. Bedingung sei, dass alles, was durch diesen Doppelgänger im Hause geschehen werde, nicht rückgängig gemacht werden kann. Selbst Rappelkopfs Leben hinge an dem seines Ebenbildes, und stürbe der eine, so müsste auch der andere zugrunde gehen.

Wieder zuhause eingelangt, wird Rappelkopf tatsächlich von allen für Sophies Bruder gehalten. Auch seine Gattin erkennt ihn nicht, obgleich es Rappelkopf nur schwer gelingt, in ihrer Gegenwart nicht aus der Rolle zu fallen. Sophie schildert ihr Leid und dass sie von ihrem Mann eines Missverständnisses wegen verdächtigt werde, ihn ermorden lassen zu wollen. Dabei habe der Diener Habakuk nur Zichorien ausstechen sollen. Erste Zweifel beginnen sich bei Rappelkopf zu regen, die sich noch steigern, nachdem er auch Habakuk ausgehorcht hat. Dieser scheint ihm nun doch zu einfältig für einen gedungenen Mörder zu sein – es wird wohl doch auf die Zichorien hinauslaufen.

Indessen ist auch der Alpenkönig in Rappelkopfs Gestalt eingetroffen und speit seinen ganzen Geifer über die Hausbewohner aus, bis es schon Rappelkopf selbst zuviel zu werden beginnt. Nach und nach beginnt er einzusehen, dass seine Familie doch nicht so übel ist, wie er dachte. Selbst an dem Maler August beginnt er allmählich sympathische Züge zu entdecken. Astragalus selbst hingegen lebt ihm seine eigenen Fehler nun immer deutlicher vor. Als man ihm einen Trank zur Beruhigung reicht, tut er so, als wolle man ihn vergiften und er verflucht die ganze Familie, sogar Rappelkopfs Tochter Malchen, der Rappelkopf selbst in seinem größten Zorn immer noch liebevoll zugetan war. Ja Rappelkopf selbst, in Gestalt Herrn von Silberkerns, wird von ihm angegriffen: Er habe als Verwalter seines Vermögens schlecht und betrügerisch gehandelt und wolle ihn ruinieren. Schon wollen sich die beiden duellieren und greifen nach den Pistolen, als Habakuk eintritt und einen Brief aus Venedig überbringt, der mitteilt, dass das Handelshaus, in das Rappelkopfs Vermögen investiert wurde, tatsächlich in den Bankrott gefallen sei. Astragalus, immer noch in Gestalt Rappelkopfs, stürmt aus dem Haus und gibt sich den Anschein als wolle er im reißenden Strom seinem Leben ein Ende setzen. In dem Bewusstsein, dass sein Leben fest an das des Astragalus gebunden ist, läuft ihm Rappelkopf nach, um ihn zu retten. Zu spät: Schon springt Astragalus hinab – und Rappelkopf sinkt ohnmächtig in die Arme seiner Frau und Tochter.

Schnell verwandelt sich die Szene in den Tempel der Erkenntnis, wo sich alle Personen wiederfinden. Rappelkopf hat nun seine Fehler eingesehen und ist von seinem Menschenhass geheilt. Da erscheint auch Herr von Silberkern, der von Astragalus Alpengeistern gehindert worden war, zu früh zu erscheinen, und kann berichten, das es ihm letzen Augenblick gelungen ist, Rappelkopf Vermögen zu retten. So steht einem guten Ausgang nichts mehr im Wege und Rappelkopf stimmt freudig zur Heirat von Malchen und August zu. Mit dem gemeinsamen Schlussgesang klingt das Stück aus:

...
Der Mensch soll vor allem sich selber erkennen,
Ein Satz, den die ältesten Weisen schon nennen,
Drum forsche ein jeder im eigenen Sinn:
Ich hab mich erkannt heut, ich weiß, wer ich bin.

Die Uraufführung am 17. Oktober 1828 nach dem Stich v. Schöller, veröffentlicht in der Wiener Theaterzeitung

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