Von einem alten Mann, der den Doktor Faustus von seinem gottlosen Leben hat
bekehren wollen und welchen Dank er dafür empfangen hat
Ein christlicher frommer gottesfürchtiger Arzt, ein
Eiferer der Ehren Gottes etc. ward ein Nachbar und sah, dass viel Gesellschaft
der Studenten ihren Ein- und Ausgang in des Doktor Fausts Behausung hatte, als
einer schlüpfrigen wie ein gemeines Frauenhaus. Ja, welches noch ärger war,
denn alle Juden, sobald sie von ihrem Gott abfielen, waren nicht allein
abgesagte Feinde Gottes, sondern auch die Zauberei ward auch ihre Prophezeiung
und ihr Betrug. Wie auch der, der manches fromme Kind, das den Eltern sauer
wurde und christlich erzogen, nicht allein dem Leib, sondern auch das Vaterunser
zu vergessen versucht worden ist.
Dieser alte Nachbar des Doktor Faust, der alle seine
Schelmereien und Ärgernisse lange Jahre her ersehen und sein teuflisches
Unternehmen in Achtung hatte, und doch daneben annehmen konnte, dass die Beute
oder die Beeren noch nicht reif waren, dass die Obrigkeit ein Einsehen haben
sollte, beruft aus seinem christlichen Eifer den Doktor Faust zu Gast, der ihm
auch erschien.
Unter solcher Mahlzeit spricht der alte gottesfürchtige
Patron den Faust also an: Mein lieber Herr, ich habe an euch eine freundliche
christliche Bitte, ihr wollet mein eifriges Vortragen nicht im argen und unguten
aufnehmen, daneben auch die geringe Mahlzeit nicht verachten, sondern gutwillig,
wie es die Liebe Gottes beschert, auf- und annehmen.
Doktor Faustus bat, er sollte sein Vorhaben erklären, er
wolle ihm gefälligen Gehorsam leisten.
Darauf fing der gute Patron also an: Mein Herr, ihr wisst,
wie ihr ein Vornehmen habt, da ihr Gott und allen abgesagt und euch dem Teufel
ergeben habt und ihr damit im großen Zorn Gottes und aus einem Christen ein
rechter Ketzer und Teufel geworden seid. Ach, mein Herr, wessen zeiht ihr euch.
Es ist um den Leib nicht zu tun, sondern um die liebe Seele. So ruht ihr in der
ewigen Pein und Ungnade. Wohlan mein Herr, es ist noch nichts versäumt, wenn
ihr euch noch bekehrt und um Gnade und Verzeihung bei Gott ansucht, wie ihr an
dem Exempel in der Apostelgeschichte im 8. Kapitel von Simon in Samaria sehen
könnt, der auch viel Volk verführte. Denn er ist sonderlich für einen Gott
erachtet worden, denn man hieß ihn die Kraft Gottes oder Simeon Deus Sanctus.
Dieser ward auch bekehrt, als er die Predigt von St. Philippi hörte, ließ sich
taufen und glaubt an unseren Herrn Jesus Christus, welches in der Geschichte der
Apostel sonderlich berühmt ward, dass er sich hernach zu dem Philippus gehalten
hat.
Also, mein Herr, lasst euch meine Predigt auch gefallen
und eine herzliche christliche Erinnerung sein. Es nimmer zu tun, ist die Buße,
und Gnade und Verzeihung zu suchen, dessen ihr ein schönes Exempel an dem
Schächer am Kreuz habt. Item an St. Peter. Item an Mathäus und Magdalena. Ja,
zu allen Sündern spricht Christus der Herr: Kommt her zu mir, die ihr mühselig
und beladen seid, ich will euch erquicken. Und in dem Propheten Ezechiel: Ich
begehre nicht den Tod des Sünders, sondern dass er sich bekehre und habe das
Leben. Denn seine Hand ist nicht verkürzt, dass er nicht helfen kann. Solchen
Vortrag bitte ich euch, mein Herr, lasst euch zu Herzen gehen. Bittet Gott, dass
er euch um Christi willen verzeihen wolle und steht darneben von eurem bösen
Vorhaben ab, denn die Zauberei ist wider Gott und seine Gebote, wie solches Gott
der Herr schwerlich im Alten und Neuen Testament verbot, nämlich: Man soll sie
nicht leben lassen, man soll nicht zu ihnen halten noch ihre Gemeinschaft haben,
denn es sei ein Gräuel vor Gott. Also nennt St. Paulus den Bar oder Elimas den
Zauberer ein Kind des Teufels, einen Feind der Gerechtigkeit, und dass sie auch
keinen Teil am Reich Gottes haben sollen.
Doktor Faustus hörte ihm zu und sagte, dass ihm die Lehre
wohl gefiele und dem, soviel ihm möglich sei, nachkommen wolle, und nahm also
seinen Abschied.
Als Doktor Faustus in seine Behausung kam, dachte er lange
über die Lehre nach und betrachtete, wessen er sich und seine Seele zeihe, und
übergab es dem leidigen Teufel, er wolle Buße tun und sein Versprechen dem
Teufel absagen.
In solchen Gedanken erscheint ihm sein Geist, tappt nach
ihm, als ob er ihm den Kopf herumdrehen wollte und warf ihm vor, was ihn dahin
bewegt, dass er sich dem Teufel ergeben habe - nämlich zu dem habe er sich
versprochen, Gott und allen Menschen feind zu sein - und gehe dem Versprechen
nicht nach, sondern wollte dem alten Locker folgen, einem Menschen, um Gottes
Huld zu haben. Da es schon zu spät, und er des Teufels sei, der Macht habe,
sprach er, dich zu holen. Und ich habe jetzt Befehl, dir den Garaus zu machen
oder dich wieder zu versprechen, dass du dich nimmer wollest verführen lassen
und dich von Neuem verschreibest mit deinem Blut und alsbald erklärst, ob du es
tun wolltest oder nicht. Wo nicht, so will ich dich umbringen.
Doktor Faustus, ganz erschrocken, bewilligt ihm solches,
setzt sich nieder und schreibt mit seinem Blut, welches nach seinem
erschrecklichen Tod gefunden worden ist, also lautend:
Von einem Alten Mann der den Doctor Faustum von seinem Gottlosen Leben hat beköhren wöllen
vnnd was vndanckh Er hergegen empfangen:
Ein Christlicher Frommer Gottsfurchtiger Artzet / ein Eyferer der Eern Gottes etc. ward ein Nachbaur / vnnd sahe das vil gesellschafft der Studenten jren Ein vnnd Ausganng hetten jnn des Doctor Faustj Behaussung / Als einem schlipfferten / wie einem gemeinen Frawen hauß/ ja welliches noch Erger ward / Dann alle juden so baldt Sie von jrem Gott abfielen waren nicht allein abgesagte Feind Gottes / sonnder auch die zauberey ward auch jr Prophecey vnnd betrug / wie auch der / der manches frombes kindt so den Eltern sauer worden / vnnd Christlich erzogen / nicht allein dem Leib / sonnder auch den Pater noster vergessñ versuecht worden /
Diser Alte Nachbaur des Doctor Faustj der alle seine schelmerey vnnd Ergernus lannge jar her ersehen / sein Teuffelisches furnemen jnn Achtung hett / vnnd doch neben abnemen konndt / Das die Beüdt oder Biren noch nicht reiff waren / Das die Obrigkeit ein einsehen solt haben / beruefft auss einem Christlichen Eyfer jn den Doctor Faustum zu Gast / der jme auch erschine /
Vnder sollicher Mahlzeit spricht der Alt Gottsforchtige Patron den Faustum also an / Mein Lieber herr jch hab zu Euch ein freundtlich Christlich Bitt / jr wöllet mein Eyferig furtragen nicht jnn argem vnnd vnguettem aufnemen / Daneben auch die geringe Mahlzeitt nicht verachten / sonnder guetwillig / wie es der Liebe Gott beschert auf vnnd Annemen.
Doctor Faustus Batt Er solt sein furhaben Ercleren / Er wolt jnn gefelligem gehorsam laysten /
Darauff fieng der guett Patron also an / Mein herr jr wist wie jr ein Furnemen habt / Da jr Gott vnnd allen Heyligen abgesagt / vnnd Euch dem Teuffel ergeben / damit seind jr jnn grossem Zorn Gottes/ vnnd auss einem Christen ein rechter Ketzer vnnd Teuffel worden / Ach mein herr was zeucht jr Euch / Es ist vmb den Leib nicht zuthuen/ sunder vmb die Liebe Seel / So ruehet jr jnn der Ewigen Pein vnnd Vngnad / Wolan mein herr es ist noch nichts versaumbt / wann jr Euch noch bekert / Vnnd vmb genad vnnd verzeyhung bey Gott ansuecht/ wie jr sehen bey dem Exempel jnn der APostel Geschicht am .8. Cap.: vom Simone in Samaria. Der auch viel Volckh verfuert / dann Er sonderlich fur ein Gott geachtet worden / Dann man hieß jn die Krafft Gottes oder Simeon Deus sanctus. Diser wardt auch bekert / als Er die Predig .S. Philippj hort / ließ sich taufñ glaubt an vnnsern herren Jesum Christum. Welches jnn der Geschicht der Apostel sonderlich beruempt ward / Das Er sich hernach zu dem Philippo gehalten hat /
Also mein Herr Last Euch mein Predig auch gefallen / vnnd ein Hertzliche Christliche erJnnerung sein / nimmer thuen ist die Bueß / genad vnnd verzeyhung zuesuechen / dess jr ein schön Exempel an dem Schacher am Creutz habt / Jtem an .S. Peter. jtem an Matheo vnnd Magdalena, ja zu allñ Sündern spricht (spricht) Christus der Herr / Kompt her zu mir alle Die jr muheselig vnnd beladen seydt jch will Euch erquickhen / vnnd jn dem Propheten Ezechiel. jch beger nicht den todt dess Sünders / sunder das Er sich bekhere vnd habe Das Leben / Dann sein hanndt ist nicht verkurtzt / das Er nicht helffen kan / Sollichen Furtrag bitt jch Euch mein herr last Euch zu hertzen geen / Bittet Gott Das Er Euch vmb Christj willen verzeihen wölle / vnnd stett Darneben von Eurem boesen Furhaben ab / dañ Die Zauberey ist wider Gott vnnd seine Gebott / wie sollichs Gott der herr schwerlich jm Altñ vnnd Newen Testament verbeutt / nemlich man soll Sie nicht Leben lassen/ man soll sie nicht zu jnen halten / noch jr gemeinschaft haben / Dann es sey ein Grewel vor Gott / Also nennt .S. Paulus dem Par oder Elymas den Zauberer ein kindt dess Teuffels / ein Feindt aller Gerechtigkeit / vnnd Das Sie auch kein thaill am Reich Gottes haben sollen.
Doctor Faustus hört jm zue / vnnd sagt / Das jm Die Lehr wol gefiell / dem souil jm möglich sey nachkommen / vnnd nam also sein Abschiedt /
Als Faustus jnn sein Behaussung kam / dacht Er der Lehr lanng nach / vnnd betrachtet was Er doch sich vnnd sein Seel Zyhe vnnd Vbergabs dem Laydige Teuffel / Er wölle Bueß thuen/ vnnd sein versprechen dem Teufl absagen/
Jnn sollichen gedannckhen Erscheint jm sein Geist / Dapt nach jm / als ob er jm den kopff herumb Drehen wolt warf jm fur / was jn dahin bewegt / Das Er sich dem Teuffel ergeben / nemlich zu dem hab Er sich versprochen / Gott vnnd allen Mentschen feind zu sein / dem versprechen gehe er nicht nach / sonnder wolt dem Alten Lecker volgñ einem Menschen / vnnd Gott zu Huld haben / Da es schon zu spatt/ vnnd Er dess Teuffels sey / der macht hab sprach er dich zu holen/ vnnd jch jetzunder beuelch hab Dir den gar auß zu machen / oder Dich wider zuuersprechñ / Das du dich nimmermehr wöllest verfueren lassen/ vnnd dich von Newen verschreibe mit deinem Bluet / vnnd alsbald erklerest ob du es thuen wöllest oder nicht / wo nit So will jch dich vmbbringen/
Doctor Faustus ganntz erschrockhen verwilligt jm solches / setzt sich nider vnnd schreibt mit seinem bluet / welches nach seinem erschrockenlichen Todt gefunden ist worden / also Lauttendt/
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